Paramilitärs bereiten Angriff auf Caracol in Roberto Barrios vor

La Jornada, Sonntag, 24. August 2004
Hermann Bellinghausen

San Cristobal de Las Casas, Chiapas., 23. August. In den vergangenen Stunden haben alarmierende Drohungen zugenommen, welche eine gewaltsamen Räumung des Caracols von Roberto Barrios seitens PRIistischer Paramilitärs aus dieser und anderen Gemeinden von Palenque Barrios ankündigen. Nach telefonischen Informationen, die die lokalen autonomen Autoritäten an diesem Abend erhielten, haben die PRIistas der umliegenden Gemeinden angefangen sich zu versammeln, um die zapatistischen Familien anzugreifen.

Das Netzwerk der Gemeindeverteidiger für Menschenrechte (Red de Defensores Comunitarios por los Derechos Humanos) aus der Zone Salto de Agua-Palenque denunzierte heute, dass die Feindseligkeiten paramilitärischer Gruppen gegen das Caracol "que habla para todos - Das für Alle spricht " von Roberto Barrios, autonomer Bezirk El Trabajo, seit drei Tagen ununterbrochen andauern.

Um Mitternacht des 21. August "versammelten sich die Paramilitärs des Ejido Roberto Barrios, Bezirk Palenque, angeführt von Francisco Gómez Pérez, um die Räumung der zapatistischen Bevölkerung der gleichen Gemeinde zu planen", informierte das Netzwerk.

Diesen Information zufolge erhalten die Paramilitärs die Unterstützung der Bezirksregierung und stehen unter deren Befehl, unter Führung des PRI-Kaziken Alfredo Cruz Guzmán. "Um die Räumung durchzuführen erwarten sie zusätzlich die Ankunft von Personen aus anderen Gemeinden."

Als Einschüchterungsversuche feuerten die Paramilitärs am gleichen Donnerstag, den 21. August, Schüsse auf die Häuser ab, wo die Unterstützungsbasen der EZLN übernachten, die an dem Bau der Einrichtungen des Caracols arbeiten. Außerdem erhielten indigene Arbeiter, welche das Büro des „Rates der Guten Regierung" bauen, systematische Drohungen seitens der PRIistische Bevölkerung der Gemeinde", so das Communiqué des Netzwerkes weiter.

"Der paramilitärische Anführer Francisco Gómez Pérez, hat sie beschimpft und versuchte, die Bevölkerung der Gemeinde zu zwingen, Aktionen gegen die Zapatisten zu befürworten."

Der Rat der Guten Regierung der Region namens "Semilla que va a producir" erklärte:"Alle diese Akte der Provokation seitens der Paramilitärs haben das Ziel, die autonome Organisation der Gemeinden zu destabilisieren.“

Infolgedessen erklärte das Netzwerk der Gemeindeverteidiger für Menschenrechte heute ihre "tiefe Sorge", über die Drohung der bevorstehenden Räumung der zapatistischen Unterstützungsbasen des Ejido Roberto Barrios, "sowie über die Feindseligkeiten der paramilitärischen Gruppen, die scheinbar durch offizielle Unterstützung gestärkt worden sind".

Die Gemeindeverteidiger bestätigten: "Diese Aktionen stellen eine Behinderung der Ausübung des Rechts auf freie Selbstbestimmung der Völker dar und des Rechts auf würdiges Wohnen. Wir fordern die zuständigen Behörden auf, in der Angelegenheit zu intervenieren, diese Vorfälle zu untersuchen und die Verantwortlichen zu bestrafen, bevor es zu schlimmeren Handlungen kommt.

Die Menschenrechtsorganisationen gaben bekannt, dass in den nächsten Stunden von San Cristóbal de las Casas aus eine Karawane ziviler BeobachterInnen nach Roberto Barrios aufbrechen wird, um die Vorfälle zu untersuchen und Präsenz zu markieren im Falle, dass die PRIistas versuchen , die Gewalttaten zu verüben, die sie heute Nacht oder morgen auszuführen beabsichtigten.

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Übs. von Dana und Philipp

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Erläuterungen der Direkten Solidarität mit Chiapas, Zürich:

Die Spannungen in der Zona Norte haben zugenommen, seit die Zapatistas die neuen regionalen „Räte der Guten Regierung“ vor vierzehn Tagen eingeweiht haben. Insbesondere steht ein Touristenprojekt, welches im Rahmen des Plan Puebla-Panamá in dieser Region realisiert werden sollte, im Zentrum der Auseinandersetzungen. Dieses sogenannte „Ökotourismus“-Projekt sollte ursprünglich in Roberto Barrios verwirklicht werden, doch die Opposition in der Gemeinde verhinderte dies. Neu soll dieses Projekt in Puyapá, gerade auf der anderen Seite des Flusses Bascán, gebaut werden.

Der "Rat der Guten Regierung" denunzierte in den letzten Tagen mehrere Übergriffe der mexikanischen Bundesarmee und die bedrohlichen Aktivitäten der Paramilitärs. Möglicherweisse wird es in der seit Jahren sehr konfliktiven Zona Norte von Chiapas zu einer ersten Machtprobe zwischen den Paramilitärs und der neuen zapatistischen Regionalregierung kommen. Die Paramilitärs wurden vor einem Monat gewarnt, dass sie ab sofort im Aufstandsgebiet nicht mehr mit Straffreiheit rechnen könnten.

Vierzehn Tage vor der 5. WTO-Ministerkonferenz in Cancún nehmen die Spannungen in Chiapas nicht nur in den indigenen Gemeinden zu. So werden aufgrund der Repression gegen soziale Bewegungen die Rücktrittsforderungen gegenüber der chiapanekischen Regierung Salazar immer häufiger. Im Zuge der Mobilisierungen der Lehrerschaft wurde ein Fahrer von Unbekannten erschossen. Auch in anderen Bundesstaaten ist politische Gewalt ein alltägliches Mittel. Wir haben über die Ermordung der Menschenrechtsanwältin Griselda Teresa Tirado in Puebla berichtet (siehe Communiqué vom 7.8.03). Am 17. August wurde Carlos Sánchez López, Anführer der Bauernorganisation „Coalición Obrero Campesina y Estudiantil del Ismo“ (COCEI), mit einem Hammer erschlagen und seine Leiche in den Strassen von Juchitán aufgefunden.

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