14.07.2003 junge Welt

Interview: Thomas Guthmann, NPLA

Mexikanische Rockszene: Mehr Bedeutung, aber weniger Geld?

Zum vierten Mal befinden sich Panteón Rococó auf Tour in Europa. Letztes Jahr kam ihr zweites Album bei der Plattenfirma BMG heraus. Gorri ist Bassist und Rodrigo Gitarrist der Gruppe

F: Ihr zweites Album »Companer@s Musicales« wurde von der Plattenfirma BMG produziert. Was hat sich dadurch für eine Band geändert, die aus dem kulturellen Untergrund kommt?

Rodrigo: Nicht viel, denn BMG kümmert sich um den Vertrieb, wir spielen. Panteón Rococó versteht sich als unabhängiges Projekt. Bereits bei der Veröffentlichung unserer ersten CD gab es erfolglose Gespräche mit BMG. Heute, zwei Jahre später haben sie uns ein neues Angebot gemacht. Wir können weiter frei arbeiten, mit eigenem Produzenten und eigenen Songs.

F: Von der ersten CD wurden über 50000 Exemplare verkauft. Hätten Sie ohne die Hilfe der Musikindustrie ebenso gute Voraussetzungen gehabt?

Gorri: Wir hatten mit den 5000 verkauften CDs unsere Kapazitätsgrenze erreicht. Es gab Probleme mit dem Vertrieb. Es gab Gegenden in Mexiko, in denen nie auch nur eine einzige CD von uns ankam. Deswegen arbeiten wir mit der BMG zusammen.

F: Lange Zeit galt Rockmusik in Mexiko als unmoralisch und fristete eine Nischenexistenz. Heute entwickeln sich Bands wie »Los de Abajo« und »Panteón Rococó« zu Exportschlagern. Woran liegt das?

G.: Zu den Zeiten von Woodstock wurde Rockmusik in Mexiko verteufelt. Damals wurden Leute verhaftet, weil sie in Rocker-Outfit herumliefen. Bei mexikanischen Festivals gingen Gerüchte herum, daß dort Marihuana geraucht würde und es Orgien gäbe. Sicher gab es die, das hoffe ich zumindest. Die konservative Öffentlichkeit wollte das aber nicht tolerieren.

F: Wann hat sich das geändert?

R.: In den neunziger Jahren. Es gab Konzerte, die von den Behörden unter dem Titel »Konzerte für die Toleranz« unterstützt wurden. Zunächst ging es darum, gegen die zunehmende Gewalt – auch auf Konzerten – ein Zeichen zu setzen. Mit dem zapatistischen Aufstand 1994 machte sich auch die Rockbewegung von diesem Einfluß frei. Es wurden nun Festivals organisiert, bei denen die Besucher gebeten wurden, Lebensmittel mitzubringen, die dann zu den Gemeinden nach Chiapas geschickt wurden. Untersagte die Regierung eine Veranstaltung, wurden die Veranstaltungsorte von Studierenden manchmal für die Zeit des Konzerts besetzt.

F: Wie ging es danach weiter?

R.: Als in Mexiko-Stadt die sozialdemokratische PRD an die Regierung kam, war eine weitere Liberalisierung zu spüren. Die PRD unterstützte die Kultur, und es gab ganz neue Möglichkeiten für Undergroundbands. Diese Politik hat sich aber nicht fortgesetzt, denn heute werden Clubs aus Kostengründen dichtgemacht.

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