Stuttgart, 27. April 2008
PRESSEERKLÄRUNG
Besorgnis wegen Hungerstreik politischer Gefangener in Chiapas
Die deutsche Menschenrechtskoordination ist besorgt über die Lage von
Personen, die sich in diversen Gefängnissen von Chiapas/Mexiko im
Hungerstreik befinden. Wir schließen uns diesbezüglich dem Aufruf der
Gruppe "Paz con Democracia" vom 12.3.2008 sowie der Eilaktion des
Menschenrechtszentrums "Fray Bartolomé de Las Casas" vom 8.3.3008 an.
Die unterzeichnenden Organisationen fordern den Gouverneur von Chiapas,
Herrn Lic. Juan José Sabines Guerrero, dazu auf, sich als Regierungschef
des Bundesstaates Chiapas der Forderungen der gefangenen Indigenen
anzunehmen. Aufgrund der uns zur Verfügung stehenden Informationen gehen
wir von folgendem Sachverhalt aus:
Aus Protest gegen seine willkürliche Festnahme vor fünf Jahren und eine
falsche Anklage begann der Angehörige des indigenen Volkes der Tzotzil,
Zacario Hernández Hernández, Katechet aus dem Ort "Tres Cruces" (San
Juan Chamula, Chiapas), am 12. Februar 2008 einen Hungerstreik. Seitdem
haben sich insgesamt 36 indigene Gefangene in diversen Haftanstalten
(Ceresos) in Chiapas dem unbegrenzten Hungerstreik angeschlossen. Die
hieran Beteiligten sehen sich als politische Gefangene. Der Protest soll
solange fortgesetzt werden, bis die ihnen gegenüber begangenen
Menschenrechtsverletzungen zugegeben und ihre Rechte wieder hergestellt
werden.
Die einsitzenden indigenen Gefangenen geben an, dass ihnen eine
unmenschliche Behandlung widerfahren sei, grundlegende Rechte während
ihres Strafverfahrens missachtet worden und unter Folter Geständnisse
erpresst worden seien. Dieses Vorgehen von staatlicher Seite sei bis
heute straffrei geblieben.
Im Hungerstreik befinden sich mittlerweile noch 15 Gefangene im
Gefängnis Nr. 14: Alberto Patishtan Gómez, José Luis López Sánchez,
Julio César Pérez Ruiz, José Pérez Pérez, Marcelino Díaz González, Ramón
Guardaz Cruz, Jorge López López, Antonio Díaz Ruiz, Antonio Gómez Díaz,
Miguel Gómez Gómez, Domingo Cruz Gómez, Mateo Hernández Bautista, Rubén
Jiménez Pablo, Enrique López Hernández, Pável Vázquez Cruz
10 Gefangene im Gefängnis Nr. 5: Tiburcio Gómez Pérez, Pedro Guadalupe
Enríquez Santiz, Julio Cesar Méndez Luna, José Luis Gómez Morales, Diego
Rodríguez Hernández, Guadalupe Gómez Cruz, Manuel Ruíz Hernández,
Antonio Ruíz Pérez, Mario Jiménez López, Agustín Rodríguez Jiménez
11 Gefangene im Gefängnis Nr. 17: Pablo Sánchez Gómez, Elias Sánchez
Gómez (padre), Elias Sánchez Gómez (hijo), Timoteo Sánchez Gómez, Fausto
Sánchez Gómez, José Sánchez Gómez, Felipe Sánchez Gómez, Esteban Sánchez
Gómez, Pablo Gutiérrez Hernández, Javier Sánchez López, Fidencio Sánchez
Gutiérrez
Gestützt auf die begründete Annahme, dass rechtsstaatlich garantierte
Prozessrechte der beschuldigten Personen nicht eingehalten wurden und
ihre persönliche Integrität verletzt wurde, erinnern wir den
mexikanischen Staat an die Ratifizierung der Interamerikanischen
Menschenrechtskonvention. Durch sein Verhalten hat er das Recht auf
Leben (Art. 4), auf körperliche Integrität ohne Einwirkung von Folter
(Art. 5.1, 5.2), das Recht auf persönliche Freiheit (Art. 7), das Recht
auf ein rechtsstaatliches Verfahren (Art. 8) sowie juristischen Schutz
(Art. 25) der Hungerstreikenden verletzt.
Die Freilassung von Zacario Hernández Hernández am 18. März 2008 sehen
wir als Zeichen der Bereitschaft der chiapanekischen Regierung, sich mit
der Problematik auseinanderzusetzen. Aufgrund der lebensbedrohlichen
Situation der weiteren Insassen und des Unrechts, das ihnen widerfahren
ist, appellieren wir an die Verantwortung des mexikanischen Staates
gegenüber den verbleibenden Gefangen und schließen uns folgenden
Forderungen an:
- Dass die Regierung des Bundesstaates Chiapas sowie die nationale
Regierung unverzüglich und in angemessener Weise auf die Forderungen zum
Schutz, zur Respektierung und zur Garantie der Menschenrechte eingehen,
welche die im Hungerstreik befindlichen indigenen Gefangenen der
Tzotziles und Tzeltales in den Gefängnissen 5, 14 und 17 stellen.
- Dass die Betroffenen für die Jahre, in denen sie zu Unrecht ihrer
Freiheit beraubt worden sind und für die damit einhergehenden
moralischen und physischen Schädigungen eine angemessene Entschädigung
erhalten.
- Dass die Strafvollzugsanstalten das Recht auf Unversehrtheit der
Gefangenen im Hungerstreik garantieren und Akte der Züchtigung durch das
Wachpersonal effektiv verhindern.
Im Namen der Koordination
Carola Hausotter (Koordinatorin)
Unterzeichnende Organisationen: ALASEI, Amnesty International (Deutsche
Sektion), Brot für die Welt, CAREA e.V., Fachhochschule für
Sozialpädagogik/Hamburg, FIAN Deutsche Sektion, Menschenrechtsreferat
des Diakonischen Werkes der EKD, Mexiko-Initiative Köln/Bonn,
Missionsprokur der deutschen Jesuiten, Missionszentrale der
Franziskaner, Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit e.V., Pax
Christi (Solidaritätsfonds Eine Welt) und Promovio e.V.
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