Wut in Widerstand verwandeln
Internationales »Festival der würdigen Wut« in Mexiko zu Ende gegangen
Von Luz Kerkeling, San Cristóbal, Chiapas
Das zweiwöchige »Weltweite Festival der würdigen Wut«, zu dem die Zapatistische Armee zur Nationalen Befreiung (EZLN) im vergangenen September aufgerufen hatte, ist Anfang dieser Woche zu Ende gegangen. Das Großereignis, das zunächst in Mexiko-Stadt, dann im Gebiet der Rebellen der EZLN in Oventic in Chiapas und schließlich auf dem Gelände der pro-zapatistischen unabhängigen »Universität der Erde« in San Cristóbal durchgeführt wurde, zog über Zehntausend Besucher, vor allem aus Mexiko, an.
Kleinbäuerliche und indigene soziale Bewegungen, wie die weltweit operierende Organisation »Via Campesina« oder der »Nationale Indigene Kongreß« (CNI) aus Mexiko, wiesen auf die Notwendigkeit einer auf regionalen Produkten basierenden Ernährung der Menschen und der Abkehr von der exportorientierten Sachzwanglogik des Weltmarkts hin. Anders könne eine Weiterexistenz der in ländlichen Gebieten ansässigen Bevölkerungsgruppen nicht ermöglicht werden.
Die Vertreter von »Via Campesina« verurteilten die Nutzung gentechnisch veränderten Saatguts durch multinationale Großkonzerne: »Unsere kleinbäuerliche Landwirtschaft kann ein Ausweg für die Welt sein. Wir produzieren im Einklang mit der Natur. Wir schützen die ursprünglichen Sämereien«, so Carlos Marentes, Sprecher der Gewerkschaft der Landarbeiter in der Grenzregion USA–Mexiko, die Mitglied von »Via Campesina« ist.
Sylvia Marcos, feministische Aktivistin aus Mexiko, hob hervor, daß der Widerstand der in der EZLN organisierten Frauen aus den ländlichen Gemeinden erheblich dazu beigetragen habe, daß sich der urbane, akademische Feminismus und der der kämpfenden bäuerlich-indigenen Frauen einander annähern konnten.
Ein weiteres Thema des internationalen Treffens war neben alternativen Formen von Kultur die Kritik an den herrschenden Medien und die Suche nach einem ethischen Journalismus »von unten für unten«.
Die mexikanische Journalistin und Autorin Gloria Muñoz Ramírez betonte in einem Interview, daß es bei einem neuen, »anderen Journalismus« darum gehe, »die permanente und massive Repression, die die großen Medien verschweigen, bekanntzumachen«. Eine weitere Aufgabe sei es, »über die Organisationen, die gegen den Kapitalismus kämpfen, zu informieren«. Besonders wichtig sei es, diese Organisationen miteinander zu vernetzen.
Bei dem Treffen trat nach einem Jahr medialer Abwesenheit auch wieder Subcomandante Marcos, Sprecher und Militärkommandeur der EZLN, auf, der die Gelegenheit nutzte, die politische Situation und die Politik der EZLN und weiterer außerparlamentarischer Gruppen aus dem direkten Umfeld zu erläutern. Marcos rief die anwesenden Aktivisten dazu auf, trotz aller Differenzen einen parteiunabhängigen linken Kampf »gegen den Kapitalismus und für die Menschheit« zu führen. Gleichzeitig bat er die Anwesenden, nicht nach einer Homogenisierung der sozialen Bewegungen zu streben: »Machen wir aus unserer Stärke keine Schwäche. Daß wir so viele und so verschieden sind, wird uns erlauben, die sich nähernde Katastrophe zu überleben und etwas Neues aufzubauen«.
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