Sozialer Aktivist ermordet

Unbekannte erschießen Juan Vázquez in Chiapas, Mexiko. Der linke Aktivist engagierte sich gegen Ölpalmen-Monokulturen und Luxus-Tourismusprojekte

Seine Mörder entkamen unerkannt und es steht zu befürchten, dass sie straffrei davonkommen: Am 24. April wurde Juan Vázquez von Unbekannten mit sechs Schüssen in seinem Haus in San Sebastián Bachajón regelrecht hingerichtet. Vázquez war seit Jahren als Aktivist im Umfeld der linksgerichteten Zapatistischen Befreiungsarmee EZLN aktiv, auch wenn er kein formelles Mitglied der sozialrevolutionären Organisation war. Er engagierte sich als Unterstützer der „Sechsten Deklaration aus dem Lakandonischen Regenwald“ der EZLN für eine zivile, außerparlamentarische Neuordnung der mexikanischen Gesellschaft gegen Rassismus, Kapitalismus, Sexismus und Naturzerstörung. Vázquez genoss den Respekt diverser Gemeinden seiner Heimatregion und kämpfte auf friedliche Weise gegen die zerstörerischen Entwicklungsprojekte, die in dem südmexikanischen Bundesstaat vorangetrieben werden.

Die von Regierung und Privatwirtschaft geförderten Großvorhaben, darunter Monokulturen von Ölpalme und ehrgeizige Luxus-Tourismusprojekte kollidieren drastisch mit den Interessen der Mehrheit der ortsansässigen kleinbäuerlich-indigenen Bevölkerung, die ihre Ländereien benötigt, um ihre Ernährung sicherzustellen. Die Selbstversorgungsfelder sollen zu marktkompatiblen Plantagen transformiert werden, die Kleinbauern zu Unternehmern, die cash crops für den Weltmarkt produzieren. Die Regierung agiert in diesem Kontext nicht nur mit Repression, sondern auch mit Hilfsprogrammen für die landwirtschaftliche Umstellung, um die Menschen aus dem Widerstand herauszukaufen.

Im Interview von März 2012 beschrieb Vázquez eindrücklich die massiven Auswirkungen der so genannten Entwicklungsprojekte: „Diese Monokultur, die von der Regierung in mehreren Regionen gefördert wird, verursacht Krankheiten und hat Auswirkungen auf die Bevölkerung. Darüber hinaus schädigen die Palmen-Plantagen die biologische Vielfalt und den Boden. Dieses Produkt dient nicht dem Allgemeinwohl, sondern den Konzernen, die diese Plantagen nutzen. Es schafft Unzufriedenheit und soziale Instabilität, denn die Mehrheit der Bewohner gewöhnt sich nicht an diesen Pflanzentyp. Hier bearbeiten die Leute das Land, sie bauen ihren Mais, ihre Bohnen, ihre Kürbisse an, alles, was sie zum Überleben brauchen. Aber die Regierung zwingt den Menschen diese Art von Projekten auf“.

Das unabhängige Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de las Casas forderte jüngst eine schnelle Aufklärung des Mordes an Vázquez und erinnerte daran, dass immer wieder indigene Aktivisten attackiert werden, die sich für ihre Gemeinden einsetzen, obwohl Mexiko die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation ILO über indigene Selbstbestimmungsrechte unterzeichnet hat. Mexiko bricht so tagtäglich nationales und internationales Recht. Darüber hinaus kritisierte dass Zentrum, dass immer mehr Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten Opfer von Gewaltverbrechen werden.

Hintergrund der seit Jahren schwelenden Konflikte sind die Pläne der herrschenden Klasse, die Regionen Südmexiko und Mesoamerika, die aufgrund des kreativen indigenen Widerstands noch nicht völlig vom Kapitalismus durchdrungen sind, an dieses System anzudocken und die ressourcenreiche Region, die von hoher biologischer Vielfalt, Öl-, Gas- und Edelmetallvorkommen geprägt ist, gewinnbringend auszubeuten. Ein zentraler Mechanismus dieser Bestrebungen ist das Proyecto Mesoamérica (früher Plan Puebla-Panamá), ein infrastrukturelles Großvorhaben, das die Region mit Straßen, Häfen, Flughäfen, Stromleitungen, Staudämmen und Billiglohnfabriken überziehen soll und von allen dortigen Regierungen unterstützt wird.

Ein durchgreifender Erfolg für Regierung und Konzerne ist allerdings nicht garantiert: Die Bewohnerinnen und Bewohner von Bachajón kündigten an, dass ihr Widerstand gegen die neoliberalen Projekte weitergehen werde. Sie reihen sich damit in eine große Zahl von Basisorganisationen ein, die weiterhin für ihre Selbstbestimmung kämpfen und mit den kapitalistischen Großprojekten keineswegs einverstanden sind.

Luz Kerkeling, Gruppe B.A.S.T.A., 6.5.2013