Besuch in Caracol I - La Realidad
15. Juli 2010
Die europäische Brigade in Solidarität mit der zapatistischen Bewegung ist im Caracol I „Madre de los caracoles del mar de nuestros sueños“ (dt.: „Mutter der Schneckenhäuser des Meeres unserer Träume“) angekommen, das in der Gemeinde La Realidad im Grenzgebiet [zu Guatemala] liegt.
Die Verantwortlichen der Junta de Buen Gobierno (JBG) (dt.: Rat der Guten Regierung) berichten im Gespräch über die Repression, die sie erleiden, über die schlimme Verwüstung des Biosphärenreservats „Montes Azules“ und erzählen der Brigade, wie versucht werde, sie aus den Gemeinden zu vertreiben und umzusiedeln, und dass ihnen dazu sogar „Entschädigungen“ von 200.000 Pesos angeboten würden. Diese massiven Vertreibungen – so versichern sie - hingen direkt mit „der Privatisierung und der Plünderung der natürlichen Ressourcen zusammen“, in einer Zone, die reich an Artenvielfalt sei. Sie nannten einige von diesen Ressourcen: Wasser, Öl, Holz oder pharmazeutische Interessen.
„Die Erde gehört dem, der sie bestellt, und wir werden nicht zulassen, dass sie sie uns entreißen“, erklärte die JBG. In diesem Zusammenhang kam es jüngst zu einer Intervention der mexikanischen Bundesarmee in den Gemeinden des unabhängigen Landkreises „Tierra y Libertad“, unter dem Vorwand, Waffen in den Häusern der Bauern und Bäuerinnen zu suchen.
Im Kontext der Fortschritte der zapatistischen Autonomie informierte die JBG die Solidaritätsbrigade über die Sektoren Gesundheit, Bildung und Kultur, über die Funktionsweise der unabhängigen Regierung in dieser Zone sowie über die Justiz und die öffentliche und unabhängige zapatistische Bank.
Gesundheit:
In der Region wurden ein sehr umfangreiches Krankenhaus, das auch als Schule fungiert, sowie drei kleine Gemeindekliniken aufgebaut. In allen Dörfern gibt es Gesundheitspromotor_innen. Sie sprachen über die Bedeutung der traditionellen Medizin, die in drei Bereichen, der Heilkräuterkunde, der Hebammen und der hueser@s (dt. in etwa: „Knochenkundigen“), Anwendung findet. Ebenso hoben sie die Wichtigkeit der Vorbeugung hervor, in der sie sich nach 47 Punkten richten, wie z.B. hygienische Maßnahmen in allen Bereichen des Lebens. Außerdem richtete sich eine Gesundheitpromotorin an die Brigade und erzählte, dass weitere Arbeiten im Bereich der „Sexual- und Reproduktionsgesundheit“ in Kürze beginnen würden. Dank der Fortschritte in der rebellischen Gesundheit sei die Kinder- und Müttersterblichkeit bedeutend gesenkt worden.
Bildung:
In dieser Region des unabhängigen rebellischen Gebietes existieren vier Bildungsschritte:
die Vorstufe „Erwachen“, die zweite Stufe „ Neuer Tagesanbruch“ und die dritte Stufe „Weg zur Zukunft“. Außerdem erklären sie, dass es für die Erwachsenen, die an Alphabetisierungskursen teilnehmen möchten, entsprechende Möglichkeiten gebe. „Die Promotorinnen und Promotoren erhalten keine Gehälter, sondern Unterstützung bei den gemeinschaftlichen Arbeiten und Mahlzeiten“.
Kultur:
„Unsere Großeltern haben sehr viel Erfahrung, obwohl sie nicht in der Schule waren. Sie sind sehr wertvoll für unsere Kultur.“, erläutern die Zapatistas. Außerdem halten sie die Musik für eine wichtige Form des kulturellen Ausdrucks.
Funktionsweise der Junta de Buen Gobierno (JBG):
„Wir werden von den Dörfern durch einen Konsens ernannt, Wahlurnen sind nicht nötig“. Die JBG besteht aus 24 Mitgliedern, 12 Männer und 12 Frauen aus den vier Gemeinden. Sie rotieren in ihren Ämtern.
Die Andere Justiz:
„Wer das Recht verletzt, muss Gemeinschaftsarbeit machen. Nicht so wie bei „der schlechten Regierung“, die „die Menschen für viele Jahre einsperrt und Geldbußen verlangt“. Die Personen, die einen Fehler machen, müssen das Gemeinwohl unterstützen, sagt die JBG. Außerdem reden sie davon, wie sie vorgehen, wenn sie Menschenhandel-Mafias (sehr häufig in dieser Zone) ausfindig machen: Sie nehmen die Menschenhändler fest und „lassen die Brüder und Schwestern, die Arbeit suchen, weiterziehen“.
Und zuletzt erzählen sie der Brigade von dem für die Autonomie sehr neuen Projekt: Die öffentliche und autonome Bank der Zapatistas (BANPAZ). Sie sagen, dass es eine antikapitalistische Bank sei, die eine feste Menge an Geld habe. Darlehen würden nur im Fall von Krankheiten gegeben, um sich gegenseitig zu unterstützen und dadurch die Kreditschwierigkeiten, die oft durch Gesundheitsprobleme entstanden sind, zu lösen.
***
Übersetzung: Gruppe B.A.S.T.A.