Zapatistas stellen der steigenden Abholzung Umweltschutz entgegen.
Indígenas sigalisieren, dass ihr Gesetz zum Schutz der Wälder ist.
Hermann Bellinghausen, Morelia, Chiapas, 7. Nov. 2004
Die autonomen Landkreise des Caracol "Strudel unserer Worte" sind
Pioniere im Schutz der Wälder und Naturressourcen. Ihre Versuche
stehen im krassen Gegensatz zu den aktuellen Tendenzen der Regierung
und denen des gewachsenen politischen Einflusses der Holzunternehmen.
Auf ihrer Seite haben sie in den vergangenen Wochen vier neue
autonome Landkreise auf dem Gebiet der Junta der Guten Regierung
(JBG) "Hacia el arcoris" geschaffen, dem nun 11 Landkreise angehören.
Ganaro Vázquez, San José en Rebeldía, Las Montaņas und Santo Domingo,
alle im Gebiet der Tzeltales gelegen, gehören nun samt der bereits
bestehenden 7 Landkreise zu der zapatistischen Region "Tzotz Choj".
Somit ist die JBG und ihre Kommission gewachsen. Diese beiden
wichtigen Instanzen wurden diese Nacht mit neuem Leben gefüllt: Eine
Repäsentantin des Landkreises Genero Vázquez und sechs Frauen in der
Kommission (welche die Ankunft der BesucherInnen betreut).
Holzunternehmer
In Interviews mit der La Jornada berichten die Autoritäten der JBG
vom Schutz der Wälder und der maßvollen Waldnutzung. Dies steht im
krassen Gegensatz zu der aktuellen offiziellen Politik, weil dort die
Holzunternehmer an Einfluss gewonnen haben, und nun die Umwelt- und
Forstbehörden sich nach ihnen richten.
Man braucht nicht lang zu suchen, um festzustellen, dass z.B. der
Bezirksvorsteher von Altamirano der Besitzer eines Sägewerkes in
dieser Region ist. Paradoxerweise aufgestellt von der "Verde
Ecologita de Mexico (PVEM)".
"Wie es scheint, müssen wir ihnen beibringen, was das Wort
´ökologisch´ bedeutet", bemerkt ein Mitglied der JBG ironisch.
Auch der neue Bezirkspräsident (PRI) von San Cristóbal de las Casas,
Sergio Lobato ist ein Holzunternehmer mit einem florierenden
Familiengeschäft in Teopisca. Und der Regierungssekretär, Ruben
Velázquez, ist ein bekannter Holzunternehmer in der Region
Villaflores.
Das "Gesetz zum Schutz der Wälder und natürlichen Ressourcen",
unterzeichnet von den 5 zapatistischen JBG hat seinen Ursprung in
diesem Caracol, als Antwort auf die dringenden Probleme: Die Existenz
von legalen und illegalen Sägemühlen in den Bergen und Tälern der
ohnehin schon stark entwaldeten Region von Altamirano, Chanal und
Comitán, sowie die Notwendigkeit der regulierten Holznutzung in den
autonomen Gemeinden.
"Dieses Gesetz ist für jeden ohne Unterschied in den autonomen
Gebieten gültig", so der Gesetzestext. "Um die Wälder zu schützen,
weil diese das Wasserreservoir darstellen, und zum Schutz der
wildlebenden Tiere. Deswegen müssen alle die Wichtigkeit des Schutzen
der Wälder verstehen". Das Dokument teilt sich in folgenden sechs
Artikel:
1.) Die Bäume dürfen einzig allein für den Eigenbedarf und nicht für
den Verkauf geschlagen werden.
2.) Wir besitzen die Pflicht, die Wälder zu schützen und zu erhalten.
Auch besitzen wir das Recht, Bäume zum Eigenbedarf in Abstimmung mit
den autonomen Autoritäten zu nutzen.
3.) Es besteht die Pflicht für jeden gefällten Baum zwei neue
Bäumchen zu pflanzen und zu erhalten.
4.) Jeder autonome Landkreis muß die Übereinstimmung mit den Regeln
bestätigen.
5.) Das unerlaubte Fällen eine Baumes wird mit dem Pflanzen von 20
Bäumchen bestraft.
6.) Alle Erlaubnisse werden von der Kommission "Boden und Land" (der
JBG) gegeben.
Die Anwendung dieser Regeln stößt nicht auf die Gegenliebe der
Holzunternehmer. So erzählt ein Mitglied der JBG: "Im autonomen
Landkreis Vincente Guerero gibt es das Problem mit drei großen
Holzunternehmen. Wir haben versucht mit ihnen über das neue Gesetz
zum Schutz der Wälder zu sprechen. Wir sprachen mit den
Holzunternehmern. Sie sind nicht einverstanden. Sie denken, das
Gesetz, welches sie befolgen müssen, ist das Gesetz der offiziellen
Regierung. Aber in den zapatistischen Gebieten müssen wir das
indigene Gesetz befolgen, haben wir ihnen gesagt. Wir haben ihnen das
Gesetz schriftlich vorgelegt. Es sei gut, sagten sie, aber dass sie
es nicht befolgen werden.
Wir haben versucht die Holzunternehmer zu kontrollieren. Trotz
alledem, einige betreiben Schmuggel und viele schlagen Holz in den
Wäldern von Altamirano ohne Erlaubnis."
Nicht immer ist es so wie, als die offizielle Bezirksversammlung von
Altamirano eine Gruppe von illegalen Holzfällern festnahm, die davor
jede Nacht das Gebiet Morelia (im rebellischen Landkreis 17.
November) mit großen Mengen Holz durchquerten.
"Vor kurzem schlugen andere Holzfäller Bäume in den zurückgewonnenen
Gebieten mit der Unterstützung der offiziellen Autoritäten. Ihnen
nahmen wir das Holz ab. Wir wollen das Problem friedlich und gerecht
lösen", drückt die JBG ihre Sichtweise aus.
Um eine Idee von der örtlichen Entwaldung zu bekommen, reicht es sich
zu vergegenwärtigen, dass im autonomen Landkreis Miguel Hidalgo kein
Holz mehr zu Schlagen übrig bleibt (auch wenn es immer noch
Sägemühlen gibt). Und in Lucio Cabaņas "gibt es keinen wirklichen
Wald mehr." In Ernesto Che Guevara ist das "einzige Problem der
Verkauf von Kleinholz und Holz an kleine Verkäufer, ´barroteros´
genannt.
Um die Problematik in den Griff zu bekommen, initiierten die vier
Zentren für Wiederaufforstung in 17. Noviembre die Pflanzung von 2000
Zedern. "Ein Beispiel dessen, was machbar ist" erläutern die Junta.
Bleibt treffend hinzufügend, dass die Wälder zwischen Ocosingo,
Altamirano, Chanal und Comitán sukzessive den Holzunternehmen zur
Beute wurden, der Boden den Großgrundbesitzern und ihrer Gewinnsucht
versprochen wurde, und erneut zur Beute der Holzunternehmer wurde.
Aber ausserdem befindet sich dort auch ein guter Teil der
zurückgewonnenen Gebiete der Indigenas, nach 1994, auf denen sich die
rebellischen Landkreise befinden.
Zwei unterschiedliche Formen der Regierungsausübung fallen auf.
Seitens des Staates und der Unternehmer: Die Fortführung der
Ausbeutung der Wälder, zwar reguliert. Und wo es möglich ist, die
Privatisierung der kommunalen Grundstücke.
Seitens der autonomen Regierung: Die Wiederherstellung der Wälder auf
den ehemaligen Gebieten der Großgrundbesitzer und die gemeindeeigene
Besitzform, der Schutz der natürlichen Ressourcen, das Aufhalten des
irreperablen Auswirkungen des konventionellen Holzhandels.
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Übs. J.P.
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