La Jornada, 24. Oktober 2004
Zapatistische Fischer beschuldigen die Regierung, die Region zu zerstören.
* Die Lagunen von La Encrucijada gehören zur wichtigsten Beute des Plans Puebla-Panamá.
* Sie fordern, dass die Rechte der regierungstreuen Kooperative Los Cerritos annulliert werden.
Hermann Bellinghausen
La Realidad, Chis., 23.Oktober. Die Junta der Guten Regierung [span.: Junta de Buen Gobierno, JBG] "Zur Hoffnung" hat die Bundesregierung für die Zerstörung, die in verschiedenen Lagunen von La Encrucijada an der Pazifikküste im Gange ist, verantwortlich gemacht. "Wenn es sich um ein Schutzgebiet handelt, dann kümmert sich die Regierung aber nicht darum. Wir sehen, dass sie nicht tut, was sie sagt".
Ein Mitglied der JBG, umgeben von seinen Compaņeros, äußert sich zur Gemeinschaft der zapatistischen autonomen Fischer von El Arenal: "Die Regierung hat die Compaņeros, die legal hier sind, hinausgeworfen und erlaubt ihnen nicht, in der Lagune zu arbeiten. Gleichzeitig deckt sie andere Fischer, die hier keine Rechte besitzen und zerstört dabei den Naturraum". "Die Behörden, die hier eine große Ungerechtigkeit begehen, stecken alle unter einer Decke". Die Regierung hat ihre Interessen, die Vernichtung der Artenvielfalt und die Vernichtung von Land ist ihr egal, und die Menschen dort sind ihr noch gleichgültiger".
Im Gespräch mit La Jornada im Caracol "Meeresschneckenmutter unserer Träume" im Lakandonischen Urwald fragt die JBG: "Wie können die Behörden unsere Compaņeros, die dort Rechte besitzen, damit bedrohen, sie 8 Jahre lang ins Gefängnis zu werfen, nur weil sie in der Lagune von Panzacola fischen? Wie viele Jahre Gefängnis verdienen die, die die Zerstörung betreiben? Unsere Compaņeros sind nicht hier, um das Gebiet zu zerstören, sondern um sich darum zu kümmern und um für ihren Lebensunterhalt zu sorgen".
Wie gestern bekannt wurde, wurden der Fischerkooperative Río Arriba, bestehend aus 54 Familien aus El Arenal, im Herzen des ausgedehnten Mangrovengebietes Zaragoza gelegen, ihre Rechte an der Lagune Panzacola entzogen und der Kooperative Los Cerritos übergeben, die in das Gebiet der Fischer von El Arenal eingedrungen ist. Sie gehören seit etlichen Jahren zum autonomen Landkreis Tierra y Libertad. Und seit noch mehr Jahren werden sie systematisch vertrieben, verfolgt und betrogen, besonders unter dem Regime von Ernesto Zedillo und Vicente Fox.
"Laut Gesetz müsste Cerritos definitiv die Erlaubnis entzogen werden. Wir sehen, dass sie Tausende von Mangrovenbäumen vernichtet. Man muss ihr den Schutz, den sie genießt, entziehen. Womöglich kümmern die sich auf dieselbe Art wie die Behörden in Montes Azules um den Raum?" fragt sich die JBG.
"Die Antwort, die die Compaņeros von der Regierung erhielten, entspricht nicht ihren Erwartungen. Sie haben selbst das Vorrecht, in die Lagune zu gehen, verloren und die von der anderen Kooperative haben jetzt sogar das Recht, dort zu fischen. Im Mai dieses Jahres schickte die JBG dem Gouverneur Pablo Salazar Mendiguchía einen Brief. Sie erläuterte ihm darin die Situation und bat ihn zu handeln", fügt die JBG hinzu.
Ohne eine Antwort seitens der Regierung des Bundesstaates sieht die JBG, dass die Instanzen der Bundesregierung im Bereich Umwelt "die Zerstörung von Arbeit, Holz und Wasser" erlauben, weil die den Müll "dort einfach" wegwerfen "und die Ressourcen von Panzacola und anderen Lagunen vernichten".
Zum autonomen Landkreis Tierra y Libertad, so die JBG, gehören Gemeinden und Regionen der offiziellen Landkreise Trinitaria, La Independencia, Comitán, Frontera Comalapa, Motozintla, Huixtla, Tapachula, El Porvenir, Siltepec, Acapetahua, Viejo Amatlán und Mapastepec.
Was Sie schützen nennen...
Die Fischer von El Arenal erzählen folgendes: "1942 wurde Los Cerritos als Kooperative mit einem Zugangsbereich von 14 km um die Lagune registriert. 1955 wurde die Kooperative La Perla gegründet, um in der Lagune von Panzacola zu fischen. Jahre später verschwand La Perla wieder. Wir fischen in Panzacola schon seit 1983. Wir wollten die Konzession von La Perla wieder aktivieren (die wegen einer Schuldenlast von 700 Pesos annulliert worden war) und wir gründeten uns als Río Arriba. Seit 1987 wird die Sache bearbeitet. Früher haben sie uns Versprechungen gemacht, heute nicht einmal mehr das".
Sie sprechen mit dem charakteristischen Akzent der Küste. "Die von Cerritos sind hierher gekommen, weil ihre Lagune nichts mehr hergab und jetzt wollen sie unsere. Denen haben sie die Erlaubnis gegeben. Es sieht so aus, als ob sie die öffentlichen Bediensteten gekauft hätten. Oder sollte es gar umgekehrt sein?"
Sie erinnern daran, dass 1996 das damalige Ministerium für Umwelt, natürliche Ressourcen und Fischerei Los Cerritos die Konzession für Panzacola gab und diese im Jahr 2000 bestätigt hat, kurz bevor die 6-jährige Amtszeit Zedillos zu Ende ging. Wie auch in anderen Fällen in Chiapas "schützte" die Umweltbehörde ihre Verbündeten vor dem Regierungswechsel. "Aber auch die von Cerritos sind verzeifelt wegen der Vergabe der Rechte an Panzacola, denn sie wissen, dass ihre Recht nicht echt sind." Und sie fügen hinzu: "Sie haben uns sogar das Rechts genommen, für unseren Lebensunterhalt zu sorgen".
Sie versichern, dass das Ministerium für Umwelt und natürliche Ressourcen in La Paluda Holz vernichtet, den Naturraum zerstört und das Wasser von Panzacola in die Wasserbecken pumpt, die sie gebaut haben, und die von Mauern umgeben und mit Netzen geschützt sind".
Den Fischern zufolge haben die Umweltbehörden und die Regierung des Bundesstaates ähnliche Fischzäune auch in anderen Lagunen von La Encrucijada. "Sie holzen einfach alles mit der Motorsäge ab. Die Zerstörung ist enorm. Darin liegt eine große Investition".
Und ironisch meinen sie: "Und dabei sagen sie, dass sie schützen wollen".
Das Mangrovengebiet Zaragoza, in dem sich die genannten Lagunen befinden, ist ein See- und Mangrovengebiet an der chiapanekischen Küste mit zig Kilometern Ausdehnung zum Festland hin. Panzacola und La Paluda befinden sich etwa 18 km von der Küste, dem Sumpfgebiet Huetate und der Sandbank San Juan, entfernt. Man sagt, dass das Gebiet zur "wichtigsten Beute" des Planes Puebla-Panamá gehört. Der Plan konkretisiert sich jetzt.
Die autonomen Fischer berichten, dass die Erlaubnis den Jahresfang an Krabben auf 235 Tonnen jährlich beschränkt. "Soviel wir in Panzacola auch gearbeitet haben, wir haben nur bis zu 97 Tonnen herausgeholt, nicht mehr".
Und sie schließen: "Wir glauben, dass die Eindringlinge (die von Los Cerritos) von der Regierung bezahlt werden, um das Konzessionsgebiet kaputt machen zu können".
Sie bedauern den Verlust der Königspalme in dem Gebiet, der Mangroven und der Fischzuchten. "Sie haben in dem Gebiet eine Katastrophe angerichtet".
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übs. Gabriele
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