Standortfragen - Erste Fairhandelsmesse in Nordrhein-Westfalen
24. Okt. 2005
Am vergangenen Freitag und Samstag fand im Rahmen des 11. Kongresses
des Eine-Welt-Netzes NRW im Telekom Tagungshotel in Neuss die erste
Fairhandelsmesse Nordrhein-Westfalens statt. Über 50 Aussteller aus
ganz Deutschland zeigten eine breite Palette an fair gehandelten
Produkten. Auf dem Kaffee-Forum diskutierten die knapp 300
Kongressteilnehmer, die in der Eine-Welt-Arbeit engagiert sind, über
bessere Standorte der Weltläden, über die Erschließung neuer
Kundenschichten, über finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten für
Investionen in die Weltläden sowie die Zusammenarbeit von
hauptamtlichen Mitarbeitern und den vielen ehrenamtlichen Verkäufern.
Das damit verbundene Profil des Weltladens als Wirtschaftsunternehmen
stieß auch auf Kritik, beispielsweise von Cafe Libertad aus Hamburg.
Der Kongress des Eine-Welt-Netzes beschäftigte sich mit Kinderarbeit
auf den Baumwollfeldern in Indien und den UN-Milleniumszielen zur
Bekämpfung der Armut.
"Alternative zu bisherigen weltwirtschaftlichen Strukturen"
In der Ansprache zur Eröffnung der Fairhandelsmesse betonte Monika
Dülger vom Büro für fairen Handel des Eine-Welt-Netzwerks, dass der
Faire Handel eine wichtige Alternative zur bisherigen
weltwirtschaftlichen Strukturen sei. So habe der Internationale
Zusammenschluss der Fairhandelsunternehmen der
Welthandelsorganisation (WTO) Forderungen unterbreitet, die unter
anderem fairere Welthandelspreise und eine Demokratisierung der
Strukturen der WTO umfassten.
Weiterhin sagte sie, dass inzwischen weltweit 5 Millionen Menschen
vom fairen Handel lebten. Für das Jahr 2010 solle der Marktanteil des
Kaffees auf 3 Prozent steigen. In Großbritannien läge dieser Wert im
übrigen derzeit bei 20 Prozent. Im Kaffeeforum sollten
Lösungsmöglichkeiten ausgetauscht werden, wie dieses Ziel erreicht
werden könne.
Der Neusser Landrat Dieter Patt erklärte in seiner Ansprache, dass es
in Neuss eine lange Tradition in der Eine-Welt-Arbeit gebe. Er selbst
habe enge Kontakte in die Cauca-Region in Kolumbien und unterstütze
dort Projekte, die sich um Alternativen zum Coca-Anbau bemühten.
Der nordrhein-westfälische Minister für Generationen, Familie, Frauen
und Integration, Armin Laschet, sagte bei der Eröffnung, er selbst
habe beim Zuschnitt der Ministerien der CDU-FDP-Landesregierung von
Nordrhein-Westfalen den Wunsch gehabt, die Zuständigkeit für Eine-
Welt-Fragen vom Umwelt- in sein Ministerium zu holen. Da sich sein
Ministerium um die Integration der Migranten kümmere, sollte es auch
die Frage behandeln, wie es um die wirtschaftlichen und sozialen
Bedingungen in den Ländern, aus denen die Migranten stammten, stünde.
Laschet sagte eine Weiterführung der Eine-Welt-Arbeit zu, wobei sich
der Schwerpunkt auf "internationale Entwicklungszusammenarbeit"
verlagern werde. Er wolle Nordrhein-Westfalen als das Bundesland
positionieren, das sich am stärksten im Bereich der Nord-Süd-
Beziehungen engagiere. Dabei spiele der Faire Handel eine wichtige
Rolle. Er habe fair gehandelten Kaffee in seinem Ministerium
durchgesetzt und wolle in Zukunft alle regionalen Kaffees probieren.
Weltläden als Wirtschaftsunternehmen
Im Kaffeeforum der Messe wurde die Professionalisierung der Weltläden
und deren Profilierung als sozial und ökologisch orientierte
Wirtschaftsunternehmen diskutiert. So versuchen die großen
Fairhandelsunternehmen wie die gepa, El Puente oder Dritte-Welt-
Partner, aber auch der Dachverband der Weltläden neue Kundenschichten
zu gewinnen und sich über betriebswirtschaftliche Konzepte auf dem
Markt zu bewähren.
Martin Müller von der Weltläden-Basis Fairhandelsgesellschaft in
Gelsenkirchen berichtete, wie er es geschafft habe, einen fair
gehandelten Schalke-Kaffee als offizielles Merchandising-Produkt von
Schalke 04 zu etablieren. Damit habe er den Fairen Handel zu einer
Käuferschicht gebracht, an die bislang nicht gedacht worden sei.
Alle Vertreter der Fairhandelsorganisationen im Kaffeeforum
favorisierten eine Werbestrategie, die die Qualität der Produkte des
fairen Handels in den Mittelpunkt stellt. Markus Frieauff vom
Weltladen-Dachverband in Mainz und Hildegund Appelt vom gepa-
Fairhandelshaus in Wuppertal vertraten die Ansicht, die Weltläden
sollten sich als Fachgeschäft für fair gehandelte Produkte verstehen.
Dachverband und gepa bieten Leitfäden für die Professionalisierung
der Weltläden an, mit betriebswirtschaftlichem Know-How für
Investitionen in die Einrichtung der Weltläden. Geboten wird auch
eine Standardanalyse über Kriterien für gute Standorte von Weltläden.
"Fragwürdige Werbekampagnen und Vertriebsstrukturen"
Scharfe Kritik an dieser strategischen Ausrichtung kam von einem
Vertreter des Café Libertad aus Hamburg. Gegenüber ngo-online
erklärte er, sein basisdemokratisch organisiertes Kollektiv
unterstütze lieber die Kaffeebauern in Chiapas direkt "statt hier in
fragwürdige Werbekampagnen und Vertriebsstrukturen wie Supermärkte zu
investieren".
Der "Café Libertad" sei im Endverbraucherpreis preiswerter als der
Transfair-Kaffee, weil es keinen Zwischenhandel bei ihnen gebe und
keine "Geschäftsführer mit Dienstwagen". Mit seinen
betriebswirtschaftlich orientierten Leitfäden habe sich der Weltladen-
Dachverband den kapitalistischen Spielregeln angepasst.
Quelle: http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=12110
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