Raub und Drohungen der gewaltsamen Vertreibung gegen Kriegsvertriebene
zapatistische Unterstützungsbasen (BAZ)
Zentrum für Politische Analyse und Soziale und Wirtschaftliche
Nachforschungen (CAPISE) 28. Juli 2007
Raub und Drohungen der gewaltsamen Vertreibung gegen Kriegsvertriebene
zapatistische Unterstützungsbasen (BAZ)
Bericht: 24 de Diciembre
Die Ejido-Union der Selva - Teilhaber und Kaffee-Hauptlieferanten für
die nationale Cafeteria-Kette "El Café La Selva" - hat ein Feldzug
gegen kriegsvertriebene Zapatistische Unterstützungsbasen (BAZ) des
Dorfes 24 de Diciembre begonnen, im autonomen Bezirk San Pedro de
Michoacán, offizieller Bezirk Las Margaritas, in der Selva Region des
Bundesstaates von Chiapas.
Die Methode, die Taktik und die Strategie stellen sich weiterhin
systematisch dar; Ziel und internes Feindbild für den mexikanischen
Staat bleiben nach wie vor die zapatistischen Gemeinden, ihre
autonomen Autoritäten und die EZLN. Durch Einsatz der mexikanischen
Bundesarmee, beabsichtigt der Chef der Bundesexekutive und höchster
Befehlshaber der mexikanischen Streitkräfte eine anti-zapatistische
Contra zu bilden und aufzustellen, die auf Landraub und gewaltsame
Vertreibung zapatistischer Bevölkerungen ausgerichtet ist.
Wie bereits in der Studie "Das Gesicht der Krieges", das im Juli
diesen Jahres erschienen ist, klagt dieses Zentrum in dem
vorliegenden Bericht erneut die Taten und Verlautbarungen an, die
sich stets wiederholen: wo auch immer es indigene Niederlassungen
unter militärischer Besetzung gibt, gibt es Konflikte um das Land und
die Gebietskontrolle, durch Landenteignungen und Androhungen von
gewaltsamen Vertreibungen. Die EZLN-feindlichen Organisationen werden
benutzt oder neu geschaffen, um diese Konfrontationen und
Enteignungen zu schüren. Gegenwärtig wird für diese Zwecke die Ejido-
Union der Selva benutzt, aber es ist gerade die Ejido-Union der
Selva, die sich wohlüberlegt und mit voller Absicht für diese
finsteren Zwecke zur Verfügung stellt.
Hintergrund
Das Dorf 24 de Diciembre umfasst eine Landfläche von 525 Hektar.
Dieses Land wurde von der Zapatistischen Armee der Nationalen
Befreiung in Januar 1994 befreit. Der Ex-Gouverneur des Bundesstaates
Chiapas (1982-1988) und ehemaliger Besitzer dieses Landes war General
Absalón Castellanos Domínguez [1]. Am 17. April 1994, übergaben die
zapatistischen Autoritäten und Befehlshaber die 525 Hektar befreiten
Landes an 45 indigene Familien von zapatistischen
Unterstützungsbasen.
Nachdem sie das Land fast 11 Monate lang bearbeitet hatten (April
1994 - Februar 1995), startete die mexikanische Bundesarmee am 9.
Februar 1995 ein Großangriff zu Luft, Land und Wasser gegen die EZLN
und ihre Unterstützungsbasen, und die 45 Familien des Dorfes 24 de
Diciembre (vormals Ejidatarios des Dorfes Nuevo Momón) waren
gezwungen sich in die Berge des Tojolabal Urwaldes zurückzuziehen um
dem militärischen Angriff zu entkommen. Nach mehr als 8 Tagen ohne
Nahrungsmittel und Unterkunft, fanden die Einwohner von 24 de
Diciembre Unterschlupf und Obdach in einem Dorf, in dem sie fast ein
Monat lang blieben. In diesem Zeitraum setzte die mexikanische
Bundesarmee die Jagd nach den Compaņer@s zapatistische
Unterstützungsbasen fort, mit Patrouillen und Verhören von
Dorfbewohnern der verschiedenen Gemeinden. Die 45 Familien des Dorfes
24 de Diciembre fanden fünf Jahre lang Zuflucht in einem anderen,
weiter entfernten Dorf; als sie aufgrund von Mangel an Land, Holz und
Häuser nicht länger dort bleiben konnten, fanden sie erneut sieben
Jahre lang Aufnahme in einem weiteren Dorf. Das heißt, diese Familien
haben mehr als 12 Jahre lang als Kriegsvertriebene gelebt. [2]
Als diese Unterstützungsbasen in Februar 1995 vor dem Angriff der
mexikanischen Bundesarmee in die Berge flüchteten, waren sie
rechtlich gesehen alle Ejidobewohner von Nuevo Momón. Am 24. Dezember
2006, übergaben die zapatistischen Autoritäten ihnen erneut die 525
Hektar befreites Land. 31 der 45 Familien kehrten auf ihr Land und zu
ihren Häusern (oder dem was von ihnen übrig war) zurück. Die übrigen
Familien kehrten nicht zurück, da sie sich in den Dörfern, in die sie
aufgenommen worden waren, fest niedergelassen hatten. Der Name des
Dorfes 24 de Diciembre entspricht dem Datum ihrer Rückkehr im Jahr
2006. Als die Bewohner von 24 de Diciembre das Land im April 1994 in
Besitz genommen hatten, hatte das Dorf noch keinen Namen.
Heute entsprechen die 31 Familien des Dorfes 24 de Diciembre einer
Bevölkerungszahl von 145 Personen, 35 Jungen, 40 Mädchen, 31
Familienmütter, 31 Familienväter und 9 Jugendliche (4 Frauen, 5
Männer). Ihnen allen droht erneut die Enteignung, gewaltsame
Vertreibung und die Rückkehr zum Dasein als Kriegsvertriebene.
In den 12 Jahren, in denen die Familien der zapatistischen
Unterstützungsbasen als Kriegsvertriebene leben mussten, wurde
General Absalón Castellanos von der Behörde für Agrarreform (SRA) für
den Verlust seines Land, mittels eines Enteignungsdekrets und einer
Treuhand entschädigt. In 1998 übergab die Regierung ihrerseits die
525 Hektar, die den Einwohnern von 24 de Diciembre gehörten, an
Mitglieder der Ejido-Union der Selva aus den Dörfern von Nuevo Momón,
Cruz de Rosario und El Edén, die dem geraubten Land den Namen
"Gracias a Dios" gaben. Auf dieser Grundlage drohen Mitglieder der
Ejido-Union der Selva die 31 Familien von zapatistischen
Unterstützungsbasen zu vertreiben.
Jüngste Ereignisse
Wie fast immer haben die Geschichten um das Land und die Gebiete der
zapatistischen und nicht-zapatistischen indigenen Gemeinden eines
gemeinsam: die Enteignung. Der Aussage eines Erwachsenen aus dem Dorf
24 de Diciembre lautet: "Das ist unser Herkunftsort. Wir sind auf
diesem Gebiet geboren. Wir wurden von Absalón vertrieben. Wir zogen
in das Ejido Nuevo Momón, und wurden vertrieben. Das Land, das wir
dort hatten, wurde uns weggenommen. Sie brachen unsere Häuser auf und
teilten sie untereinander auf. Aber wir werden schon müde. Die Geduld
geht zur Neige", sagt der Mann. "Meine Großeltern lebten auf dieser
Finca des Doktors Belisario Domínguez, zu der Zeit als Porfirio Díaz
regierte. Die Seņores Matías und Absalón Castellanos (nacheinander
Eigentümer von El Momón), haben uns das Land niemals zurückgegeben.
Wir mussten einen bewaffneten Aufstand führen, damit sie weggehen."
Am Dienstag, den 17. Juli 2007, gegen 9:00 Uhr Morgens, fielen 65
Männer der Ejido-Union der Selva aus den Dörfern Nuevo Momón, Cruz de
Rosario und El Edén, in das Land der autonomen Gemeinde 24 de
Diciembre, autonomer Bezirk San Pedo de Michoacán, ein. Acht der
Invasoren bewachten die Zugänge zum Dorf. Die 57 Personen, die
eintraten, marschierten auf einschüchterne Weise mit erhobenen
Macheten an den Häusern des Dorfes vorbei, und führten Säcke,
Rucksäcke und Kübel mit sich.
Sie setzten sich an eine Stelle fest, die den Zugang des Dorfes zu
den Maisfeldern versperrte, hier postierten sie sich und schlugen ein
ständiges Lager auf, ganz in der Nähe des Militärcamps im Ejido
Momón. Sie fällten Bäume und raubten den zapatistischen
Unterstützungsbasen mehr als 35 Stützpfosten, um ihre 12 Meter langen
Häuser zu errichten.
Vor wenigen Tagen übergaben die Einwohner von Nuevo Momón, Cruz de
Rosario und El Eden, Mitglieder der Ejido-Union der Selva, einen
Drohbrief, in dem sie den Zapatistischen Unterstützungsbasen des
Dorfes 24 de Diciembre eine Frist von 72 Stunden setzten um das
Grundstück zu räumen, um "eine Konfrontation zwischen Campesinos zu
vermeiden"; sie forderten die "freiwillige Räumung" und warnten, dass
sie "bereit sind Blut zu vergießen".
Unterzeichnet ist der Brief von einem vermeintlichen
Ejidobeauftragten Miguel Cruz Hernández und dem Betriebsrat Flavio
Hernández López, aus dem vorgeblichen Dorf Gracias a Dios.
Die Invasoren der Ejido-Union der Selva aus Nuevo Momón und Cruz de
Rosario sind mit dem Militärlager aus dem Ejido Momón, nahe 24 de
Diciembre koordiniert; tatsächlich haben sich die Mitglieder der
Ejido-Union der Selva weniger als 500 Meter vom Militärcamp entfernt
eingenistet. Sie betreten völlig offen und ungeniert das Militärcamp
mit Papieren und kommen mit Kübeln unbekannten Inhalts wieder hinaus.
Am gleichen Tag als die Mitglieder der Ejido-Union der Selva in das
Land eingefallen sind, installierte sich die Sektorpolizei zeitweilig
nahe der Ausfahrt nach Matias Castellanos, wenige Meter von dem Ort,
an dem sich die Invasoren niedergelassen haben.
Das Militärlager wurde in Februar 1995 installiert und besetzte 24
der 525 Hektar Land, das einst von der EZLN befreit wurde. Das Lager
vereint zwei Einheiten, das 91. Infanteriebataillon (91°. BI) und das
20 Infanteriebataillon (20°. BI). Das 91°. BI gehört zu den
Sondereinheiten der Luftwaffe (GAFE), mit Hauptquartier auf dem
Militärflughafen von Copalar, in der Nähe von Comitán; Das 20°. BI
ist auf zwei verschiedene Militärzonen verteilt, und nach
vorliegenden Informationen, unterliegt diese Militäreinheit nicht der
Jurisdiktion von Chiapas, sondern Mexiko Stadt.
Die Unverfrorenheit der Strategie ist auch eine Schande. Das
zapatistische Dorf 24 de Diciembre wird nicht nur von dem
Militärlager aus Ejido Momón flankiert, sondern auch von dem
Militärlager aus dem Dorf El Edén, wo die 11. leichte
Infanteriekompanie (11a. CINE) untergebracht ist. Das heißt, von den
Dörfern, die versuchen die zapatistischen Unterstützungsbasen des
Dorfes 24 de Diciembre zu berauben und zu vertreiben, haben Nuevo
Momón und El Edén beide militärische Abteilungen, und Cruz del
Rosario befindet sich in deren unmittelbarer Umgebung.
Neben den Einwohnern von Nuevo Momón, Cruz del Rosario und El Edén,
sind auch jene von Olonjá, Santa Fé und Ojo de Agua in die Sache
verwickelt, alle Angehörige der Ejido-Union der Selva. Damit nicht
genug, sie alle besitzen auch bereits Land, einschließlich jenes, das
vormals den zapatistischen Unterstützungsbasen gehörte. Die meisten
von ihnen sind Ejidatarios aus Nuevo Momón. Sie besitzen aber auch
Land in Olonjá, Santa Fé und Ojo de Agua, und als ob dies noch nicht
reichte, wollen sie auch die 525 Hektar Land, das von der EZLN in
1994 mit Blut und Feuer berfeit worden ist.
Einige der Namen der Mitglieder der Ejido-Union der Selva, die in dem
Landraub und den Drohungen mit gewaltsamer Vertreibung gegen die
zapatistischen Unterstützungsbasen verwickelt sind lauten:
aus Olonjá:
1. Ricardo Pérez Velasco
2. Laurencio Cruz Velasco
3. Tomás Velasco Hernández
aus Santa Fe
1. Belisario Cruz Velasco
aus Ojo de Agua
1. Lorenzo Juárez López
2. Armando Alfaro
aus Cruz de Rosario
1. Belisario Jiménez López
2. Arturo Jiménez
3. Cicerón Pérez Cruz
aus Nuevo Momón
1. Lorenzo Juárez López
2. Alberto Velasco Hernández
3. Candido Hernández Hernández
4. Daniel Pérez Cruz
5. Abraham Hernández Hernández
6. Gilberto Cruz López
7. Matías Juárez López
8. Candido Santis López
9. Armando Hernández Hernández
10. Luis Cruz Hernández
11. Gonzalo Velasco Hernández
12. Natalio Hernández Cruz
13. Caralampio Hernández Hernández
14. Jorge Santiz Velasco
15. Carlos Cruz Juárez
Die letzten 15 Namen gehören zu einigen der Ejidatarios von Nuevo
Momón, die in das Dorf 24 de Diciembre eingefallen sind und sich
gegenwärtig dort aufhalten.
Paradoxerweise wurde die Cafeteria-Kette "El Café La Seva" - deren
Teilhaber und Hauptlieferant die Ejido-Union der Selva ist - mit dem
Preis "New Ventures 2002" ausgezeichnet, das vom Institut für
Ressourcen (Resources Institute) an Initiativen aus ganz Amerika
vergeben wird, die folgende grundsätzlichen Kennzeichen aufweisen:
a) soziale Entwicklung,
b) nachhaltige Entwicklung, und
c) unternehmerische Entwicklung.
Die Auszeichnung definiert das Café La Selva als eine der
kommerziellen Alternativen, deren "soziale und ökologische
Verantwortungssinn" zu den stabilsten in ganz Amerika gehört.
"(.) Anfang der 90er Jahren gelang es ihnen, die organische
Zertifikation der 'Organic Crop Improvement Association' (OCIA) und
'Naturland' zu erwerben".
"Zwei Drittel des angebauten Kaffees werden als grüner Kaffee
ungeröstet in Länder wie Holland, Dänemark, Deutschland, England, die
Vereinigten Staaten und Kanada exportiert. Ein Drittel wird geröstet
und über die Cafeteria-Kette vertrieben, mit Hilfe der Organisation
"Vínculo y Desarrollo" (Verbindung und Entwicklung)"
"Gegenwärtig gibt es 18 Vertriebsstellen für Café La Selva in Mexiko,
Europa und den Vereinigten Staaten". [3]
Der Aufruf
Das Zentrum für Politische Analyse und Soziale und Wirtschaftliche
Nachforschungen (CAPISE) ruft auf.
I. - An die mexikanische Zivilgesellschaft und Organisationen:
a) Eine nationale und internationale Informationskampagne über die
Repression der Ejido-Union der Selva und deren nationale Cafeteria-
Kette La Selva gegen zapatistische Unterstützungsbasen zu führen.
b) Die nationale Cafeteria-Kette Café La Selva zu boykottieren.
c) Protestschreiben an die Organic Crop Improvement Association
(OCIA) und Naturland, gegen die Vergabe der Zertifizierung als
organischer Kaffee an die Ejido-Union der Selva zu richten. Schreiben
sie an OCIA International unter: info@ocia.org.
II. - An die internationale Zivilgesellschaft und Organisationen:
a) Eine internationale Informationskampagne über die Repression der
Ejido-Union der Selva und deren nationale Cafeteria-Kette La Selva
gegen zapatistische Unterstützungsbasen zu führen.
b) Protestschreiben an die Organic Crop Improvement Association
(OCIA) und Naturland, gegen die Vergabe der Zertifizierung als
organischer Kaffee an die Ejido-Union der Selva zu richten. Schreiben
sie an OCIA International unter: info@ocia.org.
Anmerkungen
[1]. Der Ex-Gouverneur geriet in 1994 in Kriegsgefangenschaft, und
wurde vom Gerichtstribunal der EZLN dazu verurteilt "lebenslänglich
manuelle Arbeit in einer indigenen Gemeinde zu verrichten". Die EZLN
entschied jedoch in einer "Botschaft an die mexikanische Bevölkerung
und die Völker und Regierungen der Welt", das Urteil abzuändern und
ihn stattdessen dazu zu verurteilen "bis an sein Lebensende mit dem
Schmerz und der Schande leben zu müssen, die Begnadigung und Güte
jener empfangen zu haben, die er so lange erniedrigt, verschleppt,
ausgeplündert, beraubt und ermordet hat". La Jornada, 25. Januar
1994.
[2]. Für die Sicherheit und zum Schutz der Personen, die ihnen
Unterschlupf gewährten, haben die Einwohner von 24 de Diciembre darum
ersucht, die Namen der Dörfer, in denen sie Aufnahme gefunden haben
nicht zu erwähnen.
[3]. LEISA Zeitschrift für Agro-Ökologie, Vol. 21, Nr. 2 - Mehr als
Geld: Wirtschaftliche Implikationen der ökologischen Landwirtschaft.
"Über den Kampf um Land der Organisation Café La Selva", von José
Juárez Varela, Ejido-Union der Selva.
* * *
übs. von Dana
Quelle: http://www.capise.org.mx/
|