CHIAPAS NEWSLETTER 7.7.2006
Und gewonnen hat:...
Wahllotterie ohne Sieger in Mexiko: Den Kandidaten Felipe Calderón
von der konservativen PAN wählten zwei von zehn MexikanerInnen,
gleich viele den Sozialdemokraten Andrés Manuel López Obrador (ALMO).
Doppelt so viele, nämlich vier von zehn Wahlberechtigten, gingen
nicht wählen, und der Kandidat der ehemaligen Staatspartei PRI blieb
chancenlos. Wobei die Wahlarithmetik den Wunschkandidaten der
Regierung Fox, Felipe Calderón, mit hauchdünnem Vorsprung von ein
paar Zehntelsprozenten zum Sieger erklärte. Kein Wunder, denn in
unzähligen Wahldistrikten wurden die Anzahl der Stimmen der
Opposition minimiert, die Stimmen der Rechten doppelt und dreifach
gezählt. Im von einer breiten Volksbewegung erschütterten Oaxaca
wurde die Existenz von ?schwangeren Urnen? denunziert: Polizisten
liessen an die Medien durchsickern, dass sie den Dienst mit
Kreuzchenmachen auf stapelweise Wahlzetteln verbringen mussten.
Guerrero hielt einmal mehr den traurigen Rekord als gewalttätigster
Bundesstaat Mexikos, zwei Repräsentanten der PRD wurden am Wahltag
erschossen.
Als kleine Kostprobe der mexikanischen Wahlschiebereien siehe die
Beweise auf der Page des feministischen Netzwerks:
www.creatividadfeminista.org
Nach den altbekannten Mechanismen des Stimmenkaufs und der
Einschüchterung im Wahlkampf (der medial inszenierte Überfall auf die
Gemeinde Atenco im Mai, die pausenlosen Werbespots, welche AMLO als
"Gefahr für Mexiko? bezeichneten) war dieses Mal also auch noch am
Wahltag ein Betrug unbekannten Ausmasses nötig, um den Machterhalt
der neoliberalen Oligarchie zu gewährleisten. Die
"zivilgesellschaftliche" Wahlbehörde (IFE) wird dabei den
MexikanerInnen in schlechter Erinnerung bleiben. Erst "vergass" das
IFE bei einer ersten Schnellzählung drei Millionen Stimmen in einem
Register von Akten mit ?Unregelmässigkeiten?. Anschliessend führten
sie eine Nachzählung der Akten (nicht der Stimmen!) durch, die bloss
24 Stunden statt der angekündigten fünf Tage dauerte und kaum Neues
zutage förderte. Und für den Präsidenten des IFE, Luis Carlos Ugalde,
war trotz dem Kopf-an-Kopf-Rennen schon vor der Auszählung aller
Stimmen klar, wer gewonnen hat: Felipe Calderón, der übrigens " welch
Zufall " der Trauzeuge bei seiner Hochzeit war...
"Mexiko entscheidet sich für die Kontinuität", schreibt die NZZ
beruhigt nach dem "Sieg" Calderons und der vermeintlichen Niederlage
AMLO's, den sie auch schon als Populisten mit ?faschistischen
Methoden? bezeichneten. Kontinuität ja, die Kontinuität des
neoliberalen Raubzugs unter der Vorspiegelung einer
formaldemokratischen Rechtsstaatlichkeit.
Aber, wie Subcomandante Marcos im Anschluss an eine kleine Demo von
6000 Leuten der "anderen Kampagne" am Wahltag sagte: "Es gibt keine
Demokratie ohne Gerechtigkeit und Freiheit." Schon vor diesen Wahlen
war klar, dass vielerorts kaum die Hälfte der Bevölkerung wählen
wird, meist aus Frust ?über die Unzuverlässigkeit der Politiker?, wie
das IFE selber in Studien vor den Wahlen besorgt feststellte.
Das unsägliche Wahltheater der letzten Tage, welches seine
Fortsetzung in einem juristischen Verfahren - angestrebt durch AMLO -
finden wird, ist Wasser auf die Mühlen der radikalen
ausserparlamentarischen Bewegung von ?unten links?, welche die
Zapatistas und ihre Verbündeten anstreben, und die die FAZ aufgrund
ihrer geringen Publizität in den letzten Wochen schon vorschnell und
hämisch als klare Verliererin der Wahlen ortete. Wenn sie sich da
bloss nicht täuschen ...
Newsletter-Lesetipps:
Wahlen in Lateinamerika / Mexiko:
Keine kontinentale Revolution In zehn Ländern des Subkontinents wird
oder wurde dieses Jahr gewählt. Alte Strukturen brechen auf, und
Ideologien ringen mit der Suche nach alternativen Politik- und
Wirtschaftsmodellen. Doch wie «links» sind die neuen
Regierungen wirklich?
http://www.woz.ch/artikel/inhalt/2006/nr27/International/13591.html
Peace Watch Suiza nota déficit democrático en México Peace Watch
Switzerland (PWS) presentó su informe &8217;Elecciones y derechos
humanos en México&8217; centrado en los estados de Chiapas, Guerrero
y Oaxaca. http://194.6.181.127/spa/swissinfo.html?siteSect
Aufstand in Oaxaca:
Gouverneur mächtig unter Druck Auch ein gewaltsamer Polizeieinsatz
kann die Oppositionsbewegung in Oaxaca nicht stoppen www.ila-
bonn.de/artikel/ila297/mexico.htm
(auch als PDF zum Download unter www.chiapas98.de)
Aufarbeitung der Vergangenheit in Mexiko:
Massaker von 1968: Hausarrest für Echeverría
http://www.chiapas.ch/?artikel_IDb5&start=0&j
Kaffee und Fairer Handel:
Nestlé, Lidl & Co. " Weltmeister des fairen Kaffeehandels ... Wie
Konzerne Imagepflege betreiben und damit noch verdienen
http://www.ila-bonn.de/artikel/ila297/fairerhandel.htm
ZOFF UM LABEL Kontraproduktiv und politisch fragwürdig sei das Max
Havelaar-Logo geworden. Als erste Fair Trade Organisation der Schweiz
hat der Zürcher Verein Café RebelDía das Gütesiegel für gerechten
Handel zurückgegeben. Die Stiftung der Hilfswerke kontert, die Kritik
sei überholt. http://www.chiapas.ch/cafe2.php --
QUELLE: Direkte Solidarität mit Chiapas - http://www.chiapas.ch
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