Marcos warnt Elorduy: Die Otra kehrt 2007 nach Baja California zurück
Delegado Zero übertritt die US Grenze für zwei Minuten
Marcos warnt Elorduy: Die Otra kehrt 2007 nach Baja California zurück
Hermann Bellinghausen
La Jornada.
Sonntag, 22. Oktober 2006
http://www.jornada.unam.mx/2006/10/22/008n1pol.php
Magdalena de Kino, Sonora., 21. Oktober. Beim Einzug der Anderen
Kampagne in das Gebiet von Sonora, legte Subcomandante Marcos nahe
Sonoyta einen Halt ein, stieg aus seinem Fahrzeug und marschierte bis
zum Sicherheitszaun, der das mexikanische Gebiet von dem der
Vereinigten Staaten trennt. Genau vor dem Schild mit der Aufschrift
"Überqueren verboten", übertrat er die Grenze und hielt sich etwa
zwei Minuten auf der anderen Seite auf, womit man sagen könnte, dass
der zapatistische Sprecher den Boden des Nachbarlandes bereits
berührt hat.
Hinter sich ließ er Mexicali, wo der Gouverneur Eugenio Elorduy
Walther sich mit den Reportern "solidarisierte", die angeblich Opfer
einer "Aggression" der Eskorte von Marcos geworden waren (ein
Vorfall, der nie stattgefunden hat, aber heute in dieser Version von
der staatlichen Presse aufgebauscht wurde). Der PAN-Regierende
feierte den Abzug der Anderen Kampagne aus Baja California, aber
Marcos mahnte ihn, dass es genau dieser Bundesstaat sein würde, in
dem die zweite Etappe der Otra in 2007 anfangen würde, mit der
Ankunft zapatistischer Unterstützungsbasen, die ein Camp bei den
indigenen Cucapá einrichten würden, um zu verhindern, dass sie beim
Fischfang im Delta des Rio Colorado von den Behörden unterdrückt
werden.
Die Karawane reiste für einige Stunden weiter bis nach Magdalena de
Kino, wo im Kulturzentrum für Biodiversität von Quiché ein Treffen
mit dem Volk und den Autoritäten der Tohono O'odham (Pápago)
stattfand, einer der wichtigsten indigenen Stämme, mit Präsenz auf
beiden Seiten der Grenze, in den Bundesstaaten Sonora und Arizona.
Die Veranstaltung wurde von José García Lewis geleitet,
stellvertretender Regierender des Stammes.
Die zwei Bajas bleiben zurück
Die einwöchige Reise der Anderen Kampagne durch die zwei Staaten der
Halbinsel von Baja California, die an diesem Morgen zu Ende ging, bot
eine detaillierte und vielfache Reflexion der Zerstörung der Umwelt
und des sozialen und kulturellen Gefüges, die das "neue" neoliberale
Mexiko charakterisieren.
Sie verdeutlichte ebenfalls die Unterschiedslosigkeit der
öffentlichen Regierungen der drei wichtigsten politischen Parteien,
wenn transnationale Interessen auf dem Spiel stehen, die Doppelmoral
der Bourgeoisie, und die straflose Handlungsfreiheit des
Drogenhandels in den Räumen der politischen und wirtschaftlichen
Sphären.
Die ausgedehnte und wunderschöne Landschaft verbirgt nicht die
abgrundtiefe Diskriminierung gegen die einheimischen und
zugewanderten Indigenas, die an Sklaverei grenzenden
Arbeitsbedingungen in den Maquiladoras und den Industrien, die vom
Freihandel profitieren, den Sexhandel, die absolute Priorität der
Interessen der Tourismusindustrie gegenüber jenen der Bevölkerung von
Baja California Sur und Norte, die Umweltverschmutzung und den
Landraub.
Cabo San Lucas, an den Ausläufern der Wüste, kann sich mit der
fragwürdigen Ehre brüsten, die größte Anzahl grüner Golfplätze in
Lateinamerika zu besitzen, nicht weit von ganzen Gemeinden, die nur
jeden dritten Tag Wasser erhalten und es in Plastikcontainer lagern
müssen. Während des Forums "Der Kapitalismus: die Erde, das Wasser
und die Luft", das in Cabo San Lucas veranstaltet wurde,
dokumentierte man, dass sich in Baja California Sur zwei der fünf
größten Tourismusprojekte des Landes befinden: Los Cabos und Loreto.
Um sie herum wachsen Elendsgürtel.
Dort befinden sich 12 der Zwischenstationen für das Fox'sche Projekt
der Nautischen Route, die für den Seetourismus von Verbrauchern und
Neokolonialherren aus den Vereinigten Staaten bestimmt sind. Ihre
"Entwicklung" bedeutete den Raub und die Schließung von Stränden für
die lokale Bevölkerung, den Verlust von Identität und sogar der
ursprünglichen Namen der Lokalitäten.
Angesichts der gesetzlichen Bestimmungen, die die Umweltzerstörung
(manchmal als Umweltschutz getarnt) begünstigen, schlug Salomón
Alvarez, Anhänger der Sechsten Erklärung aus dem Lakandonischen
Urwald vor, einen 200 Meter Streifen als Boden-See Bundeszone für
allgemeine Nutzung einzurichten, der nicht privatisiert werden kann.
"Das Meer ist äußerst produktiv, und der einzige Reichtum, den die
Einwohner von California Sur besitzen, sind die Meeresressourcen. Sie
können nicht privatisiert werden. Wir müssen ein neues
gemeinschaftliches Recht kreieren."
"Wir wollen etwas anderes "
Nach Worten des Umweltschützers Emmanuel Ruiz, "passiert hier das
gleiche wie in den Montes Azules in Chiapas, aber im Meer". Es gibt
eine Abart des Kapitalismus, erklärte er, "die die Biodiversität
ausnutzt: der "grüne Kapitalismus" der durch Umweltschutzprojekte
private Zonen einrichtet". So wie im Südosten, fördern U.S.-
Organisationen wie Conservation International den Umweltschutz "weil
es hier profitabel ist, aber mit der Logik des Privateigentums. Und
dann stellen sie uns vor einem Dilemma: schützen oder zerstören? Das
ist beides unannehmbar, wir wollen etwas anderes".
In Baja California Sur gibt es 25 Meeresschutzgebiete. Die
Umweltstiftung World Wide Fund for Nature (WWF), "die Organisation
des PANditen", fördert mit Beihilfe der Autonomen
Universität von Baja California Sur, die Einrichtung privater
Naturreservate. Sie sind nicht unsere Verbündeten, der Kapitalismus
muss in all seinen Erscheinungsformen ausgemerzt werden", erklärte
Ruiz, von mexikanischen Gebieten aus, die Englische Namen tragen, in
Acres gemessen und in Dollars geschätzt werden. Im Golf von
Kalifornien liegt einer der größten Naturschätze der Welt verborgen.
Und heute ist er ernsthaft bedroht.
In dem Ejido El Centenario, etwa 10 km von La Paz entfernt, wird den
Ejidobewohnern mit Druckmitteln aller Art das Land weggenommen. Die
meisten von ihnen sind bereits ausgewandert, oder überleben durch
bescheidene und schlecht bezahlte Jobs. "Meine Eltern haben dieses
Ejido mitbegründet, und heute sind ihnen die Hände gebunden. Die
korrupten Regierungen haben diesem Land mehr als 40 Jahre lang jede
Dienstleistung verweigert, um sein Wert niedrig zu halten. Sie
warteten die Reform des 27. Verfassungsartikels ab, und dann
Programme wie das PROCEDE, um uns zu zwingen, das Land billig zu
verkaufen. Jetzt ist es aufgeteilt, im Internet werden Häuser an
Ausländer verkauft", erklärte Sergio Rodríguez Aroņa. "Lomas del
Centenario hingegen, dass sie gerade erst anfangen zu bauen, hat
bereits alle Dienstleistungen, bald werden sie sogar einen Golfplatz
haben."
Eine Frau klagte an: "Bei uns wurden junge Mädchen von Leuten aus
Osiel Cárdenas vergewaltigt, die der damalige Gouverneur (Guillermo)
Mercado Romero geschickt hat. Es sind Mädchen verschwunden, diese
Tourismusprojekte haben Prostitution und Drogenabhängigkeit mit sich
gebracht." Tatsächlich sind die Pistoleros von Chef Cárdenas eines
der offiziellen "Instrumente" gewesen, um die Ejidatarios davon "zu
überzeugen", dass es das beste für sie wäre, das Land aufzugeben.
Wasserreservate - Reserviert für den höchsten Bieter
Die Einwohner von Baja California Sur dokumentierten vor Delegado
Zero dutzende ähnliche Fälle.
Zum Beispiel beabsichtigt man, ihnen auch das Sumpfgebiet von San
Jose del Cabo wegzunehmen, eine der wichtigsten Süßwasserquellen im
Nordwesten, um die Tourismusprojekte fortzusetzen. Alles steht bereit
um Punta del Este zu zerstören; das Naturreservat der Lagune ist in
Wirklichkeit "für höchsten Bieter reserviert", erklärten sie. Andere
Orte die dabei sind, zerstört zu werden, sind die Colonia Pueta del
Sol, die Mangrovensümpfe von El Mogote und der Strand Las Hamacas.
"Es gab hier 80 essbare Gattungen von Meerestieren. Die Menschen in
der Gegend lebten von diesen Ressourcen, aber die Stadt wurde größer
und die Abwässer der Hotels und Touristenzentren haben den Ort in
eine Kloake verwandelt". Er gehört zu der Zone, die von Leonel Cota
Montaņo eingezogen und verkauft wurden, als er Gouverneur der PRD
war. Jetzt "wollen sie uns einen grauen Zementfleck hinstellen, der
so ist wie ihr Gehirn", da man beabsichtigt für die "Entwicklung" des
Projektes Paraíso del Mar, auch noch den letzten Rest der
Mangrovensümpfen zuzuschütten.
Die Einwohner der Gemeinden leiden unter Wassermangel. Eine spanische
Firma wird das Wasser entsalzen und verkaufen, auf "Initiative" der
Gouverneurs Narciso Agúndez Montaņo, der rein zufällig ein Vetter von
Leonel und Bruder von Antonio Agúndez ist, dem Direktor der
staatlichen Wasser- und Kanalisationsbehörde, der seinerzeit als
Bürgermeister von Cabo San Lucas den Brunnen alles Wasser entzogen
hatte, um die lebenswichtigen Golfplätze zu besprengen.
* * *
(übs. von Dana)
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