Worte von Oberstleutnant Moisés bei der Eröffnung der Nationalen Vollversammlung der Anderen Kampagne

La Garrucha, Chiapas
16. September 2005


Guten Abend an alle Compaņeros und Compaņeras. Wie Compaņero Subcomandante Insurgente Marcos schon sagte, spreche ich im Namen meiner Compaņeros und Compaņeras vom politisch-militärischen Flügel. Die Compaņeros und Compaņeras Comandantes und Comandatas bilden den organisatorischen politischen Teil, jene die uns auf unseren Pfad des Kampfes leiten. Wir sind die Soldaten aus dem Volk, die Väter und Mütter und alles andere hinter sich gelassen haben.
Es gibt Compaņeros und Compaņeras, die ihre Familien für immer verlassen haben, da sie bei der Erfüllung ihrer Pflicht gestorben sind. Jene von uns, die immer noch am Leben sind führen Schläge gegen die schlechte Regierung und die Ausbeuter aus, und wir werden nicht aufhören gegen diese schlechten, ausbeuterischen Regierungen auszuschlagen. Wir, die Insurgenten und Insurgentinnen, sind hier aufgrund unseres Gewissens. Die große Belohnung, die wir irgendwann einmal erhalten werden, besteht darin eines Tages diese Menschen - die Mexiko heißen - in Freiheit zu sehen. Deshalb sind wir eine politisch-militärische Armee, die zu den Waffen gegriffen hat um unsere Compaņeros und Compaņeras unserer kämpfenden Völker zu beschützen und zu verteidigen.

Sie haben gesehen, dass wir während des Kampfes aufrichtig und klar darüber gesprochen haben, wie sie uns ausbeuten, wie sie uns demütigen, und wenn wir uns dagegen organisieren und kämpfen, folgt Repression. Sie wollen nicht, dass wir lernen eine neue Politik zu machen und eine andere Art Politik zu betreiben. Deshalb sind wir die Verteidiger unserer organisierten Völker, die politisch kämpfen.

Genau das ist es, was wir jetzt mit den Völkern tun, die hier anwesend sind oder nicht, wir möchten mit politischen und friedlichen Mitteln kämpfen. Wir sind keine militaristische Armee, wir benutzen Waffen um uns selbst zu verteidigen, um Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie zu erringen.

Politisch verstehen wir, dass das mexikanische Volk Demokratie haben sollte, und das ist es was wir organisieren und dessen Umsetzung wir fordern.

Wir mussten eine Armee des Volkes bilden, um dies wirklich umzusetzen und eine wirkliche Demokratie des Volkes umzusetzen. Wir sind sehr anders, es ist eine andere Art der Armee, verrückt, aber gut für das Volk.

Wir sind bereit den ganzen Weg zu gehen, wenn nötig zu sterben, für das Volk und aus dem Volk von Mexiko. Auf diese Weise übt die EZLN in ihren Dörfer und Regionen die Demokratie aus, indem sie die Dörfer über ihre Initiativen und Kämpfe konsultiert. Das hat sie 1993 getan, wir fragten ob wir unseren Kampf beginnen sollten. Das hat sie bei mehreren Gelegenheiten getan, wie jetzt mit der Sechsten Erklärung, und die große Mehrheit unserer Gemeinschaften sagten ja.

Es ist einfach Befehle zu erteilen, aber wir haben das nicht so getan, denn dann wäre es keine Demokratie, alle wurden konsultiert, ob sie mit der Initiative einverstanden waren oder nicht. Mit diesem neuen Plan, den wir jetzt ausführen, in der Sexta, gibt es etwas, dass ich Ihnen gerne erzählen möchte. Es ist nicht sehr leicht für mich zu Ihnen darüber zu sprechen, aber so ist das wenn man wirklich kämpft und bereit ist, den ganzen Weg zu gehen. Darüber möchte ich Ihnen zu Ihnen sprechen, aber ich muss erst sehen, ob ich das schaffe.

Ich, Oberstleutnant Moisés, kam in die Berge um mich darauf vorzubereiten ein Insurgent zu sein, und so wie das ist wenn jemand kommt um sich den Insurgenten anzuschließen, lernt man zuerst und später erhält man die Befehlsverantwortung, um andere zu lehren. Viele Jahre lang war mein Kommandant unser unvergessene Compaņero Subcomandante Insurgente Pedro.

Eines Tages sagte er zu mir - ich kann mich nicht an den genauen Tag erinnern, aber es war 1993 - er sagte zu mir, oder er rief mir zu: "Moy, komm mal her," und ich ging zu ihm hin, in sein Haus, in eine der Baracken, die wir hatten, aber die von der ich Ihnen erzähle war die "Kollektiv"-Baracke. Ich kam und er sagte zu mir: "Hör mal, Moy, da wir jetzt in die Öffentlichkeit gehen, um unseren Kampf für Nationale Befreiung zu beginnen, falls irgendetwas passiert, oder mir irgendetwas passiert, wirst du mein Erster Offizier sein. Ich beauftrage dich mit der Leitung der Compaņeros und Compaņeras und den Kampf weiterzuführen, die Arbeit weiterzuführen. Genau so wie ich," sagte er mir.
"Ich bin der Erste Offizier für Compaņero Subcomandante Insurgente Marcos." Was glauben Sie was dann passiert ist? Mir ist nicht wirklich danach darüber zu sprechen, weil es keine Geschichte ist, es ist keine Geschichte, die ich gerne erzählen möchte, es ist sehr schmerzhaft und bedauerlich und gemischt mit Wut und Trauer. Wenn man einem Compaņero sehr nahe steht, und er ist dein Kommandant, . . . mitzuerleben wie ein treuer Compaņero stirbt, mit dem man lange Zeit gelebt hat, ist wie etwas . . . nein, es ist besser, Ihnen das nicht zu sagen . . .

Aber unsere Kommandanten, die wussten, wie man sein gegebenes Wort in Ehren hält, Ehren es zuerst wenn die Umstände das erlauben, wenn nicht, erfüllen sie ihre Pflicht.

Ich erinnere mich an das letzte Mal, das Subcomandante Insurgente Pedro und Subcomandante Insurgente Marcos sich sahen, ich war dabei. Ich hörte persönlich die letzten Anweisungen, die Subcomandante Marcos Subcomandante Insurgente Pedro erteilte. Sub Marcos sagte zu Sub Pedro: "Pedro, du bist mein Zweiter Offizier, denk daran, also gib acht, dass du nicht stirbst", sagte Subcomandante Marcos, und Subcomandante Pedro antwortete: "Wir werden gegenseitig aufeinander acht geben, Compaņero." Das waren die letzte Worte, die Subcomandante Marcos und Subcomandante Pedro miteinander tauschten.

Subcomandante Pedro war sehr glücklich. Ich erinnere mich, dass er die Compaņeros und Compaņeras Insurgenten des Ersten Regiments versammelt hatte, und er sagte uns: "Compaņeros, Compaņeras, jetzt werden wir in die Öffentlichkeit treten, jetzt werden sie erfahren, für wen wir kämpfen, für das mexikanische Volk."

Wir müssen uns mit ihnen organisieren, mit den Arbeitern, und dann sagte er, von dort komme ich her, denn er war ein Arbeiter, er war kein Indigena, aber er wurde mit uns zum Indigena, und er starb unter Indigenas. Ein Arbeiter, der loyal zu uns war, ist nicht mehr körperlich bei uns, aber er träumte davon, von dem, was wir hier taten. Er träumte davon hier zu stehen, mit Arbeitern, Campesinos, Indigenas, Lehrer, Studenten, Nachbarn, Künstlern und vielen anderen, er erzählte uns davon. Dieser Traum, den er träumte, das was er träumte, ist das, war wir gerade tun, und deshalb spreche ich für ihn, denn für uns ist er nicht tot, genau wie die große Armut und Ungleichheit, unter der wir leiden, nicht gestorben sind. Für uns ist er nicht tot, und wir haben gesiegt. Für uns ist er nicht tot, denn das was errichtet werden muss, geht weiter, und wir haben das was erbaut werden muss, tatsächlich erbaut. Für uns ist er nicht tot, denn er wird unter den Völkern des freien Mexikos leben. Aber damit es freie Menschen in Mexiko gibt, muss man wenn nötig sein Leben zu opfern wissen, und genau das ist dann passiert. Er fiel im Gefecht, am Morgen des ersten Januars, im Jahr 1994, in Las Margaritas. Er ist dort bei uns, an einem Ort an dem wir sein Körper beerdigt haben, seine Leiche, aber er ist auch hier bei uns, und wir möchten, das er mit den Compaņeros und Compaņeras ist, die sich der Sexta angeschlossen haben, und mit allen anderen.

Wie unsere Kommandanten uns beibrachten, folgt der nächste in der Reihenfolge, und in diesem Fall fiel es mir zu, die Arbeit weiterzuführen nachdem Compaņero Subcomandante Insurgente Pedro gefallen war.

Ich erinnere mich auch, dass ich mit Compaņero Subcomandante Pedro sprechen wollte, als ich den Ort erreichte an dem er gefallen war, und ich sagte zu ihm: "Was ist geschehen, Subcomandante, was ist geschehen?" Er antwortete mir mit Schweigen. Es schmerzt einen geliebten Kampfgefährten zu verlieren, der gleichzeitig dein Kommandant gewesen ist, aber, wie ich schon sagte, jene von uns die übrig sind machen weiter.

Auf diese Weise entstanden wir, organisierten wir uns, als Soldaten. Wir sind für diese Fälle vorbereitet.

So wie heute, Compaņeros und Compaņeras. Sie kennen mehrere der Compaņeros und Compaņeras Comandantes und Comandantas, aber eines Tages, werden wir sie nicht mehr sehen, je nach den Umständen unseres Kampfes, den Missionen die ausgeführt werden müssen, um dem Kampf für ein freies Mexiko das Wort zu verleihen.

Mehrere der Compaņeros und Compaņeras Comandantes und Comandantas werden ausziehen, um in der Anderen Kampagne zu arbeiten. Sie wurden gebeten, die Entscheidung, an der Anderen Kampagne mitzuarbeiten, freiwillig zu treffen, denn sie und die Menschen sind es, die wir beschützen müssen. Wir, die Insurgenten, werden ebenfalls ausziehen, aber nicht freiwillig, sondern Befehlen folgend. Wenn man uns sagt, Compaņero, Compaņera, du wirst hinausziehen um in der Anderen Kampagne zu arbeiten, oder man sagt uns, Compaņero, beschütze weiterhin unsere Gemeinden und organisiere den Widerstand besser, werden wir das tun. Was es auch immer ist, wir werden unsere Befehle ausführen.

Unsere Pflicht ist es, das Terrain zu erkunden, wohin wir unsere Compaņeros und Compaņeras aus unseren Völkern führen werden. Wir sind die Soldaten, es gibt immer einige, die als Vorhut gehen müssen. Vorhut nennen wir jene, die vorausgehen müssen, um das unbekannte Land zu erkunden. Und die Aufgabe der Vorhut ist es herauszufinden was es dort gibt. Ob das Land sumpfig ist, felsig, dornig oder andere Umstände, die der Vorhut beobachtet, und uns dann informiert, damit wir wissen was zu tun ist und wie es getan werden muss.

Wir wissen, dass sie unter Vorhut den Anführer, die erfahrenen Kämpfer oder den Befehlshaber verstehen, und dass sie einzigartig sind, und immer Recht haben und mehr wissen, und deshalb die Führer sind.

Wir verstehen es anders, die Vorhut ist für uns das was ich gerade erklärt habe, diejenigen, die losziehen um das unbekannte Terrain zu erkunden, und es ist notwendig das zu tun, damit der Kampf vorwärtskommt, das ist unsere Arbeit, der Armee, die Erkundung des Landes.

Wir sind für diese Arbeit bereits organisiert, umorganisiert und alles andere. Die Nachfolge der Führungsspitze ist bereits gewählt.

Die Aufgabe der Vorhut das Land für die Andere Kampagne zu erkunden, ist Compaņero Subcomandante Marcos zugefallen. Er wird als erster ausziehen, und nach ihm werden wir ebenfalls folgen, und uns bei der Arbeit auswechseln. Compaņeros und Compaņeras, das ist bereits geplant und entschieden worden.

Der Compaņero Erster Offizier von Subcomandante Insurgente Marcos steht schon bereit. Er wird von uns Insurgenten bewacht und beschützt.

Compaņeros und Compaņeras, die Kampfmission ist Compaņero Subcomandante Insurgente Marcos zugefallen. Wir vertrauen Ihnen sehr viel an. Tun Sie alles, was Sie können für seine Sicherheit, denn er wird weggehen und sich außerhalb unseres Schutzes befinden, aber wir werden sehr wachsam bleiben.

Wir wissen, wer diejenigen sind, die wollen, dass es Tode gibt, und dass es für sie von Vorteil wäre, wenn jene die kämpfen sterben würden, besonders, ganz besonders wenn die Zapatisten sterben. Sie planen dafür, wie sie uns töten werden. Deshalb vertraue ich Ihnen so viel an, Compaņeros und Compaņeras.

Wenn das passiert, wird unser Kampf nicht aufgehalten werden, wir sind darauf vorbereitet.

Hört gut zu, Compaņeros und Compaņeras, unsere Reise ist politisch, ideologisch und friedlich. Unsere Initiative spricht nicht mit Kugeln, sondern mit Worten, Gedanken und Ideen.

Männer und Frauen von der nationalen und internationalen Presse, nun, wir könnten auch Sie Compaņeros und Compaņeras nennen, wenn Sie sich der Arbeit der Sechsten Erklärung anschließen. Aber wenn Sie es nicht tun, seien Sie einfach gute Berichterstatter, berichten Sie was gesagt wird und erfinden Sie keine Sachen.

Hört gut, unser Compaņero Subcomandante Insurgente Marcos wird unbewaffnet reisen. Er wird nur mit dem losziehen, was Gott ihm gegeben hat, und unsere Initiative ist politisch, friedlich, es geht dabei um Ideen und Gedanken und Worte.

Jeder Versuch der schlechten Regierung und der Ausbeuter den Kampf auszulöschen wird fehlschlagen, deshalb bleiben wir hier, unser Befreiungskampf wird weitergehen.

Compaņeros und Compaņeras, der Compaņero Subcomandante wird die Menschen nicht anführen, wir kommandieren nicht, wir halten uns auch nicht für die Vorhut eines Kampfes, oder glauben dass wir besser oder einzigartig wären. Er wird nicht reisen um den bewaffneten Kampf zu fördern, sondern für das was die armen Menschen Mexikos wollen, den politischen, friedlichen Kampf.

Er nimmt nichts anderes mit als unser Wort, das wir mit all unsere armen Brüder und Schwestern verbünden möchten, die in Mexiko kämpfen.

Wir, die Soldaten des Volkes, wir haben gar nichts. Alles was wir haben ist das Ziel des Kampfes. Unsere gesamte Ausrüstung und unsere Waffen gehören nicht uns, sondern dem Volk, wir passen nur auf sie auf und benutzen sie für den Kampf.

Und deshalb wird Compaņero Subcomandante Marcos nichts mitnehmen. Wir vertrauen auf Sie, Compaņeros und Compaņeras, dass Sie das Nötige für die Arbeit, die wir an Sie überreichen beisteuern werden. Nun, einige kleine Dinge wird er schon mitnehmen - Sie wissen schon was es ist, nicht wahr? - denken Sie nichts schlechtes. Er wird seine zerkaute Pfeife mitnehmen, die fester Bestandteil seines Lebens ist, seine getreue Compaņera, von der er sich nicht trennen kann. Er wird ebenfalls seinen alten Computer mitnehmen, damit er uns schreiben und erzählen kann wie die Erkundung des Terrains vorangeht. Heute vertrauen wir Ihnen an, für das zu sorgen was ihm für seine Arbeit fehlt.

Wir sagen Ihnen noch einmal, dass wir keine Kriegshandlungen provozieren werden um noch mehr Tode zu fordern. Nicht das. Das ist es nicht was wir suchen. Im Gegenteil, wir möchten Leben leben, keine Tode.

Compaņeros und Compaņeras, wir geben Ihnen alles: die obersten Anführer unserer armen Völker, Sie werden bald sehen, Compaņeros und Compaņeras.

Nun, Compaņeros und Compaņeras, Menschen des armen Mexikos, es ist unsere Stunde, es ist die Stunde der Armen gemeinsam Ya Basta zu sagen.

Männer und Frauen, alle gemeinsam, kämpfen Sie für diese Patria, die uns geboren hat und die andere übernehmen wollen. Wir werden es nicht zulassen, wir werden sie verteidigen, so wie unsere geliebten Menschen, die im Kampf gefallen sind, es uns beigebracht haben. Heute ist es an uns, keiner wird es für uns tun, nur wir selbst.

Niemand wird kommen, um uns aus dieser schrecklichen Lage zu befreien, in der uns die Verbrecher gebracht haben.

Marschiert voran, Compaņeros und Compaņeras! Schreiten wir alle zum Kampf für die Befreiung. Leben für die Patria oder Sterben für Freiheit.


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(übs. von Dana)



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