Europäische Chiapas-Solidarität im Aufwind
Soli-Gruppen vertiefen Vernetzung. Betonung antineoliberaler Kämpfe in Europa.
Das kurzfristig einberufene Europa-Treffen der Zapatista-Solidarität erbrachte laut Abschlußerklärung der TeilnehmerInnen "sehr positive Ergebnisse". Die interne Vernetzung wurde intensiviert bzw. reaktiviert, Erfahrungen und Analysen wurden ausgetauscht und neue Projekte anvisiert.
Mehr als 120 Delegierte von 36 Organisationen aus Spanien, Italien, Schweiz, Deutschland, Frankreich und Belgien hatten sich vom 22. bis 24. Juli in Barcelona versammelt, um die neue Initiative der Zapatistischen Befreiungsarmee EZLN für den Aufbau breiter außerparlamentarischer Linksallianzen zu diskutieren, die sie in Ihrer "Sechsten Deklaration aus dem Lakandonischen Urwald" Anfang Juli veröffentlich hatte.
Diskutiert wurden zwei Themenkomplexe - beide entlang der "Sechsten Deklaration", die ein konsequent basisdemokratisches Vorgehen vorschlägt. Der erste beinhaltete den Erfahrungsaustausch und die Konzeption neuer Projekte in der konkreten Solidaritätsarbeit der europäischen Gruppen mit den indigenen RebellInnen in Mexiko. In Arbeitsgruppen wurden die Themenkomplexe Gesundheit, Bildung, Menschenrechtsbeobachtung, Öffentlichkeitskampagnen und alternativer Handel erörtert. Philipp Gerber, Ethnologe, Mitglied der Züricher Gruppe "Direkte Solidarität mit Chiapas" und Autor des Buches "Das Aroma der Rebellion - Zapatistischer Kaffee, indigener Aufstand und autonome Kooperativen in Chiapas" betonte: "Die Vielfalt der Gruppen ermöglichte einen spannenden Austausch in den konkreten Arbeitsbereichen wie z.B. der Vermarktung zapatistischer Produkte in Europa, allen voran der Kaffee aus den Kooperativen. Durch die großen Unterschiede in den Arbeitsstilen der jeweiligen Kollektive gestaltet sich die handfeste Zusammenarbeit aber nicht immer einfach". Im Kaffeebereich gäbe es inzwischen allerdings eine funktionierende Vernetzung zwischen Gruppen aus Deutschland, Frankreich, Italien und der Schweiz, die auch in der Lage sei, auf mögliche Lieferschwierigkeiten der Kooperativen zu reagieren.
Die zweite inhaltliche Achse bildete die Diskussion um den emanzipatorischen Widerstand in Europa. Unter der Losung "Nein zum Krieg! Nein zum Neoliberalismus!" wurde beschlossen, in den Herkunftsregionen der Organisationen die Ausweitung der außerparlamentarischen Netzwerke voranzutreiben und die Grundforderungen der Menschen zu sammeln. Großen Beifall fand der Vorschlag der Gruppe "Caminos" aus Madrid, einen neuen, radikaleren gewerkschaftlichen Kampf aufzunehmen. Für Ende des Jahres wurde ein erneutes europäisches Treffen anvisiert, auf das dann die Teilnahme an dem von der EZLN vorgeschlagenen interkontinentalen Treffen folgen soll.
César Rubio, anarchistischer Aktivist aus Mexiko-Stadt, der in Chiapas seit 1996 zahlreiche Trinkwasserprojekte mit aufgebaut hat, zeigte sich beeindruckt von der Zusammenkunft: "Es gibt eine echte Aufbruchsstimmung! Ich habe hier viele engagierte Menschen kennengelernt. Wir müssen weiter an den Netzen von unten weben."
Just während des Treffens erschienen auch zwei neue Kommuniqués der EZLN. Subcomandante Marcos betonte darin u.a. die Bedeutung der mexikanischen und internationalen Solidaritätskollektive und erwähnte als Beispiele Schulprojekte aus Griechenland, Spenden von Inter Mailand, alternative Vermarktung zapatistischer Produkte in den USA oder den Aufbau des EZLN-Rundfunks "Radio Insurgente" durch "eine Gruppe von nordamerikanischen, deutschen und britischen Männern und Frauen".
Gruppe B.A.S.T.A., 1. August 2005
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