Subcomandante Marcos, EZLN

24. Februar 2003

Dezember: der Bundesdistrikt - die 12. Stele, Teil 2

(Zweites Bild: Mexiko DF, der Dezember von Acteal, oder: Weshalb die Baskische Frage)

Stein und Wolke setzen ihre Reise durch die Stadt und die Projekte fort, die, wie man sieht, darauf hinzielen, eine andere Stadt für die Mächtigen aufzubauen, die andere Städte unterwerfen wird.

Um dies zu gewährleisten, hat López Obrador aus dem chaotischen und brutalen Norden den sogenannten Null-Toleranz-Plan importiert (und mit ihm zusammen kommt Robo Cop Giuliani und seine prätorianische Garde). Der Plan basiert auf einem Artikel der Kriminologen G. I. Kelling und J. Q. Wilson, aus dem Jahr 1982: "Zerbrochene Fenster". Dem Artikel zufolge gibt es Gegebenheiten, die das Auftreten und die Entwicklung von Verbrechen begünstigen: "Da ist ein verlassenes Gelände, Unkraut wächst, jemand schlägt ein Fenster ein, die Erwachsenen beschimpfen die Kinder nicht mehr, wenn sie Lärm machen, und die Kinder, so in ihre Abenteuerlust ermutigt, werden rebellisch. Familien ziehen aus, der Abfall wächst in die Höhe, Menschen trinken vor den Läden, ein Betrunkener bricht auf dem Gehsteig zusammen und kann dort bleiben bis er sich erholt, Bettler ziehen herum und belästigen Passanten, und wo heute Bettler sind, gibt es morgen Diebe und dann Mörder."

Können Sie der Logik folgen? Mit dieser "tadellosen" Argumentation, geht die Polizei nicht gegen große Verbrecher vor, sondern gegen Kinder und Jugendliche, die zu Bettlern und Betrunkenen werden könnten, die ihrerseits zu Dieben und Mördern werden könnten. Falls Sie irgendeine Ähnlichkeit zu der Doktrin des "Präventivkrieges" feststellen können, die den Bush-Blair-Aznar-Krieg gegen den Irak antreibt, dann nur deshalb, weil Sie nicht richtig denken, da dies die "Stadt der Hoffnung" ist. Obwohl natürlich individuelle Rechte durch den Plan reduziert werden, schreitet das konservative Denken fort und alle nachbarschaftliche Solidarität, die nichts mit der Generalstaatsanwaltschaft zu tun hat, wird als "organisiertes Verbrechen" verdächtigt werden.

Was dies letztendlich bedeutet, ist das Errichten eines "Sicherheitszauns" rund um die Stadt der Macht, ein "Präventivzaun", der, um seinen Zweck zu erfüllen, die Armen dieser Stadt aus- oder einschließen soll, jene, die diese Metropole am Leben und in Bewegung halten.

Daneben arbeitet López Obrador an ein weiteres Projekt: ein Abkommen mit dem großen Geld der Industrie und des Kommerzes. Um deren Segen zu erhalten, bietet das Oberhaupt der Regierung eine Stadt unter sozialer und polizeilicher Kontrolle an, mit der nötigen Infrastruktur für die neue Metropole, in der die Reichen nicht die ersten, sondern die einzigen sein werden.

Dies sind die Schritte: als erstes gibt man bekannt, dass der Häuserbau in den Außenvierteln von DF eingestellt werden muss. Dann erklärt man, es sei unumgänglich, die Viertel in der Stadtmitte wiederzubevölkern. Ein Verband des Historischen Zentrums wird sofort aufgestellt, unter der Leitung von Carlos Slim Helú. Dann werden drei Megaprojekte gefördert: der "Finanzkorridor" (Reforma), das Alameda Projekt und das Historische Zentrum Projekt.
Schließlich gibt man bekannt, dass Carlos Slim in diesem ganzen Gebiet Land und alte Gebäude kauft. Und so wird der Bau erschwinglicher Wohnungen eingestellt, unter dem Vorwand, dass man nicht länger zum Stadtrand hin bauen kann. Gleichzeitig werden drei Stadtteile zum Modell für die zukünftige Globale Stadt erhoben. Der Level von Investitionen, Schuldbildung, medizinischer Versorgung, Kommunikation und natürlich öffentlicher Sicherheit wird im großen Kontrast zu den anderen Stadtteilen stehen.

Carlos Slim Helú, der reichste Mann in Mexiko und ganz Lateinamerika steht nicht hinter all dem, sondern davor. In einer Art unautorisierter Biographie ("Carlos Slim. Retrato inédito." Edition Océano), präsentiert der Journalist José Martínez Mendoza (der davor eine Biographie von Carlos Hank González geschrieben hat) ein Portrait von Seņor Slim, der sich damit brüstet, ein Self-Made-Man zu sein, der sorgfältig das Image eines Mannes kultiviert hat, der von ganz unten kommt. Aber damit meint er wahrscheinlich den unteren Boden seiner Villa, denn Slim kam auf die Liste der großen Millionäre, nachdem er die Teléfonos de Mexico (Telmex) für 400 Millionen Dollars gekauft hat, als ihr eigentlicher Wert bei 12 Milliarden Dollars lag. Wer war der Verkäufer? Carlos Salinas de Gortari. Schon seit 1984 - als er sich mit anderen Unternehmern in der Libre Empresa SA (LESA) zusammenschloss, die überstaatliche Unternehmen kaufte - hat Slim "freundschaftliche" Geschäfte mit Politiker getrieben. Und später limitierte er seine Kreise nicht auf die PRI, sondern breitete sie aus, um auch Angehörige der PAN und der PRD zu umfassen, kritische Intellektuelle, Künstler und Medienleiter.

Von gleicher Intelligenz und Pragmatismus "funkte" es schnell zwischen Slim und López Obrador, auf eine ungewöhnliche Weise für Politiker und Unternehmer. Aber sie wissen beide, dass sie einander nicht in Freundschaft verbunden sind. Sie sind Nachbarn in Cuicuilco, sie haben gemeinsame Interessen, bieten sich Tauschgeschäfte an, und als Händler täuschen sie Herzlichkeit vor, während sie fanatisch ihre Konten überprüfen, und nach jedem Treffen sehen sie in ihren Geldtaschen nach, um sicherzugehen, dass nichts fehlt.

Es gibt nicht wenige Intellektuelle und Politiker, die mit Stolz auf ihre Freundschaft zu Carlos Slim Helú verweisen. Einige brüsten sich damit, den mächtigsten Herren in Lateinamerika zu "beraten". Aber Seņor Slim hat weder "Berater" noch "Freunde", er hat Angestellte. Einige von ihnen wissen es nur nicht.

Einer von ihnen ist Seņor Felipe González Márquez, der ehemalige Präsident der spanischen Regierung und gegenwärtiger Geleitschutz des großen Europäischen Geldes. Seņor González unternimmt oft Reisen nach Mexiko, um mit seinem "Freund" Slim seine Leidenschaft für gutes Essen, Bonsaizüchtung, Photographie und Billard zu teilen. Aber das war vor Jahren, 1995, und über Slim Helú, schloss dieser Felipe González, als Präsident der spanischen Regierung, mit einer anderen Person "Freundschaft": Ernesto Zedillo Ponce de León. Um diese Zeitperiode zu erreichen, sollten wir uns zuerst die unmittelbare Vergangenheit ansehen:

Im September 2002, einige Stunden bevor das Urteil des Obersten Gerichtshofes über die indigene Gegenreform veröffentlicht wurde, erfuhr die EZLN (Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung) wie dieses Urteil lauten würde und was dies bedeutete: die drei Staatsgewalten hatten sich zusammengeschlossen, um den Pfad von Dialog und Verhandlung als Lösung für den zapatistischen Aufstand endgültig zu verschließen.

Wir begannen daraufhin, an einer der Optionen zu arbeiten, die wir seit Ende 2001 in Betracht gezogen haben: der Versuch auf internationale Ebene das zu erreichen, was auf der nationalen versagt hatte. Und so würde die EZLN eine Delegation nach Europa entsenden, um an internationale Organisationen zu appellieren, und mit Unterstützung derer, die in Mexiko und weltweit mit dem indigenen Anliegen sympathisieren, zu versuchen, die Anerkennung der indigenen Rechte und Kultur zu erreichen. Es sollte ein Marsch ähnlich wie 2001 sein, aber mit einem fundamentalen Unterschied: in der Mobilisierung von 2001 beschränkte sich die EZLN strikt auf die indigene Frage. Auf dem internationalen Marsch sollte dieses Problem mit allen Kämpfen in Verbindung stehen, die auf der ganzen Welt ausgetragen werden, besonders jene, die mit der Anerkennung von Verschiedenheiten, Widerständen und Rebellionen zu tun hatten, und ganz besonders mit den Gegnern des Krieges gegen den Irak, dessen Vorbereitungen bereits eingeleitet worden waren.

Wir dachten, dass Europa ein Land wäre, in dem die internationale Kriegstreiberei gebremst und ihrer Logik beraubt werden könnte, und dies von hier aus in die restliche Welt hinausgestrahlt werden könnte. Wir dachten nicht, dass wir diese internationale Bewegung auslösen könnten, aber dass es möglich sein könnte, dazu beizutragen, zusammen mit anderen Kräften, die im sozialen Europa bereits aktiv waren, um etwas in Gang zu bringen. Wir dachten, das könnte die Gelegenheit sein, uns auf direktere Weise an der Errichtung einer Welt zu beteiligen, in die alle Welten passen. Kurz gesagt, wir würden nicht mit unserem "besten Benehmen" nach Europa gehen, unsere Worte würden Worte der Rebellion sein. Das Problem war natürlich wie und wann man gehen sollte. Dies war der Punkt, an dem am 2. November 2002, dem Tag der Toten, eine Person die Generalkommandatur durch einen Boten kontaktierte.

Der Vereinbarung zufolge waren wir nicht in der Lage, viel über diese Person zu sagen, nur dass er in den Jahren 1993 bis 1996 den politischen und wirtschaftlichen Machtkreise sehr nahe stand. Nachdem die Bedingungen zu Diskretion und Geheimhaltung dargelegt wurden, erklärte die Botschaft der Person mehr oder weniger, dass er Informationen hätte, die für die EZLN nützlich sein könnten. Und nun zitiere ich wörtlich: "Wenn Sie interessiert sind, lassen Sie es mich wissen. Es hat etwas mit Acteal zu tun". Dies war
nicht das erste Mal, dass Dissidente aus den Kreisen der Regierung uns Informationen zugestellt hätten, manchmal echte, manchmal falsche, und so bestellten wir ihm, dass er uns das, was er wüsste, zusenden könnte. Hier ist was er zu enthüllen hatte:

In den Monaten nach Februar 1995, nachdem Zedillos Verrat gegen die EZLN und die Militäroffensive, die damit einherging, fehlgeschlagen hatte - und das Theater um Raúl Salinas de Gortaris Verhaftung sich abgenutzt hatte - bestanden die Generäle Renán Castillo (Militärchef und Defacto-Gouverneur in Chiapas) und Cervantes Aguirre (Verteidigungsminister) auf der Notwendigkeit, paramilitärische Gruppen zu aktivieren, um gegen die Zapatistas vorzugehen (Renán Castillo hatte in Nordamerika studiert und Cervantes Aguirre erlebte gerade stürmische Flitterwochen mit seinem US-Gegenstück, und so besaß die Option, die damals als "Kolumbien" bekannt war, die Unterstützung des US State Departments).

Zedillo hatte sich jedoch noch nicht entschieden. Im gleichen Jahr 1995, tauchte ein Angehöriger der spanischen Regierung auf. Ein "enger Vertrauter des Präsidenten," sagte die Person, die uns die Information weitergeleitet hat, "der an Treffen teilnahm, die nicht strikt freundschaftlicher Natur waren, sondern auf denen Staatsfragen behandelt wurden."

Auf einem solchen Treffen kommentierte Zedillo über die Zapatistas und das Problem sie loszuwerden, da sie die öffentliche Meinung auf ihrer Seite hätten. Der Angehörige der spanischen Regierung sagte, sie müssten die Legitimität der Zapatistas vernichten, und dann zuschlagen. Zedillo erinnerte die Person an die Geschichte vom 9. Februar und deren Konsequenzen. Der Spanier erklärte, dass er von etwas anderes spreche, aber wenn die Zapatistas für die Indigenas kämpften, man es so aussehen lassen müsste, als ob sie gegen die Indigenas kämpften. In Spanien, sagte er, hätten sie einige Gruppen gegründet, um die baskischen Unabhängigkeitsbewegungen zu untergraben. Zedillo sagte, er wüsste Bescheid über die GAL (Antiterroristische Befreiungsgruppen) und dass es eine Untersuchung gegeben hätte, um die Beteiligung der Regierung an der Entführung und Ermordung von ETA-Angehörigen gegeben habe. Der Spanier geriet nicht in Verlegenheit, sondern wies darauf hin, dass die Ermordung und die Entführung von Mördern kein Verbrechen war, sondern ein Dienst an der Gesellschaft. Er fügte hinzu, dass die GAL andere Dinge getan hätte, wie die Ausführung von Angriffen, die später der ETA zu Lasten gelegt wurden. Zedillo fragte, ob der König das wüsste. Der Spanier antwortete: "Der König weiß, was ihm passt, und gibt vor, nicht zu wissen, was ihm nicht passt". Er sagte weiter, dass nichts passiert sei, nur ein paar Tage Aufruhr in der Presse, und da niemand tiefer graben würde, wenn es sich bei den Toten um Terroristen handelte, gäbe es nun ernste Entscheidungen, die aus Staatsgründen getroffen werden müssten.

Zedillo wies darauf hin, dass das hier nicht viel nützte, weil die die Zapatistas keine Terroristen wären. "Mach sie zu Terroristen," sagte der Spanier, und fuhr fort: "Was man tun muss, ist eine bewaffnete indigene Gruppe zu gründen, um sie gegen die Zapatistas aufzustellen, sie kämpfen, es gibt Tote, die Armee kommt rein und schafft Frieden unter ihnen, und schon hast du´s". Der Spanier sagte weiter: "Wir könnten euch zur Hand gehen mit einigen Beratern, etwas Erfahrung. Natürlich erhoffen wir uns im Gegenzug etwas Kooperation von eurer Regierung, wie die Auslieferung einiger ETA-Mitglieder, die in Mexiko leben." Zedillo sagte, er sei sich nicht sicher, ob es hier irgendwelche ETA-Mitglieder gäbe. "Das ist kein Problem," sagte der Spanier. "Wir bestimmen, was sie sind". Der Spanier fügte hinzu, dass seine Regierung der mexikanischen Regierung auch bei den Freihandelsverhandlungen mit Europa helfen könnte, und er beendete sein Argument mit einem Satz: "Komm schon, Ernesto, wenn wir Spanier für irgendetwas Experten sind, dann für die Ausrottung von Indianern."

Das ist die Information die wir erhalten haben. Der Rest konnte leicht gefolgert werden. Zedillo ordnete die Aktivierung paramilitärischer Gruppen an, die spanische Regierung stellte die Beratung und die mexikanische Regierung steigerte die Auslieferung angeblicher ETA-Mitglieder.

Am 22. Dezember 1997 marschierte eine paramilitärische Gruppe auf eine Konfrontation mit den Zapatistas zu. Die Zapatistas zogen sich zurück, um eine Auseinandersetzung zwischen Indigenas zu vermeiden, und sie warnten die Nicht-Zapatistas vor der Gefahr. Die Abejas, unbewaffnet und darauf vertrauend, dass ihnen nichts passieren würde, weil sie neutral waren, blieben. Das Massaker begann und endete, während Polizisten und Soldaten geduldig darauf warteten, einzumarschieren und "Frieden zu schaffen" in der "Konfrontation" zwischen Indigenas. Die Wahrheit wurde dank der Medien fast sofort aufgedeckt. Die Nachricht ging um die Welt und rüttelte alle noblen Menschen auf. In Los Pinos wiederholte Zedillo nur: "Wieso Kinder und Frauen?"

Während das Blut von Acteal noch frisch war, hatte Felipe González in einem Interview mit dem mexikanischen Journalisten Luis Hernández Navarro (La Jornada, 10. März 1998), folgendes über die Morde zu sagen: "So etwas verursacht immer großes Aufsehen. Wir leben in einer Medienglobalisierung, die Aufruhr erregt. Mexiko besitzt die Großherzigkeit, die eine solche Nachricht immer explosiv erscheinen lässt und Sorge schafft. Viel ernstere Situationen in andere Gegenden ernten keine Hauptschlagzeilen, oder schaffen es nicht, die Kommunikationsbarrieren zu überwinden." Und so ist alles nur ein Problem des Medienrummels .

War Felipe González Márquez die Person, die sich mit Zedillo über die GAL, die Paramilitärs und die Auslieferung der Basken unterhalten hat? War es jemand aus seiner Regierung? Einige Erinnerungen aus den Seiten vergangener Kalender:

1995: In Spanien autorisiert das Konflikttribunal die Regierung von Felipe González, Dokumente die mit den Antiterroristischen Befreiungsgruppen in Verbindung stehen, nicht auszuliefern. Gegründet am 6. Juli 1983, waren die GAL zwischen 1983-1987 für mehr als 40 Angriffe und 28 Tote verantwortlich.
Im Oktober 1995, traf sich Ernesto Zedillo privat mit Felipe González in Bariloche, Argentinien, während des fünften lateinamerikanischen Gipfeltreffens.

Im 1996, Januar: Die Personen, die beschuldigt werden, den "schmutzigen Krieg" gegen die ETA zu führen, beschweren sich, dass die ganze Angelegenheit mit der GAL eine Verschwörung sei, die darauf hinzielte, den damaligen Präsidenten Felipe González zu "besiegen". Die PSOE (Spanische Sozialistische Arbeiterpartei) behält den ehemaligen Innenminister José Barrionuevo - zusammen mit dem Verteidigungsminister, Rafael Vera, für terroristische Aktivitäten belangt - auf ihre Kandidatenliste für den Abgeordnetenposten. Ernesto Zedillo Ponce de León begibt sich auf seine erste Staatsreise nach Spanien.

Im Februar: Jaime Iribarren, Parlamentsvertreter von Herri Batasuna, wird festgenommen und beschuldigt, einen Bagger niedergebrannt zu haben. Ebenfalls festgenommen wird Batasuna-Anführer Jon Idígoras, auf Anordnung von Richter Baltasar Garzón, der ihn mit der Organisation Euskadi Ta Askatasuna (ETA) in Verbindung bringen möchte. Zu Idígoras' "Verbrechen" gehört das Singen eines nationalistischen Liedes während eines Besuches von König Juan Carlos in Guernica 1981. Ein Video macht die Runde, in dem er ETA-Mitgliedern Verhandlungen mit dem spanischen Staat vorschlägt. Felipe González weist Umfragen zurück, die zeigen, dass die Volkspartei (PP) bei den Wahlen vor der PSOE vorne liegt. In März verliert González' PSOE die Wahlen an Aznars Volkspartei. Der spanische Sänger Raphael drückt seine Hoffnung für Aznar aus: "Ich bin sicher er wird wissen, wie er Francos Andenken in Ehren halten kann."

Juli 1996: Das spanische Gericht verurteilt José Koldo Martín Carmona, der November 1995 aus Mexiko deportiert worden war, zu 122 Jahren Gefängnisstrafe. Zusammen mit Lourdes Churruca, wurden Koldo drei Angriffe zu Lasten gelegt, die keine Opfer gefordert hatten. Im gleichen Zeitraum wurden drei baskische Jugendliche vor Gericht gestellt, die man beschuldigte, einen Polizeiwagen angezündet zu haben. Die für sie geforderten Strafen reichten von 111 bis 592 Jahren Gefängnisstrafe.

Im gleichen Jahr wurde das Buch "Roldán-Paeza, die Schweizer Connection" des Journalisten Juan Gasparini veröffentlicht. Das Buch enthüllte gewisse Aspekte der Korruption in der Felipe González Regierung, besonders in Hinsicht auf Luis Roldán, den ehemaligen Direktor der Zivilgarde. Zu den korrupten Firmen zählt auch das Siemens-Unternehmen. Einer ihrer Anwälte, Ulrich Kohlí, hat zusätzlich zum Verkauf von Landminen an Saddam Hussein Geld für die Familie Salinas de Gortari gewaschen. Felipe González verteidigt seinen "Freund" Carlos Salinas de Gortari, und lobt seine Politik.

1998, Juli: José Barrionuevo und Rafael Vera, beide mit Verbindungen zu den GAL, werden zu 10 Jahre Gefängnisstrafe verurteilt. Während der Verhandlung erscheint Felipe González als Zeuge, und spielt mehrmals auf Staatsgründe als Rechtfertigung für spezifische ernste Entscheidungen in kritische Situationen an.

Im März 1999 zeigt ein Pressefoto (La Jornada. Pedro Valtierra) Zedillo bei der Begrüßung von Felipe González, unter dem wohlgefälligen Blick des ehemaligen israelischen Staatschefs Shimon Peres.

Im Oktober 2000 speist Zedillo mit Felipe González in einem gehobenen Restaurant im Polanco Distrikt, in Mexiko Stadt.

In Oktober 25, 2001, weist der Journalist Raúl Trejo Delarbre, in "Macht und Gesellschaft," darauf hin, dass die PRISA (spanisch) und Televisa (mexikanisch) die Öffnung des mexikanischen Radios für spanische Investitionen geregelt hätten. Anwesend sind Präsident Fox und die Präsidenten der Televisa und PRISA, sowie Carlos Slim Helú, Felipe González Márquez und Lino Korrodi, in Verletzung von Artikel 31, Sektion VI, des Bundesgesetzes. Ebenfalls anwesend war Juan Luis Cebrián, Autor des Buches über Felipe González 'Die Zukunft ist nicht mehr, was sie war', und Vorstandsleiter von PRISA.

In Februar 2002, leistet Zedillo Spanien seinen zweiten offiziellen Besuch ab. Während des Abendessens mit Aznar erinnerte Zedillo an sein Treffen mit dem gegenwärtigen Präsidenten der spanischen Regierung Ende 1994, und bedankte sich für die spanische Hilfe bei der Aushandlung des Freihandelvertrages zwischen Mexiko und der Europäischen Union. Der König und Aznar bedanken sich bei Zedillo für die mexikanische "Kollaboration" bei der Auslieferung vermeintlicher ETA-Mitglieder.

Während der ganzen Amtszeit von Ernesto Zedillo, 1994-2000, wurden mehrere baskische Bürger nach Spanien deportiert, die beschuldigt wurden, der ETA anzugehören. Amnesty International liegen Beweise vor, dass sie gefoltert wurden.

In Dezember 2002 eilt Richter Baltasar Garzón dem König, Felipe González und José María Aznar zur Hilfe, die er praktisch als "nationale Helden der Demokratie" beschreibt.

In Februar 2003 reist Aznar nach Mexiko um Vicente Fox zu treffen. Den Medien zufolge soll die Reise dazu dienen, Mexiko zu überzeugen den Krieg gegen den Irak zu unterstützen. Die Wahrheit lautet anders: Aznar kommt nach Mexiko um Fox zu überzeugen, die Zapatistas nicht nach Spanien reisen zu lassen.

(Quellen: die mexikanische Tageszeitung La Jornada, 1996-2003; Journalisten: Pedro Miguel, Luis Javier Garrido, Marcos Roitman, Kyra Núņez, Jaime Aviles, Armando G. Tejeda, Rosa Elvira Vargas und Luis Hernández Navarro. Nachrichtenagenturen: AFP, ANSA, EFE, Reuters, IPS, AP).

Nach dem Erhalt dieser Information beschloss die EZLN, dass das Europa-Projekt auf spanischem Boden beginnen und die Frage des Baskenlandes berühren sollte. Sie dachte auf diese Weise die richtigen Fragen zu stellen, die sich daraus und aus der Verantwortung der spanischen Regierung ergeben würden.

Somit wird die Frage beantwortet, die so viele Menschen gestellt haben: "Wieso lässt sich die EZLN in das baskische Problem verwickeln?" Es war die spanische Regierung, die das baskische Problem in den indigenen Kampf nach Mexiko hineingetragen hat, nicht wir.

Wir Zapatistas hielten es daher für unsere Pflicht, nach Spanien zu gehen, um dem König, Felipe González, José María Aznar und Baltasar Garzón zu beweisen, dass sie lügten, wenn sie sagten, dass "die Spanier bei der Ausrottung von Indigenas Experten sind", da wir weiterhin am Leben sind, Widerstand leisten und rebellieren.

Wir wären nicht in der Lage gewesen, in Spanien ein Massaker anzuzetteln, aber wir könnten eine Debatte provozieren. Und so entwarfen wir die "Eine Chance für das Wort"-Initiative. Hinzu kam das Problem, dass die baskische Frage unter den progressiven Kräften als Tabu galt, und nur berührt werden konnte, um den ETA-Terrorismus zu verurteilen, dabei zwei Dinge sorgfältig außer Acht lassend:
erstens, den Staatsterrorismus, und zweitens, dass die ETA nicht die einzige Kraft ist, die für die Souveränität von Euskal Herria eintritt.

Wir waren uns zu der Zeit der Tatsache nicht unbewusst, dass das Ansprechen der baskischen Frage Unmut auslösen konnte, aber wir glaubten, dass es unsere Pflicht war, dies zu tun. Außerdem hatten die Zapatistas andere Fragen, die auf eine Antwort warteten. Am 17. November 2002 mahnten wir bei der
Präsentation des mexikanischen Magazins Rebeldía diese Pflicht an, und deuteten an, wohin unsere Worte hinzielen würden. Einige Tage später lancierten wir eine Provokation, die als Hauptziel Felipe González hatte.
Wir schafften es nicht, González zu provozieren, aber an seine Stelle trat Richter Baltasar Garzón mit verwundetem Ego. Der Brief an das Aguascalientes von Madrid gab an, dass die Zapatistas tatsächlich vorhatten, nach Europa zu gehen und die baskische Frage anzusprechen. Danach passierte was passierte.

Die EZLN hat niemals vorgeschlagen, im baskischen Konflikt zu vermitteln, und noch weniger, den Basken zu sagen, was sie zu tun oder zu lassen hätten. Wir ersuchten nur um eine Gelegenheit für das Wort.

Unser Vorschlag mag dumm oder naiv gewesen sein, oder beides, aber er war niemals unehrlich, noch sollte er respektlos sein. Das ist nicht unsere Art.

Das war die Absicht der Zapatistas, ohne Hinterlist oder geheime Abkommen. Wir wollten diese Informationen, die wir erhalten haben, öffentlich machen, während wir unsere gesetzlichen Forderungen vor den internationalen Institutionen voranbrachten.

Deshalb haben wir auf die Kritik, die wir von allen Seiten erhielten - weshalb wir uns nämlich in etwas einmischten, das wir nicht zu Genüge kennen würden - damit geantwortet, dass wir mehr über das baskische Problem wüssten, als viele dachten, nämlich die Baskenland-Chiapas Verbindung, das heißt, die Verbindung zwischen dem Terrorismus des spanischen und des mexikanischen Staates, im Grunde, internationaler Terrorismus.

Wir enthüllen unser Wissen jetzt, weil wir "beschlossen haben, unsere Reise zur iberischen Halbinsel abzusagen".

Unsere Initiative war ehrenwert und ehrlich (wir haben unsere eigene Geschichte als Moralgarantie), aber sie wurde schnell in der Verurteilung und dem Mangel an Verständnis jener gefangen, die sich selbst als Progressive bezeichnen, die gedrängt von den Medien, nicht auf den Ausgang warten wollten. Ihnen haben wir nur einen tiefempfundenen Tadel vorzuwerfen, und sonst nichts, denn gegen jene, die, obwohl sie kleinlich sein könnten, bei anderen Gelegenheiten großzügig waren, kann kein Groll entstehen.

Die Rechte tat ihre Arbeit und der Vorschlag profitierte davon, denn indem sie ihn und uns verteufelten, machten sie ihn bekannt, und eine beispiellose Debatte wurde entfesselt.

Von der "linken" Seite wagte es jemand, auf eine abscheuliche und kleinliche Weise anzudeuten, die Distanzierung der EZLN von der ETA sei eine Bedingung der spanischen Regierung gewesen, um die Reise der zapatistischen Delegation nach Spanien zu erlauben. Unsere Distanzierung vom linken Terrorismus ist nicht neu, sie lässt sich bis zur Gründung der EZLN vor fast 20 Jahren zurückverfolgen, und sogar weiter.

Wenn wir von einer Teilnahme an dem Encuentro "Eine Chance für das Wort" absehen müssen, dann nicht weil die Kritik, die Vorwürfe oder die kleinlichen Anschuldigungen uns nachts wach halten würden. Sondern weil wir nach den Richtlinien unserer eigenen Ethik nicht an einem Encuentro teilnehmen können, das nicht von ALLEN nationalen Kräften des Baskenlandes unterstützt wird, und Gefahr läuft zu einem Tribunal zu werden, das jene verurteilt, die nicht anwesend sind, anstatt einen Raum für Diskussion und Reflexion über die Pfade des Baskenlandes zu sein.

Die Verantwortung dafür, es nicht geschafft zu haben, die baskischen Kräfte zusammenzurufen, liegt einzig und alleine bei der EZLN, und speziell bei ihrem Sprecher Marcos (ohne Militärbezeichnung, für jene, denen so etwas nicht gefällt). Anstatt zusammenzurufen haben unsere Worte (unsere Art, wie wir das sagen), viele ehrliche und noble Personen des Baskenlandes verletzt.
Obwohl das niemals unsere Absicht gewesen ist, ist das so passiert. Wir bedauern das zutiefst.

Wir möchten uns aufrichtig bei alle Personen des Baskenlandes entschuldigen, die wir verletzt haben. Wir hoffen, dass Sie uns eines Tages mit ihrer Vergebung beehren können, denn Vergebung unter Brüdern ist keine Schande.

Was die Herausforderung zu einer Debatte, die uns von Richter Garzón dargebracht wurde, angeht, haben wir lange genug gewartet. Obwohl er der Herausforderer war, zog es Richter Garzón vor, zu schweigen. Er hat somit bewiesen, dass er gut dazu taugt, Gefangene zu foltern, sich mit Opfern des Terrorismus fotografieren zu lasen, und sich in Kampagnen der Eigenwerbung für den Friedensnobelpreis zu ergehen, es aber nicht wagt, eine Debatte gegen jemand zu führen, der auch nur halbwegs intelligent ist. Und nicht weil jemand besser mit Worten umgehen könnte, sondern weil Garzón Gesetze zu Fall wirft, wenn Gründe fehlen. Wir haben Garzón zuvor beschuldigt, ein grotesker Clown zu sein. Das stimmt nicht. Er ist nur ein Windbeutel und ein Feigling.

Wir möchten uns insbesonders bei den baskischen linken Unabhängigkeitsorganisationen, Herri Batasuna und Askapena bedanken, die als einzige positiv auf unsere Initiative geantwortet haben (oder zumindest die einzigen waren, die es uns wissen ließen), sowie bei den Menschen, individuell und kollektiv, des Baskenlandes, in Spanien, Italien und Mexiko, die unseren Vorschlag mit Interesse und Ehrlichkeit angenommen haben.

Vielleicht werden unsere Worte es eines Tages lernen, die Zuneigung, den Respekt und die Bewunderung, die wir für die baskische Bevölkerung und ihren politischen und kulturellen Kampf empfinden, wiederzuspiegeln.

Vielleicht könnte dieses Encuentro eines Tages stattfinden, und dem Wort eine Chance gebend, könnten unsere Pfade sich am Morgen der Unabhängigkeit, Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit treffen, die die Basken und alle Menschen auf der Welt verdienen.

Aus den Bergen des mexikanischen Südostens

Subcomandante Insurgente Marcos

Mexiko, 24. Februar, 2003.

Tag der Mexikanischen Flagge.


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(übs. von Dana)