MONTES AZULES
Hintergrundtext II & Powerpoint-Präsentation


1. Das Biosphärenreservat Montes Azules: Allgemeine Daten, Akteure,
Geschichte der Vertreibungen

von Sylvia Thiele


1. Das Gebiet

- 3 zu unterscheidende Bereiche:

ˇ Selva Lacandona
- Lacandonischer Regenwald: noch ca. 1.800.000 ha Fläche
- teilt sich in 4 Zonen: Caņadas (Westen), Marqués de Comillas (Süden), Zona Lacandona (Osten), Norte (Norden)
- besitzt außergewöhnlich hohe Biodiversität (20% der mexikanischen Biodiversität befinden sich hier auf einer Fläche, die 0,16 % des nationalen Territoriums umfaßt)
- wurde in den letzten Jahrzehnten besonders durch Viehwirtschaft und Straßenbau sehr stark abgeholzt

ˇ Comunidad Lacandona
- komunaler Landbesitz des Volkes der Lacandonen: 614.321 ha Fläche (Lacandonen: 66 Maya-Caribes-Familien, die in 3 Gemeinden in der Selva Lacandona leben; "Stoßtrupp" für die Umsetzung der Interessen der mexikanischen Regierung in dem Gebiet; einzige indigene Gruppe Mexikos, die die Abkommen von San Andres nicht unterzeichnet hat)
- die Comunidad Lacandona wurde 1972 durch Präsidentschaftserlaß geschaffen
- sie enthält außer dem Biosphärenreservat Montes Azules 6 weitere Naturschutzgebiete, die in den Jahren 1991 und 1998 gegründet wurden und Teil des Mesoamerikanischen Biokorridors sind (siehe Karte PROFEPA): Parque Natural de Bonampak, Parque Natural de Yaxchilán, Refugio de Flora y Fauna Chan Kin, Reserva de la Biósfera Lacantún, Refugio de Flora y Fauna Nahá und Refugio de Flora y Fauna Metzabok

ˇ REBIMA
- Reserva de la Biósfera Montes Azules/ Biosphärenreservat Montes Azules: 331.200 ha Fläche
- 1978 per Präsidentschaftsbeschluß eingerichtet (1. Biosphärenreservat Mexikos)
- seit 1979 als UNESCO-Biosphärenreservat anerkannt
- erst seit dem Jahr 2000 gibt es offizielle Managementpläne für das Gebiet (Zusammenhang mit PPP und Mesoamerikanischem Biokorridor?)
- REBIMA enthält 5 Totalreservate (siehe Karte PROFEPA): Sistema Lagunario Ocotal, Cuenca del Río Negro y Río Aguilar, Subregión Miramar, Cordón Chaquistero und Ribera Lacantún
- das Gebiet der Caņadas (durch Topographie und Mikroklima die Zone der größten Biodiversität in der gesamten Selva Lacandona) wurde seltsamerweise bei der Schaffung der REBIMA außen vorgelassen
- 76,8 % der REBIMA sind innerhalb der Comunidad Lacandona gelegen, 18,95 % sind offiziell anerkanntes Ejidoland, 4,25 % sind nationales Eigentum
- innerhalb der REBIMA befinden sich 4 Viehfarmen mit ca. 350 ha Land und 47 (?) indigene Gemeinden
- die Montes Azules sind der wichtigste Rückzugsraum für die EZLN (Ejercito Zapatista de la Liberación Nacional)


2. Die wichtigsten Akteure im Konflikt

Transnationale Konzerne:
- Novartis, Monsanto (sind an Bioprospektion im Norden der REBIMA interessiert)
- Coca Cola (ist an Süßwasservorkommen interessiert und kauft bereits Wasserquellen in Chiapas auf)
- Erdölfirmen (sind an der Erschließung neuer Lagerstätten interessiert: 3,7 Billionen Barrel Rohöl werden in der Selva Lacandona vermutet)
- Holzfirmen
- Intel (ist an der Ausbeutung von Mineralien für die Produktion von Microships interessiert)
- "Ökotourismus"-Firmen (sind am Süden des Gebietes interessiert)

Internationale Umwelt-NGOs:
- WWF (World Wildlife Fund)
- Conservation International (USamerikanische "Umwelt-NGO" mit folgenden Geldgebern: Mc Donald's, Starbucks Company, Walt Disney Company, Ford Motor Company, Exxon Mobil Foundation, Packard Foundation, Intel, Chiquita Brands International, USAID und Grupo Pulsar (größter multinationaler Konzern Mexicos, arbeitet im Gentec-Bereich))
- WWF und Conservation International sind auch an den ICBG-Projekten, am mesoamerika-nischen Biokorridor und am Plan Puebla Panamá beteiligt

Mexikanische staatliche Einrichtungen:
- SEMARNAT (Secretario del medio ambiente y recursos naturales, Mexikanisches Umweltministerium)
- PROFEPA (Procuraduría federal de protección al ambiente, Mexikanische Bundesumwelt-schutzbehörde)

Mexikanisches Militär
Lacandonen
Paramilitärische Gruppierungen
(Ch'oles aus Frontera Corozal und Tzeltales aus Nuevo Palestina am Rio Usumacinta an der Grenze zu Guatemala)

EZLN
ARIC Independiente (unabhängiger lokaler Bauernverband)
Comunidades indígenas (aller politischen und religiösen Richtungen: Ch´oles, Tojolabales, Tzeltales und Tzotziles)
Viehzüchter


3. Kurzer Geschichtsabriß

- 1972: Gründung der Comunidad Lacandona durch den damaligen Präsidenten Luis Echeverría
- 1974: Gründung der halbstaatlichen Holzfirma COFOLASA und Abschluß von Holzeinschlags-konzessionen mit den Lacandonen (pro Jahr Einschlag von 35.000 m3 Holz von 1974 bis 1980, Zahlung von jährlich 10.000 USD für Bergrechte an jede der 66 Lacandonen-Familien)
- 1978: Gründung der REBIMA durch den Präsidenten Echeverría
- 1989: Anerkennung von 26 Ejidos des ARIC Independiente in der REBIMA durch den damaligen Präsidenten Salinas Gortari

- Mai/ Juni 2000: Angebliche Sichtung von extrem großen Bränden (analog im Jahre 1998) durch staatliche mexikanische Stellen in der REBIMA (ca. 170 Brände auf einer Fläche von ca. 10.000 ha). Es stellt sich hinterher heraus, daß nur 398 ha in der gesamten Selva Lacandona gebrannt haben. Die ursprüngliche Behauptung ist Teil der Propaganda gegen die Gemeinden im Biosphärenreservat. 8 NGOs, unter ihnen Conservation International und WWF USA, die an den Verwaltungskosten für REBIMA beteiligt sind, machen Druck auf die mexikanische Regierung und drohen mit Finanzierungsstop für das Biosphärenreservat, wenn das Problem der illegalen Siedlungen nicht gelöst wird.
- 12. Sept. 2001: Durch Conservation International unterstützte Sammelklage der Lacandonen gegen 16 Gemeinden im Biospärenreservat wegen "Schädigung der Ökologie", ein Delikt, das in Mexiko mit bis zu 8 Jahren Gefängnis bestraft werden kann.
- 13. Sept. 2001: Gründung der Mesa Ambiental in Tuxtla Gutierrez (Zusammenschluß von mexikanischen Regierungsstellen und "Umwelt"-NGOs, forciert Umsiedlungspolitik in den Montes Azules)
- 25. Dez. 2001: Rede des mexikanischen Umweltministers Ignacio Campillo (PROFEPA): "Die Armee wird das organisierte Verbrechen bekämpfen und möglichen Investoren Schutz bieten. PROFEPA hat 9 Zentren entdeckt, die schwer regierbar sind. (...) Chiamalapas (Oaxaca und Chiapas), Vizcaíno (Baja California Sur) und Montes Azules (Chiapas) wurden als Gebiete erster Priorität ausgewählt, in denen der Rechtsstaat wieder hergestellt werden soll. (...) Wenn in diesen Gebieten großen Naturreichtums keine Ordnung hergestellt wird, wird keine Privatinitiative kommen und investieren. (...) Wir werden alles Notwendige unternehmen, denn wir können bei Präsident Fox und auch den Bürgern, die wirklich auf ein sichtbares Zeichen zugunsten der Umwelt warten, keinen schlechten Eindruck hinterlassen.")
- Nov. 2002: Abenteuerralley "Isuzu Challenge" mit dem Namen "Ruta Maya 2002": 2 Konvois von je 16 Jeeps bewegen sich ungehindert auf den dem Militär vorbehaltenen Straßen durch das Gebiet der Montes Azules und machen Vermessungen und Untersuchungen mittels GPS (laut Denuncia von Aric Independiente). Leiter der Gruppe ist der General Avihu Ben Nun, ehemaliger Chef der israelischen Luftwaffe und jetziger Generalvertreter von General Motors in Israel. Bei den Teilnehmern der Ralley handelt es sich zu 80 % um israelische Staatsbürger (dies kommt heraus, weil die TeilnehmerInnenliste der Tour an die Öffentlichkeit gelangt).
- Dez. 2002: Installation eines Überraschungsangriffs auf 8 neuere Gemeinden in den Montes Azules (wird durch Bekanntwerden in der Öffentlichkeit verhindert). Aber "freiwillige" Räumung der Siedlung Lucio Cabaņas (5 Familien mit 29 Personen) unter dem Versprechen des Ankaufs von 20 ha Land für jede Familie. 6monatiger Aufenthalt der Familien in einer Herberge von Comitán, Hinhaltetaktik durch die PROFEPA und 2maliges Scheitern des Versuchs, Land anzukaufen. Danach sind die 6 Familien der Versprechen müde und gehen in die Zone Marqués de Comillas südlich der REBIMA mit der Ankündigung, sobald wie möglich zurück in die Montes Azules zu gehen, da die Regierung ihnen keine andere Wahl läßt.
- 29. Dez. 2002: Kommuniqué der EZLN, daß es im Falle der zapatistischen Gemeinden keine friedliche Räumung geben wird, sondern daß sich die EZLN bei versuchter Räumung militärisch einschalten wird.
- Jan. 2003: Warnung des US-Außenministeriums: "Die Sicherheit von US-Touristen in Chiapas kann nicht mehr gewährleistet werden, von Reisen dorthin wird abgeraten."
- Febr. 2003: Erklärung des mexikanischen Umweltministers Ignacio Campillo, daß die Räumungen in den Montes Azules "zu einem geeigneten Zeitpunkt" durchgeführt werden.
- 10., 14., 27. April 2003: Gewaltsames Eindringen von Vertretern der PROFEPA und der Lacandonen sowie von Paramilitärs aus Frontera Corozal und Nuevo Palestina in Begleitung der mexikanischen Marine in die 2 Gemeinden Nuevo San Rafael und Nuevo San Isidro am Rio Lacantún im Süden der REBIMA. Bewaffnet mit Macheten und Schußwaffen sprechen sie den Bewohnern der 2 Gemeinden einen Platzverweis aus und kündigen an, diesen gewaltsam durchzusetzen.
- Ende April/ Anfang Mai 2003: Einrichtung von Friedenscamps in den 2 bedrohten Gemeinden durch FrayBa, vorläufige Beruhigung der Situation, aber keine Entschärfung des Konfliktes.
- 22. Jan. 2004: Gewaltsame Vertreibung der Gemeinde Nuevo San Rafael. Abbrennen der 23 Häuser und Besetzung der Dorfstelle durch 40 Soldaten des mexikanisches Militärs. Verhaftung von Josué Jimenez Cruz, ehemaliger Responsable der Gemeinde. Er wird nach Tuxtla Gutierrez gebracht und dort unter Hausarrest gestellt. Menschenrechtlern wird der Zutritt zur ehemaligen Dorfstelle von San Rafael verwehrt, aber sie können Kontakt zu Josué Jimenez Cruz aufnehmen.
- Feb. 2004: Instituto de la Vivienda y de la Reserva Territorial y Control de Obras del Estado de Chiapas okkupiert 34 ha Land in der Gemeinde Niņos Héroes im Verwaltungsbezirk Palenque, um Häuser für die zukünftigen Vertriebenen aus den Montes Azules zu bauen
- 4. Juni 2004: Die Leiter der Amtes für Agrarreform (SRA) und des SEMARNAT, Florencio Salazar und Alberto Cárdenas, geben offiziell den Beginn der Umsiedlung der 'illegalen' Siedlungen innerhalb der Zone von Montes Azules bekannt. Sie erklären, daß 13 der 42 Gemeinden, die sich illegal in der Zone befänden, "Umsiedlungsabkommen" unterzeichnet hätten, und fünf weitere "Regularisierungsabkommen", um weiterhin innerhalb des Gebietes bleiben zu können, das als Eigentum der lacandonischen Gemeinde gilt. Die übrigen Gemeinden befänden sich weiterhin im Prozeß der "Verhandlung". Laut Gouverneur Pablo Salazar stehen für das Umsiedlungsprogramm 850 Millionen Pesos zur Verfügung.
- 5. Juli 2004: 25 Familien aus dem Dorf San Francisco, El Caracol in den Montes Azules werden "freiwillig" unter Ausschluß der Öffentlichkeit von staatlichen und bundesstaatlichen Behörden geräumt und in ein Modelldorf in der Zona Marqués de Comillas umgesiedelt. Man stellt ihnen dort 523 Hektar Land zur Verfügung, die ursprünglich Teil eines privaten Biosphärenreservates waren.

Fazit:
Mit der Gründung der Comunidad Lacandona 1972 und der ausschließlichen Übertragung der Landrechte an die 66 Lacandonen-Familien wurde das Landrecht von 47 weiteren indigenen Siedlungen mit insgesamt 4000 Familien von Ch´oles, Tojolabales, Tzeltales und Tzotziles verletzt, die schon seit den 50er und 60er Jahren im Gebiet ansässig waren. 17 dieser Gemeinden verfügten ebenfalls über einen Präsidentschaftsbeschluß zur Neusiedlung in der Selva. Grund für den damaligen Beschluß: Durch die Umsiedlung der Gemeinden ließen sich Landkonflikte in anderen Regionen von Chiapas ohne Landreform lösen.
Das REBIMA-Dekret von 1978 bot weder der Holzausbeutung durch COFOLASA noch der Ausbreitung der extensiven Viehwirtschaft im gesamten Gebiet Einhalt oder verhinderte diese. Da
es das erste Biosphärenreservat Mexikos war, dauerte es 22 Jahre, bis ein Managementplan erstellt wurde (2000), der erneut die in diesem Gebiet existierende soziopolitische Realität ignorierte. Selbst die offiziellen Maßnahmen der Schenkung von Ejidos über die Comunidad Lacandona und REBIMA gingen systematisch weiter und unterstützten dabei eine Kolonisierungspolitik des Urwaldes mit direkter und indirekter Unterstützung für die extensive Viehwirtschaft.

Seit dem Jahr 2000 rückt die Selva Lacandona zunehmend in den Blickwinkel von Regierungsstellen und internationalen Konzernen, sei es als hochinteressantes Gebiet für die Prospektion und Patentierung pflanzengenetischer Ressourcen oder als Projektfeld für Megaprojekte im Rahmen des Plan Puebla Panamá. Die mexikanische Regierung initiierte für eine Sicherstellung der zu erwartenden Investitionen Lobbyorganisationen, wie die Conservation International, die, als Umwelt-NGO getarnt, eine Ökologisierung des Konfliktes vorantreiben soll, um eine öffentliche Akzeptanz für die Vertreibung unerwünschter Siedlungen zu schaffen. Hilfreich sind dabei auch einige schon angelaufene Ökotourismus-Projekte internationaler Betreiberfirmen. Argumentiert wird von dieser Seite, daß die zu vertreibenden Siedlungen durch ihre Subsistenzwirtschaft für eine massive Abholzung des Regenwaldes sorgen. Regierungskritische NGOs wie Global Exchange und CIEPAC (Zentrum für ökonomische und politische Studien aus Chiapas) hingegen können mit Luftbildern belegen, daß die Gründe für die Mehrzahl der Zerstörungen in der extensiven Viehwirtschaft, dem Holzeinschlag, dem Straßenbau und im massiven Aufbau von Militärposten liegen (z.B. dem Militärposten San Quintín im Osten der REBIMA).
Im Biosphärenreservat Montes Azules stehen die Interessen von lokalen Machthabern, Regierung und Unternehmen den Autonomieforderungen der marginalisierten indigenen Landbevölkerung diametral gegenüber. Während die mittellosen SiedlerInnen in der Regel vor mehreren Jahren ihre Heimatdörfer wegen Landmangel oder oppositioneller Haltung verlassen mußten und in die Selva gingen, um überleben zu können, befürchten Staat und Wirtschaft einen Einfluß- und Einkommensverlust und drohen mir gewaltsamen Vertreibungen. Insgesamt sind bis zu 40 Gemeinden räumungsbedroht. Die Region Montes Azules bleibt ein Pulverfaß von überregionaler Bedeutung.



2. Das Biosphärenreservat Montes Azules: Ökonomische Interessen


1. Plan Puebla Panamá

- Im Rahmen des PPP sind neue Investitionen rund um das Biosphärenreservat Montes Azules (REBIMA) geplant: Erdöl-Bohrtürme in der Region Marqués de Comillas, ein transnationales Staudammprojekt bei Boca del Cerro am Rio Usumacinta, eine Autobahn entlang der guatemaltekischen Grenze und die Errichtung neuer Freihandelszonen.

- Das Gebiet der REBIMA selbst ist interessant aufgrund seiner Vorkommen an Erdöl, Erdgas, Uran, Edelhölzern und aufgrund seiner hohen Biodiversität.

2. Erdöl

- Schon nach dem Zweiten Weltkrieg war die Selva Lacandona Ziel von Analysen und Forschungen der US-Regierung in Bezug auf seine Erdölvorkommen.
1993 veröffentlichte der Forscher Fabio Barbosa eine Studie mit dem Titel "Erdöl-Quellen in der Selva Lacandona". Hier beschreibt er jene zwei Gebiete in Chiapas, auf die sich die Untersuchungen der USA am stärksten konzentriert hatten: eines im Westen der Montes Azules, das sich mit einem Radius von 30 km kreisförmig um die Stadt Altamirano herum ausdehnt und das andere am Scheitelpunkt der Flüsse Lacantún und Lacanjá, nahe der Ortschaft Zamora Pico de Oro.
In dem ersten der beiden beschriebenen Gebiete wurden potentielle Vorkommen von 2.178 Millionen Barrel Rohöl ausgemacht. Insbesondere betrifft das eine bedeutende, Ococingo genannte Erdöl-Lagerstätte unterhalb der indigenen Comunidad La Garrucha, Sitz der autonomen Gemeinde Francisco Gómez und einer der regionalen, zapatistischen Juntas de Buen Gobierno.

- Der kanadische Erdölkonzern Seine River Resources hat im Gebiet von Marqués de Comillas zwei Ölquellen gefunden, die unter den Namen Mena 2 und Lacantún bekannt sind und eine Verlängerung der großen, im guatemaltekischen El Petén gelegenen Erdöl-Vorkommen darstellen. Das gleiche Unternehmen fand auch eine Erdöl-Lagerstätte in der Gemeinde von Palenque, nahe der Comunidad Roberto Barrios, Sitz der Junta de Buen Gobierno der nördlichen Zone der Selva von Chiapas.

3. Biodiversität

- An der Biodiversität in der REBIMA ist besonders der US-Agromulti Monsanto interessiert, der bezüglich der Selva Lacandona eine Vereinbarung mit dem mexikanischen Unternehmen Grupo Pulsar unterzeichnet hat. Die Forschungsstätten von Grupo Pulsar - Laguna El Suspiro und El Ocotal - sind die am stärksten militarisierten Gebiete in der Selva. (Die Grupo Pulsar ist ein multinationales mexikanisches Gentec-Unternehmen, an dem auch Monsanto und Nestlé beteiligt sind. Hauptaktionär ist der Unternehmer Alfonso Romo, der auch Wirtschaftsberater von Präsident Fox ist.)

- Im September 1999 wurden durch die damaligen AmtsträgerInnen des SEMARNAT Javier de la Maza und Julia Carabias 7 Millionen Pesos von UNDP an die chiapanekische "Umwelt-NGO" Espacios Naturales y Desarrollo Sustentable A.C., an der beide Personen auch beteiligt sind, geleitet, die damit die sog. biologische Forschungsstation (bzw. das Hotelprojekt) Boca de Chajul (Ex-Forschungsstation der UNAM) an der Mündung des Chajul in den Lacantún weiter ausbaute und derzeit eine neue Station am Rio Tzendales aufbaut. Beide Forschungszentren gelten als Drehscheibe für Bioprospektionsprojekte in der Region (erstere befindet sich in der Nähe der am 22. Januar 2004 geräumten Siedlung Nuevo San Rafael).

4. Conservation International

- Die US-amerikanische Nichtregierungsorganisation Conservation International wurde im Jahre 1987 mit dem Auftrag gegründet, sich weltweit dem Naturschutz in Gebieten zu widmen, deren biologischer Reichtum stark gefährdet ist.

- Zu ihren Geldgebern zählen neben dem mexikanischen Gentec-Unternehmen Grupo Pulsar auch Mc Donald's, Starbucks Company, Walt Disney Company, Ford Motor Company, Exxon Mobil Foundation, Packard Foundation, Intel, Chiquita Brands International sowie die Gesellschaft für Internationale Entwicklung der US-Regierung, USAID.

- Momentan fördert CI Projekte in 22 Ländern.

- In der chiapanekischen Selva Lacandona wurde Conservation International zum ersten Mal 1989 (?) aktiv.

- Laut Interview mit CI-VertreterInnen besteht das Team in Chiapas (?) aus 25 Personen, die sich mit Projekten zu Ökotourismus, Information, Bildung, Gesundheitsversorgung und ländlicher Entwicklung vor allem in der Region der Selva beschäftigen und mit staatlichen Stellen (CONANP, SEMARNAT, PROFEPA, SDS), NGOs, in- und ausländischen Universitäten, privaten Forschungseinrichtungen (Espacios Naturales, ECOSUR) und 25 Gemeinden in der gesamten Selva Lacandona (bspw. Frontera Corozal, Nuevo Palestina, Ixcán, Plan de Ayutla, Emiliano Zapata, Lacanjá Chansayab, Najá, Metzabok) zusammenarbeiten.

- CI ist mittlerweile nicht nur in der Selva Lacandona aktiv, sondern auch im benachbarten El Petén in Nordguatemala. Das grenzübergreifende Projekt heißt "Selva Maya".
Am Rio Usumacinta beispielsweise wird von CI ein binationales Ökotourismusprojekt betrieben, das eine Niederlassung in Frontera Corozal auf mexikanischer Seite und in Bethel auf guatemaltekischer Seite hat.

- In der Selva Lacandona betreibt CI das Projekt SIMASEL (System zum Umweltmonitoring), dessen Geldgeber die Grupo Pulsar und - über USAID - die US-Regierung sind und an dem ECOSUR und die CONANP (Nationale Kommission für Schutzzonen) teilnehmen.
Ziel dieses Projektes ist die Beschaffung von Informationen im Hinblick auf den Zustand der Waldbedeckung, die regionale Bodennutzung und die Besiedlung des Regenwaldes. Hierzu werden Satellitenbilder (der NASA), Luftbilder, Geländeaufnahmen sowie GPS-Daten genutzt, die mit Hilfe von GIS (Geographische Informationssysteme) ausgewertet werden. Es finden wöchentliche Überflüge statt.

- An der Südgrenze der REBIMA betreibt CI das Ökotourismusprojekt "Estación Ixcán" (finanziert von der Grupo Pulsar und in der Nähe der am 22. Januar 2004 geräumten Gemeinde Nuevo San Rafael gelegen). Desweiteren rief CI 1998 im Zusammenschluss mit der Starbucks Company Projekte zur Produktion von biologisch angebautem Kaffee in 20 Gemeinden in der Region El Triunfo in der Selva Lacandona ins Leben.

- In einem Interview mit VertreterInnen der Internationalen Zivilkomission zur Überwachung der Menschenrechte in Mexiko im März bzw. Mai 2002 bekundet CI Interesse, in Zukunft Wiederaufforstungsprojekte/ Kohlenstoffsenkenprojekte in einigen Gemeinden der Selva Lacandona (z.B. in Frontera Corozal) durchzuführen und dies evt. durch ein Förderinstrumentarium der Weltbank zu finanzieren.

5. EU und GTZ

- Am 27. Januar 2003 unterzeichnete die EU mit der Bundesregierung von Chiapas ein Abkommen über eine Finanzhilfe von 15 Millionen Euro für das Projekt "Soziale und nachhaltige Entwicklung in der Selva Lacandona".

- Ziel des Projektes ist es, "die Anstrengungen der Regierung von Chiapas beim Kampf gegen die Armut zu unterstützen und zum Schutz der natürlichen Ressourcen in der Selva Lacandona beizutragen".

- Das Projekt ist Teil des Nationalen Entwicklungsplanes für Mexiko, des Staatlichen Entwicklungsplanes für Chiapas und eines gleichnahmigen Programmes, das die chiapanekische Regierung seit dem Jahr 2001 in der Selva Lacandona durchführt. Es basiert auf der im Oktober 2002 (?) geschlossenen Vereinbarung zwischen Mexiko und der EU über wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit.

- Eine Kooperation findet statt mit:
ˇ einem Projekt der Vereinten Nationen unter dem Titel "Bevölkerung, Umwelt und nachhaltige Entwicklung in der Selva Lacandona von Chiapas"
ˇ dem Mesoamerikanischen Biokorridor
ˇ einem Projekt von Conservation International namens "Gesamtstrategie zur Bewahrung der Biodiversität in der Selva Lacandona im 21. Jahrhundert" (finanziert von USAID)
ˇ einem Projekt der Ford- und Oxfam-Stiftung zur sozio-ökonomischen Entwicklung in Chiapas (Oxfam hat sich mittlerweile von dem EU-Projekt distanziert)
ˇ einem neuen Projekt (noch in Vorbereitung) der GTZ und des SEMARNAT namens "Ressourcenschutz und nachhaltige Entwicklung im Südosten Mexikos" (PROSURESTE), welches in den Bundesstaaten Chiapas, Campeche und Quintana Roo durchgeführt wird.

- Das Projekt hat eine Laufzeit von 4 Jahren (April 2004 - März 2008) und umfaßt ein Gesamtbudget von 31 Millionen Euro: die Bundesregierung von Chiapas stellt 16 Millionen Euro zur Verfügung und die EU unterstützt das Projekt mit 15 Millionen Euro.

- Die GTZ fungiert als Auftragnehmerin für die EU und schrieb im Herbst 2003 6 Stellen für das Projekt aus. Gesucht wurden ein Projektleiter, ein Spezialist für Monitoring, zwei Ökonomen, ein Agraringenieur und eine Verwaltungsfachkraft. Arbeitsschwerpunkte sollen u.a. die Zusammenfassung aller verfügbaren Daten über die Selva, Infrastruktur- und Territorialplanung sowie die Identifizierung von vermarktungsfähigen Produkten und Sektoren wie Ökotourismus, Forstwirtschaft, Kaffee, Honig, Kunsthandwerk, Heilpflanzen und Umweltdienstleistungen sein.

- Das GTZ-Projekt umfaßt 7 der 9 Municipios (=16 der 34 Microregionen) in der Selva Lacandona: Ocosingo, Las Margaritas, Maravilla Tenejapa, Marqués de Comillas, Benemérito de las Américas, La Trinitaria und La Independencia. Diese Municipios umschließen das Biosphärenreservat Montes Azules und mehrere kleinere Naturschutzgebiete.

- Am 17. Mai 2004 wurde das Projektbüro in Tuxtla Gutierrez durch das Ministerium für soziale Entwicklung (SEDESO) eingeweiht. An dem Projekt nehmen außer dem SEDESO noch direkt die Ministerien für Ländliche Entwicklung (SDR) und für Indigene Völker (SEPI) sowie das Institut für Naturgeschichte und Ökologie (INHE) teil.

- Der Direktor des INHE, Pablo Muench Navarro, wies darauf hin, daß man Aktionen des Umweltschutzes in Angriff nehmen wird, die den Druck auf die Naturressourcen lindern sollen. Durch eine rationale Nutzung und die Förderung von ökonomischen Alternativen sollen die familiären Einkommen verbessert werden.

- Auf einer Mexiko-Tagung der Evangelischen Akadamie Bad Boll am 21. Mai 2003 erklärten die GTZ-VertreterInnen Dr. Susanne Welz und Alberto Vega auf Anfrage noch, "... daß sich die GTZ nicht in Chiapas engagieren wird.... Das Konfliktgebiet Montes Azules ist derzeit nicht vorgesehen."

Sylvia Thiele


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Die Gruppe B.A.S.T.A. bedankt sich herzlich bei Sylvia Thiele für die Erarbeitung dieses Papiers und der Powerpoint-Präsentation.

Hintergrundbericht I (2002)





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