Hurrikan "Stan" - Infos zu betroffenen Zapatistas

- Special zur Katastrophe in Chiapas und Zentralamerika -


Betroffene Zonen in Chiapas



1.) Kommuniqué der EZLN vom 17.10.2005


Geheimes Revolutionäres Indigene Komitee - Generalkommandantur der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung

Mexiko

17. Oktober, 2005

An die mexikanische Bevölkerung
An die Völker der Welt
An die Andere Kampagne

Brüder und Schwestern
Compaņeras und Compaņeros


ERSTENS - Wie alle wissen, haben die schweren Regenstürme in den letzten Wochen der armen Bevölkerung aus mehreren Staaten der mexikanischen Republik schwere Schäden zugefügt, darunter im Bundesstaat Chiapas. Durch diese Katastrophe haben die ärmsten von allen alles verloren, und zusätzlich zur Last des Schmerzes, das Wenige, was ihnen gehörte verloren zu haben, müssen sie jetzt auch die Unfähigkeit der schlechten Anführer ertragen, humanitäre Hilfe bereitzustellen. Politiker, die die Medien dazu missbrauchen, ihr Unglück zu plündern, und den Einen, der die Desasterzone in ein Wahlspektakel verwandelt.

ZWEITENS- Jenseits der Bürokratie und der Korruption der mexikanischen politischen Klasse (die das Unglück der Ärmsten in ein Werbespot verwandelt hat) organisieren ehrliche Nichtregierungsorganisationen, Gruppen, soziale Organisationen, linke politische Organisationen und Einzelpersonen Hilfe für die Betroffenen.

DRITTENS- Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben die Autoritäten der Junta der Guten Regierung der Selva-Grenzregion und des zapatistischen autonomen Bezirkes in Rebellion "Tierra y Libertad", dem Gemeinden in der Grenzzone, der Sierra und an der Küste von Chiapas angehören, die betroffenen Gebiete persönlich aufgesucht, um zu sehen, wie es den Compaņeros und Compaņeras der zapatistischen Unterstützungsbasen, die in diesen Gegenden leben, geht.

VIERTENS- Das Komitee der Guten Regierung konnte nur einige Gebiete erreichen, weil die Strassen zu einigen zapatistischen Gemeinden und Dörfern abgeschnitten sind. Der erste Bericht der Junta der Guten Regierung vermerkt, das bis zum jetzigen Zeitpunkt fast 300 zapatistische UnterstützerInnen Schäden durch den Regen, Schlammlawinen und Flussüberschwemmungen erlitten haben. 62 Häuser wurden zerstört, 37 davon vollständig, 25 sind schwer beschädigt.

FÜNFTENS- Die Junta der Guten Regierung von La Realidad stellt einen Teil ihrer Resourcen zur Verfügung, um diesen Compaņeros und Compaņeras zu helfen. Die zapatistischen Gemeinden in anderen Gebieten organisieren ebenfalls Hilfe, und die EZLN hat bereits einen Teil ihres Kriegsfonds für die Hilfe unserer Unterstützungsbasen in diesen Regionen bestimmt, aber das ist nicht ausreichend, und wir haben Probleme mit dem Transport.

SECHSTENS- DAS CCRI-CG der EZLN wendet sich daher respektvoll an seine Compaņeros und Compaņeras von der "Anderen Kampagne" sowie Einzelpersonen, Gruppen und Kollektive aus anderen Ländern, und ersuchen sie, von unten links , unabhängig von der Regierung und den politischen Parteien, direkte Hilfe für diese Region zu organisieren. Wir wenden uns insbesondere an die Compaņeros und Compaņeras der "Anderen Kampagne" in Chiapas, um Voraussetzungen und Transportmöglichkeiten bereitzustellen.

SIEBTENS - Wie der Junta der Guten Regierung von La Realidad angeboten wurde, können Hilfssendungen an folgenden Stellen in San Cristóbal de Las Casas, Chiapas angenommen werden (von wo aus sie zu den Orten gebracht werden, wo sie benötigt werden): Desmi A.C., Enlace Civil und Melel Xojobal. Die humanitäre Hilfe wird direkt von den zapatistischen indigenen Opfern empfangen.


Demokratie!!
Freiheit!!
Gerechtikeit!!



Aus den Bergen des mexikanischen Südostens

Für das Geheime Revolutionäre Indigene Komitee- Generalkommandantur der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung

Subcomandante Insurgente Marcos


Mexiko, Oktober 2005

* * *
(übs. von Dana)




Huixtla

2.) Artikel aus LA JORNADA von Gloria Muņoz Ramírez vom 22.10.2005


DIE VON UNTEN

Gloria Muņoz Ramírez

NOCH TIEFER ALS DIE GANZ UNTEN, ohne alles, so stehen hunderte Zapatistas der Unterstützungsbasis nach dem Hurrikan Stan da. Vom autonomen Bezirk Tierra y Libertad ist das Ausmaß der Schäden noch unbestimmt, aber man weiß bereits jetzt, dass die Gemeinde Che Guevara begraben und deren Bewohner (acht Familien, die in Rebellion leben) geschädigt wurden.

DIE ZAPATISTAS ERHALTEN Hilfe von denen, die selbst am wenigsten haben. Bis die nationale und internationale Solidarität ankommt, haben die Zapatistas der Unterstützungsbasis selbst die betroffenen Zapatistas untergebracht, diejenigen, die nicht in lächerlichen Fernsehszenen an der Seite irgendeines Staatsbeamten zu sehen sind, diejenigen, die in den offiziellen Statistiken der Katastrophe nicht erscheinen. Die Zapatistas haben auch PRI-Anhänger aufgenommen, bei denen auch keine Hilfe ankam. Ganze Familien von PRI-Anhängern wohnen derzeit in der autonomen Schule von Las Nubes.

DIE KÜSTENREGION, das Gebirge und Teil des Grenzgebiets zu Guatemala gehören zu den neueren Gebieten in der zapatistischen Organisation. Diese Regionen öffneten sich und wuchsen nach 1994, als sich Männer und Frauen dem Widerstand in weiter entfernten Gemeinden anschlossen, wo sie ihre Autonomie organisieren. Bildungs- und Gesundheitsprojekte gedeihen in mühevoller Arbeit in dieser Region, die zum Caracol La Realidad gehört (obwohl sie vom Urwald in Zeit und Entfernung weitab liegt).

DIE IM GEBIRGE GELEGENEN GEMEINDEN To-quián, La Laguna, Las Nubes und Cruz de Piedra (im offiziellen Landkreis Siltepec); die in Tapachula, Motozintla, Huixtla und Isla Mapa (an der Küste); und die Gemeinde Maíz Blanco an der Grenze sind am schlimmsten betroffen. Toquián ist völlig unbewohnbar, und die betroffenen Zapatistas der Unterstützungsbasis haben in den Häusern anderer Zapatistas Zuflucht gesucht. In La Laguna und Las Nubes bleiben die Bewohner in ihren Häusern, aber es besteht ein großes Risiko, dass es zu erneuten Erdrutschen an den nunmehr zerklüfteten Hängen kommt.

IN CRUZ DE PIEDRA fanden die Menschen bei Familienangehörigen Unterschlupf, und in Belisario Domínguez und Motozintla verbleiben sie in ihren völlig zerstörten Dörfern. Ohne Häuser, ohne Nahrung, ohne ihre Kaffeepflanzungen, ohne Maisfelder, ohne Kleidung und ohne Medizin. Das Wasser nahm alles mit, und die Menschen überleben nur dank der Unterstützung, die sie vom Rat der Guten Regierung erhalten, aber die reicht nicht.

IN BELISARIO DOMINGUEZ (im offiziellen Landkreis Motozintla) wurde das erst kürzlich eingeweihte Schulungszentrum für Gesundheitspromotoren völlig zerstört. Die Lehmbauwände sind jetzt nur noch Sand, und der Kurs, der gerade erst fünf Tage lief, musste unterbrochen werden. Drei Monate war diese Schule erst alt, wo 21 zapatistische Lehrer aus den Gemeinden unterrichten. Die Anstrengungen vieler Jahre und die Arbeit vieler Menschen im Herzen eines Dorfes begraben, Che Guevara ist nicht mehr da und auch nicht das Haus des Gesundheitspromotors, das als Praxis für traditionelle Medizin diente.

BOHNEN, REIS, SUPPEN, MAISMEHL, Speiseöl, Zucker, Seife, Kondensmilch, daran denken die Menschen zuerst, wenn sie Hilfe anfordern. Mais? "Naja, dann bräuchten wir auch noch Maismühlen, sonst nützt das ja nichts". Medizin gegen Grippe, Husten, Durchfall, Erbrechen und Fieber. Antibiotika, Schmerzmittel und Serum. Geschirr zum Kochen und Decken. Kleidung? "Ja, aber nützliche, keine Ballkleider oder Absatzschuhe".

losylasdeabajo[at]yahoo.com.mx

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Übersetzung: Katja




Motozintla

3.) Hurrikan Stan hinterlaesst Verwuestungen in zapatistischen Gemeinden

28. Oktober 2005

An das Unterstuetungsnetzwerk der Zapatisten in Europa:

Nachdem wir uns mit der Junta (Versammlung) der Guten Regierung in La Realidad besprochen haben, besuchen sechs compaņeros von verschiedenen europaeischen Kollektiven die vom Hurrikan Stan betroffenen Gebiete in denen sich zapatistische Unterstützungsbasen befinden.

Wir kamen nach Belisario Domínguez, wo wir das Dorf (comunidad) Che Guevara besuchten, das zur autonomen Gemeinde (municipio) "Tierra y Libertad" gehoert. Dieses Dorf hat 30 Hektar die 2002 von einem Grossgrundbesitzer zurueckerobert, die dieser sich vor 10 Jahren angeeignet hatte.

Die Doerfer in dieser Gemeinde sind verteilt in den Zonen Sierra, Costa und Fronteriza und gehoeren zum Caracol von La Realidad.
Wir fanden die 11 zapatistischen Familien mit insgesamt 48 Personen in einem einzigen Haus lebend. Obwohl es schon sehr spaet war, erwarteten uns die Familien. Morgens teilten sie mit uns das wenige Essen das sie haben - erhalten von der Junta - und begleiteten uns, um die Ruinen ihres Dorfes zu sehen.

Zuerst kamen wir an einen leeren Strand an dem frueher das Haus und die Gaerten des Gesundheitspromoters waren, von denen nicht eine Spur uebrig ist. Dort gab es auch ein Gesundheitszentrum welches die drei Zonen betreute (obwohl jedes Dorf auch seinen Gesundheitspromotor hat, sagten sie uns).

Ein wenig weiter vorne fanden wir das total zerstoerte Fortbildungszentrum, in welchem sich die Gesundheits- und Erziehungspromotoren der drei Zonen ausbildeten und welches seit drei Monaten, nach einem Jahr organisatorischer Anstrengung, in Betrieb war. Des weiteren hatte es einen Schlafsaal, Kueche und Bad. Von der autonomen Schule blieb nur das Dach uebrig, sie ist voellig vergraben.

Darüber hinaus zeigten sie uns den Sarg des bis jetzt einigen Todesopfers: eine alte Frau, die nicht gehen konnte und die sie nicht rechtzeitig evakuieren konnten. Ein anderer compaņero, der sein Maisfeld und sein Eigentum nicht verlassen wollte, wurde schwer verletzt und liegt im Spital.
Zurueck beim Haus in dem sich die 11 Familien zusammenpferchen erzaehlen sie uns die Ereignisse: "Am dritten Regentag fing das Wasser zu schlagen an. Wir hatten keine Zeit irgendetwas zu ergreifen, nur die Kleidung, die wir am Koerper trugen und die Kinder. Die Haeuser fielen hinter uns zusammen."

"Im Dorf befanden sich einige Promotoren zur Weiterbildung und gemeinsam, mehr als 60 Personen, mussten wir auf den Berg steigen, bei Nacht. Hinter uns hoerten wir den Laerm der fallenden Daecher. Der Berg fing zu fallen an, deshalb mussten wir weiter hinein gehen. Wir verbrachten die ganze Nacht an Baeume geklammert, bei Regen."
"Am Morgen sandten wir zwei Kommisionen. Eine um den Zustand des Dorfes festzustellen und die andere weiter in die Berge hinein um einen Platz zu suchen an dem wir bleiben konnten und ein Mann bot uns sein Haus, Kleidung und Essen an."

Nach zwei Tagen, erzaehlten sie uns, kehren sie ins Dorf zurueck und sie blieben in der Gemeinde, gemeinsam mit den anderen Geschaedigten von Belisario Domínguez, die gedacht hatten "dass die Zapatisten schon erledigt sind". Dort hatten sie Probleme weil sie die PRIisten beschuldigten, dass ihre Anwesenheit der Grund war, dass sie keine Hilfe erhielten. Deshalb gingen sie und kamen bei einer Cousine von einem von ihnen unter, waehrend die Promotoren in ihre Doerfer zurueckkehrten. Dann erhielten sie die Hilfe der Junta, die einzige die sie bis jetzt erhalten haben.

Sie haben bereits mit dem Wiederaufbau begonnen. Als erstes bauen sie provisorische Unterkuenfte und eine kleine Holzbruecke. Auf unsere Frage haben sie uns die dringensten Notwendigkeiten genannt. Zum Brueckenbau brauchen sie dicke Kabel und Riemenscheiben. Grundnahrungsmittel: Bohnen, Maismehl, Zucker, Oel. Ferner Chlor, Seife, einen Trinkwasseraufbereiter, Schlaeuche, paracetamol (fuer Erwachsene und Kinder), naproxen, Thermometer, Antibiotika, Aspirin... Der Promoter schildert uns dass sie nach der Nacht am Berg Fieber, Durchfall, Husten, Grippe... haben, vor allem die Kinder.

Die Situation wird ernster weil sie ihre Anbauwerkzeuge, vor allem die Fruchtpresse, den Trockner und die Kaffeetanks, Vorratskeller, die Bienen und andere Tiere verloren haben. Wenn mensch nicht schnell handelt koennte auch der gerettete Teil der Ernte verloren gehen. Definitiv, die Situation ist ein Notfall und nachdem, was uns einige compaņeros schildern, ist die Situation in den Gemeinden die wir die naechsten Tage besuchen werden schlimmer. Trotz allem beeindruckte uns die Gelassenheit der compaņeros, obwohl, wie sie uns sagten, "mensch wird sehen ob es weiter oben einen besseren Platz gibt, aber wo sind wir sicher? Jetzt sind wir nicht mehr sicher. Wir sind am Nullpunkt, wir haben nichts. Aber das Leben geht weiter, wir koennen nicht weitermachen ohne zu kaempfen.

Mitglieder von 4 europaeischen Kollektiven:
"Colectivo de Solidaridad con la Rebelión Zapatista" aus Barcelona, "Campaņa: Una Escuela para Chiapas" aus Athen, CSPCL aus Paris, "Terres à terres" aus Le Havre, Frankreich.





Huixtla

4.) Schlussbericht über die vom Hurrikan Stan betroffenen zapatistischen Unterstützungsbasen in den Zonen Sierra und Costa, autonomer Landkreis Tierra y Libertad, Caracol von La Realidad

An die Solidaritätskollektive in Europa und der Welt
An alle, die es betrifft

Obwohl die Aufmerksamkeit der Medien sich auf den Hurrikan Wilma konzentriert, halten die Effekte des Hurrikans Stan an, der verschiedene Bundesstaaten Mexiko passierte und alles zerstörte, womit er auf seinem Weg Anfang Oktober in Berührung kam. "Nie in unserem Leben haben wir etwas ähnliches gesehen", sagen die Leute in diesen Regionen, in ihrer Mehrheit arme und bescheidene Menschen.

Im Süden von Chiapas, nahe der Grenze mit Guatemala, sind ganze Dörfer, die sich auf dem Land, in den Bergen und an der Küste befanden, sowie komplette Siedlungen in den Städten von der Landkarte verschwunden. Dort leben zapatistische UnterstützerInnen, Männer und Frauen, unter ihnen viele Nicht-Indígenas. Sie arbeiten, leisten Widerstand, organisieren sich und kämpfen.

Vier oder fünf Tage lang zerstörten Wasser und Erde, Schlamm, Baumstämme und Ruinen, die der Hurrikan mit sich riss, die Häuser. Sie nahmen den Familien alles, beerdigten die Habseligkeiten und zerstörten Pflanzungen. Die zapatistischen UnterstützerInnen erlitten große Schäden. Che Guevara, eine autonome Gemeinde in der Zone Sierra, verschwand komplett und damit auch das autonome Fortbildungszentrum für Bildungs- und GesundheitspromotorInnen der gesamten Zone, das vor drei Monaten seine Arbeit aufgenommen hatte. Die Zapatistas, die Compas, wie sie sich nennen, verloren ihre Häuser, ihr Mais- und Kaffeefelder, den Boden selbst und alles, was sie hatten. Jetzt gilt es, Land zu erlangen, um alles, ihr Leben, wieder aufzubauen.

Die Hälfte des Dorfes Toquían, das sich auf dem Gipfel eines Berges befand, ist heute vollkommen zerstört. Die Häuser sind verschwunden, unter der Erde begraben oder viele Meter verschoben, als die Erde begann wegen des Regens abzurutschen. Die Kaffeefelder und die übrigen Felder sind komplett betroffen. Die gesamte Ernte ist verloren. Einige zapatistische Familien mussten das Dorf verlassen, andere leben in ihren Häusern weiter, wobei die Gefahr besteht, dass der Boden, der bereits aufgelockert ist, wieder abzurutschen beginnt. Das ganze Gebiet befindet sich in einem risikoreichen Zustand, wodurch es keinen Platz für den Anbau und den Bau von Häusern gibt.

Die Situation in Motozintla, in der selben Zone, ist nicht anders. Die Stadt ist halb zerstört, die Compas haben einige Häuser verloren, aber das schlimmste ist die schlechte Qualität der Luft, die sie atmen. Man sieht viele Menschen, die wegen des permanenten Staubs, der die Stadt in Beschlag nimmt, Masken benutzen.

In der Stadt Huixtla, in der Zone Costa, wurden ganze Siedlungen beerdigt, andere verschwanden. Die zapatistischen UnterstützerInnen verloren ihre Häuser und ihre Rikschas [Dreiräder], mit denen sie ihren Lebensunterhalt als Taxifahrer und mobile Händler verdienten. In Tapachula waren ebenso viele Häuser betroffen und man verlor viele Habseligkeiten. Die autonome Schule wurde von Schlamm begraben. Das gesamte Ausmaß des Desasters ist unbekannt, denn viele Zapatistas sind weiterhin von der Kommunikation abgeschnitten. Dazu kommt, dass die Fischer, die UnterstützerInnen sind, noch immer nicht Fischen gehen können. In El Arenal verloren sie außerdem Häuser und Boote und ihre Wasserreservate wurden kontaminiert. Das Leben ihrer Kinder ist darüber hinaus durch die Krankheiten gefährdet, die die aufgestauten Gewässer mit sich bringen, die der Hurrikan hinterlassen hat. Die unerträgliche Hitze, die charakteristisch für die Zone ist, hat diese Gewässer in mögliche Infektionsherde für Dengue-Fieber und Malaria verwandelt.

Einen Monat nach dem Durchzug des Hurrikans sind die Bedürfnisse für alle Menschen groß und dringend. Die Hilfe, die die Regierung an die arme Bevölkerung ausgibt, ist gering. Essen für einen Tag und ein wenig mehr, d.h. nichts für Männer und Frauen oder für ganze Familien, die alles verloren haben. Die zapatistischen UnterstützerInnen erbitten und akzeptieren - wie immer - keinerlei Regierungshilfe. Sie selbst organisieren sich und helfen sich gegenseitig und so überleben sie. Die erste Hilfe, die von der Junta der Guten Regierung von La Realidad gesammelt wurde (Essen, Kleidung und Medikamente, um die dringendsten Bedürfnisse zu befriedigen) kam so schnell an, wie es ging, und sie kommt weiter an, durch die Hilfe der Gemeinden und der Zivilgesellschaft. Die betroffenen Zapatistas machen mit Herz und Kraft weiter. Der Glaube an den Kampf und die Solidarität ihrer Comaņer@s nährt sie, um weitermachen zu können, oder besser, um weiterkämpfen zu können, um ihr Leben aufzubauen, ihre Autonomie zu stärken und ein weiteres Mal bei Null anzufangen... In dieser Etappe müssen sie zusätzlich zu dem Wiederaufbau ihrer Häuser ihre Produktionsmittel und ihre Subsistenz wieder erlangen.

Es wäre wichtig, dass die Kräfte der Unterstützung und die internationale Solidarität diese Realität zur Kenntnis nehmen.

gezeichnet: internationale Compas, die in Chiapas anwesend sind.

von: "Col.lectiu de Solidaritat amb la Rebel.lió Zapatista" 4.11.2005


***
Übersetzung: Gruppe B.A.S.T.A.


- SPENDEN -

Wer spenden möchte, schickt bitte eine Email an
gruppeBASTA[at]gmx.de, um die Kontodaten zu erhalten.
Spenden sind wichtig, auch kleine Beträge lohnen sich!
Unsere Solidarität ist jetzt gefragt!

Solidarische Grüße, Gruppe B.A.S.T.A. 4.11.2005



San Cristóbal de Las Casas, Chiapas, Mexiko, 12. November 2005

An die Medien
An die öffentliche Meinung

Wir, die unterzeichnenden Organisationen, Beteiligte am Netzwerk Ziviler Organisationen (Red de Organizaciones Civiles), einem NICHT-Regierungsorgan zur Bekämpfung der Notlage in Chiapas, erklären auf der Grundlage der Arbeit, die wir seit Beginn der durch die Regenfälle in Chiapas entstandenen Notsituation geleistet haben, und der Berichte, die wir bis heute direkt aus den verschiedenen betroffenen Gebieten erhalten haben:

1.- Es sind noch immer nicht alle betroffenen Gemeinden zugänglich. Die Zahl der Todesopfer ist bagatellisiert worden, und bis heute gibt es keine zuverlässige Angaben darüber. In den Erhebungen der Regierungsinstanzen wurden betroffene Gemeinden, Flüchtlinge, Todesopfer, Material-, Ernte- und Produktionsmittelverluste teilweise nicht erwähnt.

Im gestern veröffentlichten Bericht Pablo Salazars ist die Rede von um die 700,000 Menschen, die "von der Außenwelt abgeschnitten waren, Probleme mit der Lebensmittelversorgung hatten oder anderweitig betroffen waren", und 420,000 verteilten Lebensmittelpaketen; das würde bedeuten, dass es die Regierung geschafft hat, innerhalb von einem Monat und einer Woche weniger als ein Lebensmittelpaket pro Person zu verteilen, was absolut unzureichend ist. Im gleichen Dokument wird berichtet, dass "derzeit 44 Notunterkünfte eingerichtet worden sind, wo 7596 Menschen betreut werden. Etwa 130,000 Menschen erhalten Hilfe in Pfarreien sowie in von unserem Nothilfenetzwerk eingerichteten Notunterkünften und Zufluchtsstätten."

Nach unserer Rechnung sind noch immer 200,000 Menschen von der Katastrophe betroffen.

Die betroffenen Gemeinden und Menschen werden nicht ernst genommen, was ihre eigenen Bedürfnisse und ihre organisatorischen und / oder kommunitären Prozesse in der Formulierung der Hilfsstrategien und der Wiederbelebung der Wirtschaft sowie der Behebung der Umweltschäden betrifft. 2.- Noch immer sind von Hurrikan Stan betroffene Gebiete durch zerstörte Wege, Straßen und Brücken gefährdet und eingeschränkt.

Die dringlichen Hilfsgesuche aus den abgeschnittenen Gebieten wurden ignoriert, und die zuständigen Instanzen haben weder Helikopter noch andere geeignete Mittel zur Verfügung gestellt. 3.- Die humanitäre Hilfe ist noch immer nicht ausreichend, was Ernährung, Gesundheit, Unterkunft, Kleidung und Hygieneartikel betrifft. Besondere Bedürfnisse von Kindern, Frauen und alten Menschen werden nicht berücksichtigt, weder in den zugänglichen noch in den abgeschnittenen Gebieten.

4.- Wir sind insbesondere wegen des schlechten Zustandes der Trinkwasserquellen beunruhigt. Sie können die Ursache von Dengue-Fieber, Tuberkulose, Magen-Darm-Erkrankungen, Hautkrankheiten und Erkrankungen des Nervensystems sein. Dafür gibt es keine adäquaten Behandlungen.

5.- Die Situation der Menschen, die in Herbergen, Privatunterkünften, bei Familien und in Gemeindehäusern untergebracht werden mussten, ist nicht nur schlimm, sondern wird mittlerweile untragbar aufgrund der fehlenden Koordinierung zwischen den Bundes- und Staatsinstanzen sowie des Bürgerschutzes und wegen der Zentralisierung und diskriminierenden Verteilung der Hilfsmittel.

Dazu kommt, dass die Regierungsinstanzen die Geschädigten dazu zwingen wollen, sich in die Herbergen zu begeben, wo sie sich weit entfernt von den Orten befinden, wo sie vor den Regenfällen gelebt haben oder wo sie arbeiten oder lernen.

Regierungsinstanzen wie Sedeso oder Sedesol haben Familien die Rückkehr in ihre Gebiete angeboten, welche von Erdrutschen oder Überschwemmungen usw. heimgesucht wurden, ohne die Situation vor Ort zu prüfen.

6.- Die Verzweiflung der Menschen aufgrund von Hunger, dem Verlust der Ernte oder überhaupt der Mittel zum Überleben, das Fehlen einer Zukunftsaussicht und effektiver Sicherheitsmaßnahmen führt zu klaren Symptomen sozialer Zersetzung. Die Notsituation wurde noch lange nicht behoben, sondern sie wird im Gegenteil immer schlimmer und komplexer. Deswegen haben wir folgendes beschlossen:

a) Dieses dringliche Kommuniqué an die Medien zu schicken und der nationalen und internationalen öffentlichen Meinung zugänglich zu machen; uns an humanitäre Hilfseinrichtungen sowie Einrichtungen zum Schutz der Menschenrechte und der Grundrechte zu wenden, um Hilfe, Unterstützung und Beistand für die betroffenen Gemeinden zu ersuchen, deren Bedürfnisse vom mexikanischen Staat weder anerkannt noch befriedigt werden.

Nationale und internationale Organismen, Menschen, Gruppen und Initiativen anzusprechen, die wegen der ernsten Situation besorgt sind, die wir anprangern und der vom mexikanischen Staat nicht ausreichend begegnet wird, damit sie Aktionen der Begleitung, Beobachtung und Überwachung der Respektierung der Rechte der Geschädigten durchführen und deren Beteiligung bei den Prozessen betreffs der Notlage, Rehabilitation, Rekonstruktion und der Implementierung von Maßnahmen zur Prävention von Katastrophen fördern. Dazu gehört die Begleitung, Beratung und direkte Zusammenarbeit zur Erarbeitung zuverlässiger geomorphologischer Studien, die nicht an politische Interessen geknüpft sind und deren einziges Ziel das Gemeinwohl ist. Die entsprechenden Instanzen dringlich aufzuordern, dass sie dem Wiederaufbau von Wegen und Brücken Vorrang geben und diese effektiv durchführen.

b) Den direkten Dialog unseres Netzwerkes und der Betroffenen selbst mit den entsprechenden Instanzen zu fordern, um zu erreichen, dass die Hilfe in angebrachtem und ausreichendem Maß ankommt und die speziellen Bedürfnisse von Frauen, Kindern und alten Menschen in Übereinstimmung mit dem internationalen Menschenrecht berücksichtigt werden.

c) Die Staats- und Bundesregierung, humanitäre Organismen, Kirchen und die Zivilgesellschaft dazu aufzufordern, dafür zu sorgen, dass die Hilfe nicht an politische Gesinnungen, Glauben oder Geschlecht oder die Zugehörigkeit zu einer Klasse oder Ethnie geknüpft wird.

Wir anerkennen und begrüßen andere Anstrengungen der Gesellschaft im allgemeinen und der direkt betroffenen Gemeinden sowie die Legitimität ihrer Bedürfnisse, ihre Kapazität zur Organisation und die Wege, die sie angesichts der Notsituation als Handlungsmöglichkeiten eröffnet haben.

Mit hochachtungsvollen, dringlichen und solidarischen Grüßen,

Mitglieder des Netzwerkes Ziviler Organisationen, NGOs für die Notlage in Chiapas

CARITAS SAN CRISTÓBAL; CARITAS TAPACHULA ; CENTRO DE DERECHOS HUMANOS FRAY MATÍAS DE CÓRDOVA; AC CENTRO DE DERECHOS DE LA MUJER DE CHIAPAS; AC ALIANZA CIVICA CHIAPAS AC; DESMI, AC; EAPSEC, AC; PUENTES SOCIALES SUR, AC. FUNDACIÓN LEÓN XIII; AC. HABITAT PARA MÈXICO; AC CENTRO DE DERECHOS HUMANOS FRAY BARTOLOMÉ DE LAS CASAS.AC

Area de Comunicación Social Centro de Derechos Humanos Fray Bartolomé de Las Casas A.C. Telefon: 00 52 (967) 6787395 - 6787396 - 6783548 Brasil 14 Barrio de Mexicanos, CP 29240 San Cristóbal de las Casas, Chiapas. México http://www.frayba.org.mx

Das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas A.C. (FrayBa) ist eine Organisation zur Förderung und Verteidigung der Menschenrechte im Bundesstaat Chiapas, Mexiko. Hauptprämissen seiner Arbeit sind: Der integrale und unteilbare Charakter der Menschenrechte, der Respekt der kulturellen Vielfalt und des Rechts der indigenen Völker auf Selbstbestimmung. Integrale Gerechtigkeit als Voraussetzung für Frieden. Entwicklung einer Kultur des Dialogs, der Toleranz und Versöhnung in Hinblick auf kulturelle und religiöse Vielfalt. Das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas A.C. ist eine gemeinnützige Nicht-Regierungsorganisation.

*** Übersetzung: Katja