Anarchismus und Internet
- Entwicklung und Situation des Internet sowie seine wechselseitigen Bezüge
zum Anarchismus -
AutorInnenkollektiv um Frank Nord
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Textvariante: Kurzfassung, entspricht dem Buchtext. ("mini")
Zusammenfassung
Der erste Teil dieses Textes beschreibt das Internet - seine technischen
Grundideen, seine geschichtliche Entwicklung, seine Organisation und einige
seiner Probleme.
Im zweiten Teil wird das Internet in wechselseitiger Beziehung zum
Anarchismus betrachtet. Es werden Eigenschaften des Internet wie
Dezentralität, Einheit und Wachstumsdynamik zur Inspiration für den
Anarchismus interpretiert. Umgekehrt wird der Anarchismus zur Analyse
praktischer und ideologischer Probleme des Internet herangezogen.
Schließlich werden konkrete Handlungsbereiche für die libertäre
Internetnutzung aufgezeigt.
Der erste Teil des Textes kann auch für sich alleine gelesen werden. Der
zweite Teil baut auf den Erklärungen des ersten Teils auf.
Der Text ist in drei Varianten ("mini", "midi" und "maxi") verfügbar. Die
vor allem im ersten Teil kürzere "mini" Variante entspricht dem Text des
Beitrages "Anarchismus und Internet" in der Anthologie Anarchismus 2.0
(ISBN 3-89657-052-8), die von Hans Jürgen Degen und Jochen Knoblauch
herausgegeben wurde und im April 2009 im Schmetterling Verlag erschien. In
der "maxi" Variante des Textes werden Begriffe und Zusammenhänge des
Internet ausgiebig dargestellt, damit sie auch für Laien verständlich sind.
Die jeweils aktuelle Version dieses Textes wird über das Internet auf
folgender Website verfügbar gemacht: http://projekte.free.de/
anarchismus-und-internet/
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Das Internet
1.1. Wesentliche Eigenschaften der internet-Technologie
1.2. Entwicklung des Internet
1.3. Organisation des Internet
1.3.1. Standards
1.3.2. Netztopologie
1.4. Probleme und Kritik des Internet
1.4.1. Kapitalismus und/oder Innovation:
1.4.2. Der Staat
1.4.3. Kollektive Vereinzelung:
2. Internet undstattoder Anarchismus
2.1. Vom Internet lernen ...
2.1.1. Dezentralität und Einheit
2.1.2. Gedankenexperiment: Anarchismus als Internet
2.2. Vom Anarchismus lernen ...
2.2.1. Regulation von unten
2.2.2. Freiheit mit Staat und Markt?
2.3. Praktische Möglichkeiten
2.3.1. "Bildet Banden!"
2.3.2. Konzerne - nein danke!
2.3.3. Freie, open source Software
2.3.4. Verschlüsselung, Sicherheit und Anonymität
Quellen
Index
Einleitung
Aus einer anarchistischen Perspektive betrachten wir mit diesem Text [FNord
] das Internet, seine Technologie und seine historischen und
gesellschaftlichen Dimensionen. Voraussetzung dafür ist zumindest eine
ungefähre Vorstellung davon, wie das Internet funktioniert. Deshalb kommen
wir um einige technische Erklärungen nicht herum. Eine ausführlichere
Version dieses Textes mit mehr historischen und technischen Details und
Quellenangaben ist im Internet verfügbar und über die Website des Verlages
erreichbar.
Zur Klarstellung noch eines vorweg: Eine rein technische Lösung zur
Befreiung der Gesellschaft (von Herrschaft, Ausbeutung, Staat, ...) kann es
nicht geben. "Befreiung" ist ein an Subjekte gebundener Begriff, und nur
sie können die urhebende und beurteilende Instanz einer Befreiung sein.
Menschen, die sich befreien (wollen) benutzen dazu allerdings auch
Hilfsmittel. Von der klandestinen Kommunikation über die aufklärerische
Betätigung der Druckerpresse bis hin zu bewaffneten Milizen findet sich ein
breites Spektrum historisch jeweils verfügbarer Mittel - auch bei
anti-autoritären, anarchistischen Befreiungsbestrebungen. Dies gilt auch
für die Nutzung des Internet.
Es wäre sicher ein interessantes und nützliches Projekt, libertäre
Internetnutzung - etwa analog zu DadA (Datenbank des deutschsprachigen
Anarchismus) bei Druckmedien - zu katalogisieren
und zu analysieren, aber es soll im Folgenden um andere, tiefer liegende
Bezüge zwischen Anarchismus und Internet gehen. Diese Bezugnahmen basieren
auf bzw. resultieren in einer Doppelthese, dass nämlich einerseits "das
Internet" Prinzipien und Erfahrungen "des Anarchismus" bewusst(er) in seine
Entwicklung aufnehmen könnte (bzw. sollte), während andererseits "der
Anarchismus" die Prinzipien und Erfahrungen "des Internet" zum Aufbau
gesellschaftlicher Freiräume und emanzipatorischer Entwicklungsprozesse
wirksam machen könnte - und auch sollte. Trotz vieler positiver Bezugnahmen
auf das Internet in diesem Text sollte nicht vergessen werden, dass auch
eine Lebensführung ohne Internet nicht diskriminiert werden darf.
Kapitel 1. Das Internet
Inhaltsverzeichnis
1.1. Wesentliche Eigenschaften der internet-Technologie
1.2. Entwicklung des Internet
1.3. Organisation des Internet
1.3.1. Standards
1.3.2. Netztopologie
1.4. Probleme und Kritik des Internet
1.4.1. Kapitalismus und/oder Innovation:
1.4.2. Der Staat
1.4.3. Kollektive Vereinzelung:
Das Internet ist das weltweit größte Datenübertragungsnetz, das auf
internet-Technologie basiert.
Als Grundlage für die Darstellungen seiner organisatorischen und
gesellschaftlichen Dimensionen, folgt zunächst ein kurzer Blick auf die
zentralen Merkmale der Technologie des Internet und dessen Entwicklung.
Dabei ist Internet mit großem I "das" Internet, während "internet" mit
kleinem i ein beliebiges Datenübertragungsnetz meint, das
internet-Technologie verwendet, unabhängig davon, ob eine Verbindung zu
"dem" Internet besteht oder nicht. Das englischsprachige Wort "internet"
kann als Zusammenziehung von "interconnected networks" gelesen werden,
meint also miteinander verbundene Netzwerke, ein Netz von Netzen.
1.1. Wesentliche Eigenschaften der internet-Technologie
In einem internet werden digitale - also perfekt kopierbare - Daten
übertragen. Zusammengehörige Daten werden in kleine Pakete aufgeteilt und
unabhängig voneinander zu ihrem Ziel transportiert (paketorientiert). Die
Paketorientierung war eine revolutionäre technologische Neuerung gegenüber
der Leitungsorientierung des klassischen Telefonnetzes. Ein internet
funktioniert unabhängig vom Übertragungsmedium (Telefonleitung, Funk, ...)
und ermöglicht beliebige Verbindungen zwischen allen angeschlossenen
Geräten (hosts). Herstellerneutrale, offene Standards sorgen dafür, dass
Geräte und Programme unterschiedlicher Hersteller zusammen funktionieren.
Diese offene Netzwerkarchitektur und das Fehlen von Verknappungsinstanzen,
wie staatliche Lizenzvergabe oder ganz allgemein Monopole ermöglicht das
quantitative Wachstum. So erfordert die Einbindung eines neuen internet in
"das" Internet lediglich drei Schritte:
1. Herstellen einer Verbindung.
2. Vergabe eindeutiger Adressen an den neuen Teil des Internet.
3. Bekanntmachung der neuen Verbindung und der darüber erreichbaren
Adressen.
Der Clou: das neue internet, das dadurch Teil des großen Internet geworden
ist, kann nun seinerseits weitere, bisher abgekoppelte in "das" Internet
assimilieren.
Das quantitative Wachstum des Internet ist nicht ohne qualitatives Wachstum
denkbar. Die Integration immer neuer Techniken, wie aktuell z.B. die
Internettelefonie, ist einerseits eine Reaktion auf quantitatives Wachstum
(Anzahl der hosts und der TeilnehmerInnen, verfügbare Bandbreite und
Rechenleistung), andererseits auch die Voraussetzung für qualitatives
Wachstum. Rückgrat des qualitativen Wachstumsprozesses wiederum ist der
offene Standardisierungsprozess. Aber nicht nur technologische
Qualitätssprünge wechselwirken mit quantitativen, auch organisatorische,
wie in der ersten Hälfte der 1990er der Übergang vom überwiegend staatlich
finanzierten Forschungsnetz zum marktförmig kommerziellen, das heißt in
unserer Epoche: kapitalistischen Internet.
1.2. Entwicklung des Internet
Das Internet hatte militärische und wissenschaftliche Wurzeln. Zunächst
entstand ab 1969 das sog. ARPANET. Ziel des ARPANET war die bessere
Zusammenarbeit und das Teilen von Computer-Ressourcen durch die von der (D)
ARPA ((Defense) Advanced Research Projects Agency) geförderten
Forschungsgruppen. Trotz der militärischen Finanzierung waren die
Entwicklungsarbeiten am ARPANET öffentlich.
An ihm waren unterschiedliche Gruppen beteiligt. Es war ein offener,
anti-autoritativer Stil, der (neben dem ARPA cash flow;-) wesentlichen
Anteil an der nun beginnenden Erfolgsgeschichte hatte. Und kaum dass das
ARPANET funktionierte und langsam wuchs, wurden neue Anwendungen ersonnen,
allen voran e-mail, welche für den Austausch unter den Beteiligten und
damit die weitere Evolution des Netzes katalytisch war.
1973 begannen die Arbeiten an der nächsten Protokollgeneration namens TCP
(transmission control protocol). Sinn des neuen Protokolls war die
Möglichkeit, Verbindungen zwischen Computern in verschiedenen Netzen
herstellen zu können.
Aber nur ein kleiner, eher elitärer Teil aller Forschungs- und
Bildungseinrichtungen kam in den Genuss einer Anbindung an das ARPANET. So
gab es weltweit viele Anstrengungen zur Ermöglichung von vernetztem
Datenaustausch, wodurch diverse paketorientierte Netzinfrastrukturen
entstanden. 1983 wurde das ARPANET auf den heute noch überwiegend
verwendeten Standard TCP/IPv4 umgestellt. Auf dieser technischen Basis
wurde ab 1985 das ARPANET um ein backbone Netz zwischen
Supercomputerzentren erweitert (NSFNET), das von weiteren daran
angeschlossenen Netzen kostenlos genutzt werden konnte. Es begann ein
deutliches Wachstum des jungen Internet, indem sich immer mehr lokale
Netzwerke anschlossen.
1991 wurde das NSFNET zur Nutzung für kommerzielle Forscher freigegeben und
kommerzieller transit traffic (Datendurchgangsverkehr) gegen Entgelt
zugelassen.
Bis zum planmäßigen Auslaufen der staatlichen Förderung des NSFNET hatten
kommerzielle Provider eigene Infrastrukturen zum Transport der Daten im
Internet aufgebaut. Der Kommerzialisierung der Infrastruktur folgte die
Kommerzialisierung der Dienste, und schließlich der Inhalte. Die
Kommerzialisierung der Inhalte wurde (unbeabsichtigterweise) katalysiert
durch eine Innovation aus dem wissenschaftlichen Bereich, dem world wide
web ("WWW"). Die neue Qualität des WWW, die Verknüpfung der Inhalte und der
leichte Zugang zu diesen, ist eine konsequente Weiterentwicklung des
Internetprinzips, nämlich der beliebigen Verbindungen zwischen
angeschlossenen Rechnern.
Das WWW, eigentlich nur ein Dienst unter vielen, führte zu einem enormen
Wachstum des Internet, da sich nun auch die gesellschaftlich übliche
Rollenverteilung von Konzern und Konsument abbilden ließ. Das WWW ist
mittlerweile ein Ersatz für Radio und Fernsehen. Die scheinbar kostenlose
Selbstberieselung im WWW zahlt der Surfer durch ein Bombardement mit
Werbebotschaften und der Erfassung seiner Nutzungsdaten. Dass die staatlich
ermächtigten Wegelagerer von der GEZ auf internetfähige PCs nun auch noch
eine "Gebühr" für die von Anderen erbrachten Leistungen kassieren dürfen,
ist ein ironisches Sahnehäubchen auf der Torte des frisch gekürten
Massenmediums Internet.
Im WWW ist aber nicht nur der Konsum von Inhalten einfacher geworden,
sondern auch die Möglichkeit, selbst zu publizieren.
1.3. Organisation des Internet
1.3.1. Standards
1.3.2. Netztopologie
1.3.1. Standards
Die Bedeutung von Standards im Internet ist so hoch einzuschätzen wie die
von Normen in der industriellen Produktion oder von Containern im
Welthandel. Die herstellerunabhängigen Standards des Internet werden
überwiegend von den Arbeitsgruppen der Internet Engineering Task Force
(IETF) entwickelt.
Entgegen den Standardisierungsgremien hat die IETF streng genommen noch
nicht einmal den Status einer Organisation - sie hat keine Mitglieder,
sondern "nur" individuelle Teilnehmer. Jede/r Interessierte kann sich auf
den Mailinglisten der IETF und ihrer Arbeitsgruppen eintragen und
mitarbeiten.
1.3.2. Netztopologie
Im Internet können sich z.Z. vmtl. über 500 Millionen hosts gegenseitig
erreichen. Eine zentrale regelnde Instanz ist dafür nicht erforderlich. Ein
an das Internet angebundener Rechner ist Teil eines Subnetzes. Außerhalb
dieses Subnetzes muss nichts über den einzelnen Rechner bekannt sein,
sondern nur über die Erreichbarkeit des gesamten Subnetzes. Eine Gruppe von
Subnetzen, die eine gemeinsame Administration hinsichtlich ihrer
Verbindungen ins Internet hat, wird Autonomes System ("AS") genannt.
Die AS tauschen mit ihren AS-Nachbarn Informationen über die Erreichbarkeit
von Subnetzen aus. Jedes AS muss per Definition mindestens zwei Nachbarn
haben, denn ansonsten wären seine Subnetze, vom Rest des aus gesehen, Teil
seines einzigen Nachbarn und damit Teil von dessen AS. Dieses Grundkonzept
der Redundanz wirkt auf verschiedenen Ebenen des Internet und führt damit
trotz und wegen der Größe des Internet zu dessen erstaunlicher Stabilität.
Die Nachbarschaftsbeziehungen sind überwiegend kommerziell. Das kleinere AS
(Kunde) kauft vom größeren AS (Provider) die Leistung, dass Kundenpakete
durch das Netz des Providers transportiert werden und darüber hinaus zum
Rest des Internet (transit).
1.4. Probleme und Kritik des Internet
1.4.1. Kapitalismus und/oder Innovation:
1.4.2. Der Staat
1.4.3. Kollektive Vereinzelung:
1.4.1. Kapitalismus und/oder Innovation:
Der enorme Erfolg des Internet und sein schnelles Eindringen in die
Gesellschaft hängen eng mit der kapitalistischen Organisierung des Internet
seit Anfang der 1990er Jahre zusammen. Dass das Internet für die
kapitalistische Verwertung relevant wurde, liegt zum einen in seiner
Neutralität und Integrationsfähigkeit begründet, die einen Raum schufen, in
dem auch Konkurrenten koexistieren konnten und damit zumindest indirekt
kooperierten. Außerdem erhöhte jedes neu assimilierte Netz die
Attraktivität des gesamten Verbundes.
Mittlerweile steht das Internet alternativlos im Bereich der elektronischen
Geschäftskommunikation da, was einen hohen Erwartungsdruck bzgl. des
Funktionierens des Internet aufgebaut hat. Dies führt bei den relevanten
IP-Technologien zu einem - verständlichen - Konservatismus, der den
dreifaltigen Innovationszyklus des Internet unterbricht: damit das
quantitative Wachstum ein qualitatives Wachstum hervorbringen kann, werden
technische Innovationen entwickelt und standardisiert, die nun aber im
Falle der operativen IP-Technologien höchstens peripher, aber nicht im
Inneren des Internet eingesetzt werden. Denn der dafür erforderliche
Aufwand würde von einem kapitalistischen Internetunternehmen nur getrieben
werden, wenn es dadurch einen Marktvorteil erzielen könnte oder wenn es
ohne die Innovation seine Wettbewerbsfähigkeit verlieren würde. Der erste
Fall ist insofern unwahrscheinlich, als dass Veränderungen der
grundlegenden IP-Technologien von allen Beteiligten umgesetzt werden
müssten, also auch von den "Mitbewerbern", die dann den gleichen
Wettbewerbsvorteil hätten, sodass er keiner mehr wäre.
Der zweite Fall, der Untergang eines Internetunternehmens wegen versäumter
Innovation, würde eintreten, wenn die allermeisten "Mitbewerber" den
Innovationsaufwand betreiben würden. Das ist theoretisch zwar durch eine
Kartellbildung eines sehr großen Teils der beteiligten Unternehmen denkbar,
aber praktisch wegen des fehlenden Wettbewerbsvorteils unwahrscheinlich.
Durch quantitatives Wachstum bei Ausbleiben der dafür erforderlichen
Innovation ist ein Zusammenbruch des Internet möglich. Historisches
Kollapsbeispiel sind die Verstopfungszusammenbrüche des noch jungen
Internet der 1980er Jahre. Die letzte einschneidende Innovation der
IP-Technologie geschah um 1993, als sich wegen des quantitativen Wachstums
die Verfügbarkeit bestimmter Adressblöcke erschöpfte und das routing im
gesamten Internet umgestellt werden musste.
Die Unterteilung in zahlungskräftige Firmenkunden und Konsumentenmassen
führt zu weiteren kapitalismusinduzierten Innovationsproblemen. Jeder
Konsument erhält von seinem Provider nur eine IP-Adresse, welche sich die
verschiedenen Geräte teilen müssen. Dadurch sind die einzelnen Geräte keine
vollwertigen hosts mehr. Ein zentrales Paradigma eines internet - beliebige
Verbindungen zwischen beliebigen hosts - wird so gebrochen. Das führt zu
massiven Komplikationen bei oder gar zur Unmöglichkeit von etlichen
Protokoll-Innovationen, insb. solchen, die einen direkten Datenaustausch
zwischen Endnutzern ermöglichen.
1.4.2. Der Staat
Quantitativ spielt der Staat im Internet heute keine so herausragende Rolle
mehr wie in den militärisch-akademischen Anfangsphasen. In Europa sind die
ehemaligen staatlichen Telekommunikationsmonopole im Zuge der
Neoliberalisierung bzw. der Abwicklung des sog. Realsozialismus
privatisiert worden. In der BRD gibt es noch 32% Staatsanteile an der
Deutschen Telekom (2008).
Qualitativ bedeutsam für den kapitalistischen Internetbetrieb in der BRD
ist der Staat in seiner Doppelrolle als Großaktionär und Regulierer des
Erbmonopolisten Telekom und damit dem Setzen von Rahmenbedingungen für den
Telekommunikationsmarkt. Neben Preis- und Verfahrensregelungen für die
Nutzung der Kupferdrähte zu den Endverbrauchern geht es mittlerweile auch
um die Rahmenbedingungen der anstehenden technologischen Innovation,
nämlich der kompletten Umstellung der Kommunikationsnetze auf
paketvermittelte sog. Next Generation Networks Diese Bemühung ist
insbesondere zu verstehen vor dem Hintergrund der dargestellten
kapitalismusbedingten Schwierigkeiten technischer Innovation bei
Netzinfrastrukturen in verteiltem Besitz.
Auf der Ebene der Inhalte betätigt sich der Staat im Internet sowohl als
Handlanger als auch in eigener Sache. Zunächst zu seiner Rolle als
Handlanger. Kapitalistische Unternehmen bedienen sich gerne der Justiz, um
unliebsame Kritik zu unterbinden. Für derlei Kritik ist das WWW ein
praktischer Nährboden. Individuen oder Gruppen können hier publizieren und
eine viel weitergehende Verbreitung erreichen als mit einer
Papierpublikation. Wer aber kritisch ist, ist meist ökonomisch schwach und
es fehlt dann die Rechtsabteilung, die der Klassenjustiz im Falle eines
Konflikts mit einem kritisierten Unternehmen ein Urteil gegen ein solches
abringen könnte.
Neben einem beträchtlichen Abmahnunwesen im bzw. gegen das Internet ist ein
weiteres Tätigkeitsfeld der BRD-Justiz der sogenannte Schutz der
Persönlichkeitsrechte von Nazis. Genau wie auf der Straße sind
eigenständige, wirksame Aktivitäten der Bevölkerung gegen die Enkel des
Gröfaz unerwünscht. Außerhalb der üblicherweise verdächtigen
Dissidentenkreise hat der Staat zur Durchsetzung der Interessen der
Copyright-Industrie auch zum Rundumschlag angesetzt gegen
Internet-NutzerInnen, die mittels file sharing die Profite beeinträchtigen.
Ein Dreh- und Angelpunkt des staatlichen Handelns "in eigener Sache" ist
die Verknüpfung von virtueller und realer Identität von NutzerInnen. Dazu
sind den Providern in den letzten Jahren Hilfstätigkeiten aufgebürdet
worden, die zunächst die Erfassung von Kundendaten und ihre
Verfügbarmachung für die Staatsorgane umfassen. Auch bei der Überwachung
der Inhalte von Telekommunikation hat es gesetzliche "Fortschritte"
gegeben, die die Provider zur Bereithaltung von Überwachungstechnik
verpflichtet - auf Kosten der Provider und damit letztlich der überwachten
Kunden. Auf Anordnung der berechtigten Stellen (Strafverfolgung,
Nachrichtendienste) müssen Kopien der Kommunikation von verdächtigten
Nutzern den Staatsorganen übermittelt werden.
Aktueller Höhepunkt der Überwachungswelle ist die auf EU-Ebene angeordnete
Vorratsdatenspeicherung, welche die gesamten Verbindungsdaten von Telefonie
(egal ob leitungsvermittelt, mobil oder via Internet), SMS, FAX und e-mail
umfasst, außerdem die Zuordnung von IP-Adressen sowie Gerätekennung und
Standort von Mobilfunkgeräten. Die Provider müssen die Daten in der BRD für
ein halbes Jahr speichern, in anderen EU-Ländern sind es bis zu zwei Jahre.
Die gesamte telekommunizierende Bevölkerung wird einem Generalverdacht auf
Kriminalität unterworfen. Anonymisierungsdienste wie Tor waren bereits Ziel
fadenscheinig begründeter staatlicher Repression und sollen im Zuge der
Vorratsdatenspeicherung im Endeffekt verboten werden.
Verbindungsdaten sind auch ohne die kommunizierten Inhalte höchst
interessant um soziale, d.h. potentiell kriminelle, Beziehungsnetze
erkennen und analysieren zu können. Eine formale Handhabe zum Zugriff auf
die Daten lässt sich notfalls immer konstruieren, beliebt sind dafür die
sog. Ausforschungsparagraphen 129/a/b des StGB. Jüngeres Beispiel dafür
waren 2007 im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm groß angelegte Razzien
des BKA gegen diverse soziale Bewegungen, die gegen den G8-Gipfel
mobilisierten.
Obige Darstellungen sollen nicht als Aufruf zu oft kontraproduktiver
Paranoia verstanden werden. Es bleibt aber festzuhalten, dass die
Kapitalkonzentration von Telekommunikation und Internet zu staatlichen
Überwachungsmöglichkeiten führt, die an "1984" erinnern. Auch wenn man den
dahingehenden Scharfmachern wie Bundesinnenminister Schäuble keine
totalitären Intentionen unterstellt, so würde sich ein solches Regime
herzlich bedanken ob der juristischen, technologischen und logistischen
Vorarbeit in Sachen totaler Überwachung, die ihm bei einer Machtübergabe in
die Hände fiele.
1.4.3. Kollektive Vereinzelung:
Zwei Abstraktionen, die dem Internet zugrunde liegen, führen zu einer
Deprivation des (Er)Lebens seiner NutzerInnen. Zunächst die Digitalisierung
der Inhalte als Handlungsgegenstände und damit die Homogenisierung der
Interaktion durch die Verwendung eines Computers - der physischen Form nach
eine monotone Maschinenbedienung mit nur minimaler körperlicher Aktivität.
Zum anderen die Abstraktion vom Raum - denn alles ist vom eigenen Computer
aus erreichbar, ein Fortbewegen des Körpers unnötig.
Die private Nutzung von Computer und Internet verlängert die Reduktion
körperlichen Erlebens aus Fabrik und Büro in die sogenannte Freizeit,
allerdings ohne die soziale Dimension der Arbeit in einem Betrieb. Die
vereinzelnde Wirkung des Fernsehens wird auf interaktive Handlungsbereiche
ausgedehnt. Überkapazitäten und die "Nöte" der Kapitalverwertung machen den
Videokonsum im Internet breit und nähern es auch von daher dem Fernsehen
an. Und zur systemstabilisierenden Bedeutung des Fernsehens muss hier
nichts weiter ausgeführt werden. Die Grundstruktur Konzern <-> Konsument
reduziert die Relevanz des anderen Menschen zugunsten der Bedeutung der
Maschinerie des Konzerns. Die folgende, vor über 60 Jahren formulierte,
d.h. prä-digitale Kritik lässt sich bis heute verlängern:
"Je komplizierter und feiner die gesellschaftliche, ökonomische und
wissenschaftliche Apparatur, auf deren Bedienung das Produktionssystem
den Leib längst abgestimmt hat, um so verarmter die Erlebnisse, deren
er fähig ist. Die Eliminierung der Qualitäten, ihre Umrechnung in
Funktionen überträgt sich von der Wissenschaft vermöge der
rationalisierten Arbeitsweisen auf die Erfahrungswelt der Völker und
ähnelt sie tendenziell wieder der der Lurche an. Die Regression der
Massen heute ist die Unfähigkeit, mit eigenen Ohren Ungehörtes hören,
Unergriffenes mit eigenen Händen tasten zu können, die neue Gestalt der
Verblendung, die jede besiegte mythische ablöst. Durch die Vermittlung
der totalen, alle Beziehungen und Regungen erfassenden Gesellschaft
hindurch werden die Menschen zu eben dem wieder gemacht, wogegen sich
das Entwicklungsgesetz der Gesellschaft, das Prinzip des Selbst gekehrt
hatte: zu bloßen Gattungswesen, einander gleich durch Isolierung in der
zwangshaft gelenkten Kollektivität." ([Horkheimer/Adorno], S. 43)
Das Internet bietet neben der Entsinnlichung auch als Maschinerie der
"totalen Vermittlung" zur Bekräftigung obiger Analyse sich an. Also erstmal
keine Hoffnung auf echten Fortschritt für das Projekt des Selbst, des
modernen Subjekts? Offenbar nicht vom üblicherweise verdächtigen
revolutionären Subjekt, der ArbeiterInnenklasse, denn:
"Die Ohnmacht der Arbeiter ist nicht bloß eine Finte der Herrschenden,
sondern die logische Konsequenz der Industriegesellschaft [...]."
(Ebd.)
Und um wie viel mehr muss dies heute gelten, wo Auto und Supermarkt,
Leiharbeit und Erwerbslosigkeit, Fernsehen und Internet den früheren
sozialen Nährboden der ArbeiterInnenbewegung, den direkten und
längerfristigen Kontakt von Mensch zu Menschen, trockengelegt haben? Aber
die "Dialektik der Aufklärung" wäre keine emanzipatorische, wenn sie nicht
auch solche Einsichten formulierte:
"Diese logische Notwendigkeit aber ist keine endgültige. Sie bleibt an
die Herrschaft gefesselt, als deren Abglanz und Werkzeug zugleich."
(Ebd.)
Hier scheint die Möglichkeit auf, durch Trockenlegung der Herrschaft zu
einer Umwälzung der Industriegesellschaft zu kommen, in der das Potential
der Maschinerie statt zur Profitproduktion für wenige zur
Bedürfnisbefriedigung aller genutzt wird. Diese eng miteinander verknüpften
Ziele - Trockenlegung der Herrschaft und bedürfnisorientierte Produktion -
sind zentrale Aspekte des Anarchosyndikalismus, der über das - noch? -
vorhandene Organisierungspotential des Internet und der relativ breiten
Verfügbarkeit von Internetproduktionsmitteln (Computer und Netzzugang) bei
der ArbeiterInnenklasse zumindest der Metropolen, eine neue Aktualität
gewinnen könnte. Aber ohne eine Rekonstruktion der traditionellen Basis der
ArbeiterInnenbewegung, der unvermittelt sozialen, wird das nicht gelingen,
sofern man die obige Analyse der Altmeister auf das soziale Erleben und
Handeln anwendet.
Trotz solch fundamentalistischer Kritik sollte man nicht verachten, dass
die heutige Nutzung des Internet in sozialen Bewegungen und weit darüber
hinaus auch sehr positive Züge aufweist wie herrschaftsfreie Kooperation,
Experimentierfreudigkeit oder Solidarität z.B. bei Repression.
Kapitel 2. Internet undstattoder Anarchismus
Inhaltsverzeichnis
2.1. Vom Internet lernen ...
2.1.1. Dezentralität und Einheit
2.1.2. Gedankenexperiment: Anarchismus als Internet
2.2. Vom Anarchismus lernen ...
2.2.1. Regulation von unten
2.2.2. Freiheit mit Staat und Markt?
2.3. Praktische Möglichkeiten
2.3.1. "Bildet Banden!"
2.3.2. Konzerne - nein danke!
2.3.3. Freie, open source Software
2.3.4. Verschlüsselung, Sicherheit und Anonymität
Die Idee, der Anarchismus könne in eine ergiebige Beziehung zum Internet
gesetzt werden, mag auf Bedenken stoßen. Ist das Internet doch ein mit
militärischer Finanzierung gestartetes Projekt, das sich mittlerweile fest
in kapitalistischer Hand und unter staatlicher Beobachtung befindet. Und
die den NutzerInnen unverständliche und kapitalintensive Hochtechnologie
sorgt für noch mehr Vereinzelung, Entfremdung und Verblendung. Von daher
empfiehlt sich doch eine strikte Ablehnung.
Dass diese Position aber das Kind mit dem Bade ausschüttet, soll an einer
Analogie aus der anarchistischen Praxis der letzten Jahrzehnte illustriert
werden, dem Kampf gegen die Atomwirtschaft. Dort ist eine rigorose
Ablehnung formuliert worden, nämlich die Ablehnung der Atomtechnologie.
Diese kompromisslose Ablehnung war strategisch wichtig, um nicht durch die
üblichen Tricks der Herrschenden gespalten, zerfasert oder assimiliert zu
werden. Ein Aspekt des Atomenergiekomplexes wurde zwar gelegentlich durch
taktisches Mastumlegen angegriffen, aber nicht grundsätzlich in Frage
gestellt - das Stromverbundnetz. Dieses entspricht viel eher dem Internet,
als der "böse" Atommeiler. Das "Böse" gibt es im Internet natürlich auch,
und nicht zu knapp, s.o.: Großer Bruder Schäuble, Kleiner Bruder Google,
Monopolist Micro$oft, Spam und kriminellaggressive Botnetze etc. pp.
Der Kampf gegen die Atomenergie hatte und hat aber auch eine konstruktive
Seite. Und das, obwohl es immer noch Atomkraftwerke und Oligopole im
Energiesektor gibt, die natürlich auch das Stromnetz nutzen. In der
bisherigen Durchsetzungsgeschichte der regenerativen Energien gibt es neben
der Beharrlichkeit der AktivistInnen einen fundamentalen Pluspunkt
gegenüber den herkömmlichen Energiequellen: sie sind regenerativ, haben
also einen prinzipiellen Kostenvorteil bei der Beschaffung ihres
"Rohstoffs". Diese Betonung des ökonomischen Arguments ist als Anhaltspunkt
für die Auslotung emanzipatorischer Möglichkeiten im Umgang mit dem
Internet gedacht, und soll keinesfalls die Bedeutung der ethischen
Dimension kleiner machen. Denn ohne die Empörung über die
Beschaffungskriminalität und die langfristigen Folgen der herkömmlichen
Energiewirtschaft wären der lange Atem der Bewegung wie auch die
Bereitschaft vieler "Normalos", regenerative Energien zu fördern, wohl
nicht zu erklären.
Von dieser Analogie ausgehend kann es durchaus sinnvoll sein, das Internet
in emanzipatorische Strategien einzubeziehen. Dafür lohnt es sich, die
progressiven Aspekte des Internet zu analysieren, um sie zum einen als
Anregung für Aktivitäten in anderen Bereichen zu nutzen, zum anderen aber
auch als Ansatzpunkte für emanzipatorische Bemühungen im und mit dem
Internet selbst.
2.1. Vom Internet lernen ...
2.1.1. Dezentralität und Einheit
2.1.2. Gedankenexperiment: Anarchismus als Internet
2.1.1. Dezentralität und Einheit
Aus dem Material des ersten Teils wollen wir dazu extrahieren, wie im
Internet die "Quadratur des Kreises" gelingt - nämlich die Verbindung von
Dezentralität und Einheit.
Dezentralität im Internet hat als Basis die operative Autonomie der
einzelnen Netze. Darauf aufbauend werden durch bilaterale Vereinbarungen
die Verbindungen zwischen den Netzen geknüpft. Bestandteil dieser
Vereinbarung ist die Erreichbarkeit weiterer Teile des Verbundnetzes, bei
transit-Beziehungen zum gesamten Verbund. Dadurch sind Wachstum und
Kapazitätsplanung dezentral möglich - und nötig, in Ermangelung einer
operativen Zentrale.
Die Einheit des Internet basiert zunächst auf den bilateralen
Vereinbarungen, die die Erreichbarkeit weiterer Netze bzw. des gesamten
Verbundes bezwecken. Grundlage der technischen Umsetzung der "Einheit" sind
die Standards. Diese werden von temporären Assoziationen engagierter
Individuen ohne formale Organisationsstruktur erarbeitet. Maßstab dieser
Arbeit sind dadurch nicht (wirtschafts-)politische Interessen, sondern die
technische Qualität des Ergebnisses ("rough consensus and running code").
Für die operative Einheit ist weiterhin die eindeutige Verteilung der
IP-Adressen erforderlich. Diese wird von Vergabestellen als Dienstleistung
an ihre Mitglieder, die Provider erbracht. Die Mitglieder finanzieren ihre
Vergabestelle und bestimmen ihre Richtlinien. Durch diese
technisch-wirtschaftliche Selbstorganisation wird eine einseitige
ökonomische oder gar politische Kontrolle über die IP-Adressen verhindert.
Wie wichtig solche Organisationsprinzipien sind, merkt man dort, wo sie
nicht eingehalten werden. Beim real ex. Domainnamensystem gibt es zentrale
operative Komponenten (root server und root zone), und beim DNS ist den
Juristen auch der Durchbruch beim Zugriff auf den virtuellen Raum gelungen.
Wodurch - nur scheinbar paradox - Diebstahl von und Spekulation mit
Domainnamen eine "ordentliche" Grundlage bekamen. Die Politnummer ICANN mit
ihren Mehrheitsentscheidungen der Direktoren ergänzt hier das unglückliche
Bild.
2.1.2. Gedankenexperiment: Anarchismus als Internet
Die Erfahrungen und Prinzipien des Internet sind im libertären Kontext vor
allem dann interessant, wenn es
• um Verbundprojekte geht,
• die auf Wachstum angelegt sind und
• deren Gegenstand objektive Kriterien bietet, ob "es funktioniert".
D.h. dass z.B. einzelne Landkommunen oder Theoriezirkel weniger vom
Internet lernen können als Föderationen (von Föderationen). Versuchen wir
als Gedankenexperiment die Übertragung auf "den Anarchismus" als
Gesamtprojekt, so lassen sich am real ex. Anarchismus folgende Mängel
benennen:
• Zwar ist Autonomie an der Basis nicht nur gewollt, sondern übliche
Praxis, aber es fehlen meist die stabilen operativen Beziehungen
zwischen den einzelnen Projekten als weitere und unverzichtbare Basis
eines Verbundprojekts. Die direkten Beziehungen müssten auch das Ziel
einer Einheit des Verbundes beinhalten.
• Der Wille zum Wachstum ist zumindest im Anspruch angelegt, da sich eine
herrschaftslose Gesellschaft nicht auf einige Protestgruppen, WGs oder
selbstverwaltete Betriebe beschränken kann. Die bei den libertären
AktivistInnen vorhandene Energie geht aber zumeist in ein Einzelprojekt
oder in Richtung der sozialen Bewegungen. Das ist selbstverständlich
richtig und wichtig, aber diese Energie fehlt einem "Verbundprojekt
Anarchismus".
• Da schon der Gegenstand des Anarchismus, die Herrschaftsfreiheit, viele
und sehr unterschiedliche Aspekte der Gesellschaft betrifft und auch
subjektive Faktoren enthält, ist unklar, wie Kriterien aussehen sollen,
die allen Beteiligten ein objektives Urteil darüber erlauben, ob etwas
im Verbundprojekt funktioniert. Das erschwert (Selbst-)Optimierungen,
die für Wachstumsprozesse aber nötig sind.
Unser Gedankenexperiment legt folgenden Schluss nahe: weniger bringt mehr.
Durch die Konzentration der Verbundbemühungen auf einen konkreten Bereich,
der viele Libertäre (und möglichst auch weitere Teile der Bevölkerung)
betrifft und möglichst alltagsnah ist, können genug Kräfte zusammen kommen,
die einen zumindest ansatzweise funktionierenden Verbund zum praktischen
Nutzen der Beteiligten in Gang bringen. Durch eine geeignete "Architektur"
des Verbunds und seine Fähigkeit zur Selbstoptimierung sind quantitatives
und dann auch qualitatives Wachstum möglich. Um den Verbund herum können
sich weitere libertäre Aktivitäten entfalten, die durch die operative Basis
des Verbunds mehr Möglichkeiten und größere Reichweiten in die Gesellschaft
haben. Der Anarchismus ist dann nicht "nur" das Salz in der Suppe der
sozialen Bewegungen, sondern wird zunehmend auch der Nährstoff. Gelingt der
Wachstumsprozess weiter, kann er zunehmend Kapital (Maschinen, Häuser,
Betriebe) assimilieren und damit unter selbstverwaltete "Kontrolle"
bringen. Was Attraktivität und Reichweite des Verbundes weiter erhöht.
Soviel zum Potential eines konzentrierten Verbundprojekts.
Zur Veranschaulichung des Konzepts noch eine Analogie aus der
Naturwissenschaft. Zur Zeit wirken AnarchistInnen hauptsächlichkatalytisch,
d.h. sie fördern emanzipatorische Prozesse in verschiedenen
gesellschaftlichen Bereichen. Damit sind sie erstmal ausgelastet, aber es
ergeben sich dadurch auch Erfahrungen und Kontakte. Die "Architektur" des
Verbundes sollte dann autokatalytisch sein, d.h. die Resultate des
Verbundprozesses wirken positiv rückgekoppelt auf ihn selbst. Diese Dynamik
kann sich durch die bereits erarbeiteten emanzipatorischen Kontakte aus der
ersten, der katalytischen Phase, in diverse gesellschaftliche Bereiche
ausdehnen. Sind schließlich genügend Menschen in und durch die Praxis des
Verbunds mobilisiert, können sie durch das koordinierende Potential des
Verbundes zum Übergreifen auf die sog. Realwirtschaft schreiten. Gelingt
auch hier das Wachstum, könnte der Prozess schließlich autopoietisch [
Maturana/Varela], d.h. vollständig selbstreproduzierend werden, also eine
eigenständige freie Gesellschaft bilden. Diese chemisch-biologische
Analogie soll keinesfalls als Automatismus oder Biologismus missverstanden
werden - der gedachte Verbund besteht schließlich aus Menschen, mit ihren
Schwächen und Stärken, der Fähigkeit zur Reflektion. Letztere ist für die
Optimierungen und das qualitative Wachstum des Verbundes unverzichtbar -
allerdings auch nicht vorhersagbar.
Schauen wir von hier aus zurück zum Ausgangspunkt der Überlegungen, dem
Internet. Dieses hat zwar immer noch wesentliche Züge seiner
autokatalytischen Dynamik, aber ein Übergang zur Autopoiese ist ihm
prinzipiell nicht möglich, da es im Gegensatz zum Anarchismus a priori kein
Projekt ist, welches alle Aspekte der Gesellschaft umfasst. Und so besteht
die allzu reale Gefahr, dass es seiner qualitativen Dynamik letztlich
beraubt wird, indem es als teilautonomes, aber funktionales Element in die
Autopoiese des real ex. Kapitalismus eingebaut und dieser untergeordnet
wird. Wie ein Organell in einer biologischen Zelle.
2.2. Vom Anarchismus lernen ...
2.2.1. Regulation von unten
2.2.2. Freiheit mit Staat und Markt?
Dem Gedanken des vorigen Abschnitts, dass nämlich das Internet - im
Gegensatz zum Anarchismus - keine gesamtgesellschaftliche Perspektive ist,
ließe sich auf den ersten Blick zweierlei entgegenhalten. Erstens, dass
Freiheitsideale bis hin zur Herrschaftsablehnung eine wichtige Motivation
vieler InternetprotagonistInnen und immer noch Bestandteil der Netzkultur
sind. Zweitens, dass ein Ende des Vordringens des Internet in die
Gesellschaft gar nicht absehbar ist. Beides ist zwar richtig, aber ändert
nichts an den Kommandostrukturen und Verblendungszusammenhängen, die das
Internet von der real ex. Gesellschaft umso mehr "erbt", je mehr es sie
durchdringt. Dennoch lohnt sich eine genauere Untersuchung der beiden
Aspekte auf ihr libertäres Potential.
2.2.1. Regulation von unten
Das Vordringen des Internet in die Gesellschaft erfolgt technisch aufgrund
seiner quantitativen Offenheit, ökonomisch - seit dem Übergang von der
akademischen zur kommerziellen Phase - in kapitalistischen Formen. Die
resultierenden Probleme wurden oben ja angesprochen, sie hängen wesentlich
mit der Regulation des Wachstums durch cash flow zusammen. Auf der
Anwendungsebene des Internet haben die verschiedenen kommunikativen
Nischen, z.B. Usenet, IRC, Wikis, Blogs etc., jeweils eigene technische und
soziale Regulationsmethoden entwickelt. Im operativen Kern des Internet
dagegen ist eine Änderung der Regulationsmethodik von
technisch-wirtschaftlich zu technisch-sozial aufgrund der
Eigentumsverhältnisse und Verwertungsinteressen nicht zu erwarten. Daher
werden kriminelle (und) staatliche Angriffe weiter zur Tagesordnung
gehören. Dennoch sollen hier beispielhaft zwei Bereiche dargestellt werden,
die libertäre technisch-soziale Regulationsmethoden unterhalb der
Anwendungsebene etablieren könnten und den Spieß so umdrehen, dass das
Internet bei seiner Durchdringung der Gesellschaft explizit libertäre
Prinzipien nutzt und damit verbreitet.
• Wie schon erwähnt wird die Vergabe von Domainnamen dezentral geregelt.
Es gibt dabei aber auch zentrale operative Komponenten und ein davon
ausgehendes hierarchisches Delegationssystem. So entsteht z.B. für den
BRD Staat die Möglichkeit, durch Verfügung an das für die Vergabe von
.de Domains zuständige DENIC, .de Domains zu zensieren. Es ist relativ
leicht möglich, mit der existierenden software alternative DNS root
server aufzubauen, die optional einen alternativen Namensraum
verwenden. Allerdings bleibt dabei die hierarchische top-down Struktur
des DNS (domain name system) erhalten.
Für eine systematische bottom-up Lösung müssten auch technische
Modifikationen am DNS vorgenommen werden. Der Aufwand für Endbenutzer
könnte allerdings minimal gehalten werden. Sie müssten lediglich
vertrauenswürdige DNS resolver eintragen. Dazu sollte das
zensurablehnende Publikum aber spätestens seit den Zensurbemühungen der
Bezirksregierung Düsseldorf 2001 in der Lage sein [CCC]. Neben dem
grundsätzlich realisierbaren technischen Aspekt eines bottom-up DNS
bleibt die spannende Frage, wie die technisch-soziale Regulation eines
solchen DNS aussehen kann, insb. wenn zur Vermeidung von staatlichen
Zugriffsoptionen dieses auf eine möglichst breite Basis gestellt werden
soll. Hier könnte libertäres Mitwirken zu einer Freiheitsproduktion
beitragen, die für viele NutzerInnen wirksam würde.
• Im Gegensatz zu anderen Echtzeitnetzen (Stromnetz, Telefonnetz) haben
paketvermittelte Netze wie das Internet durch ihre Abstraktion vom
Transportmedium und der Trennung von Transportinformation und Nutzlast
die Eigenschaft, sich gewissermaßen selbst transportieren zu können.
Hat man also ein funktionierendes internet (insbesondere natürlich das
real ex. Internet), so kann man dieses als Transportmedium für ganz
anders strukturierte Netze verwenden, aber insbesondere auch für ein
internet. Das zugrunde liegende Transportnetz weiß dabei nichts über
die Struktur des transportierten Netzes, und bei Verwendung von
Verschlüsselung erfährt es auch nichts über die Inhalte des sog.
overlay networks oder virtual private networks. Was dem Neuling
vielleicht nach Magie klingt, ist eine im Internet verbreitete Technik,
etwa bei peer-to-peer Netzen oder bei Unternehmensnetzwerken zur
verschlüsselten Anbindung von Filialen oder
AußendienstmitarbeiterInnen. Übrigens hat das Internet selbst als
overlay network über dem bestehenden Telefonnetz angefangen. Hier
könnten Libertäre Netze (mit)aufbauen, in denen ohne Interferenz mit
dem kapitalistisch-staatlich-verblendeten-etc. öffentlichen Internet
technische und soziale Regulationsmethoden für internets entwickelt und
erprobt werden.
2.2.2. Freiheit mit Staat und Markt?
Der im Internet immer noch gern verwendete Begriff der Freiheit stellt
einen weiteren Anknüpfungspunkt für anarchistischen input ins Internet dar.
Wie nötig das ist, soll im Folgenden beispielhaft durch eine
Auseinandersetzung mit der "kalifornischen Ideologie" [Barbrook], [Schulz],
[Lovink] der New Economy[tm] und dem zugehörigen Spannungsfeld von Freiheit
und Ökonomie verdeutlicht werden. Als umstrittenes aber paradigmatisches
Beispiel für solche Freiheitsvorstellungen im virtuellen Raum sei der
Anfang von "A Declaration of the Independence of Cyberspace" zitiert:
"Governments of the Industrial World, you weary giants of flesh and
steel, I come from Cyberspace, the new home of Mind. On behalf of the
future, I ask you of the past to leave us alone. You are not welcome
among us. You have no sovereignty where we gather." [Barlow]
Barlow, ehemaliger Texter der Grateful Dead und Mitbegründer der Electronic
Frontier Foundation, veröffentlichte die "Declaration" 1996 anlässlich der
Verabschiedung des Communications Decency Act (CDA) der USA. Mit diesem
Gesetz wurde u.a. die öffentliche, d.h. für Kinder und Jugendliche
zugängliche Verwendung von obszönen Inhalten und Worten wie "shit" und
"fuck" in online Medien verboten. Der CDA wurde später von US-Gerichten
teilweise wieder kassiert, da im Widerspruch zum "First Amendment" der
US-Verfassung stehend, in dem u.a. die freie Rede garantiert wird. Dass
Barlow's "Declaration" auf zehntausenden Websites kopiert wurde, lässt sich
als Zeichen für die damalige Bedeutung des Konflikts zwischen Staat und den
"Bewohnern" des virtuellen Raums lesen. In dieser Periode traf die
Tradition der wissenschaftlichen Entwicklungsphase des Internet und damit
auch der Idee des herrschaftsfreien Diskurses auf die kapitalistisch
getragene Ausweitung des Netzes zum Massenmedium und die damit
einhergehenden staatlichen Regulierungsbemühungen.
Dass die Freiheitsrhetorik der "Declaration" an die Gründungszeit der USA
erinnert, liegt nicht nur am Kernpunkt der juristischen
Auseinandersetzungen um den CDA, dem First Amendment von 1791, sondern auch
an der Vorstellung des Cyberspace als unbegrenztem Raum, bereit für die
Landnahme und mit genug Platz für alle (Gedanken;).
Aus anarchistischer Perspektive gibt es einiges an der wohl einflussreichen
"Declaration" des ehem. Religionswissenschaftlers zu kritisieren. Er
spricht zu Recht vom Cyberspace als einem kollektiv konstruierten sozialen
Raum, den er aber komplett in den Bereich des Immateriellen, Körperlosen
verlegt: „Cyberspace [...] is not where bodies live“ [Barlow] - man hört
den Nachhall der Worte des Herrn: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ [
Jesus I]. Die Körper bleiben weiterhin der "gerechten Macht" (s.u.) der
Regierungen unterworfen - nix Neues seit „Gebet dem Kaiser, was des Kaisers
ist“ [Jesus II]. Durch diese traditionsreiche Spaltung von Körper und
Geist, Staat und Kultur wird der anstehende Grundsatzkonflikt mit der
Herrschaft abgewiegelt, incl. einem Kniefall vor den Regierungen durch die
Anerkennung ihrer vermeintlichen Legitimation durch die Regierten: „
Governments derive their just powers from the consent of the governed.“ [
Barlow] Das damit bereits vorweg genommene Scheitern der herbei
deklarierten virtuellen Republik hat seine operativen Gründe in den so
(leider;) nicht zutreffenden Behauptungen über die Beschaffenheit des
Cyberspace. Wegen ihrer Bedeutung für eine Auseinandersetzung mit
Herrschaft und Ausbeutung im virtuellen Raum seien sie hier aufgeführt ...
• „You have no [...] methods of enforcement we have true reason to fear.“
(Ebd.)
• „We are forming our own Social Contract.“ (Ebd.)
• „The global conveyance of thought no longer requires your factories to
accomplish.“ (Ebd.)
• „[...] nor did you create the wealth of our marketplaces.“ (Ebd.)
... und diskutiert:
• Auch wenn freundlicherweise seit der "Declaration" immer noch kein
Weltstaat etabliert ist, der die gesamte Internet-Öffentlichkeit
kontrollieren könnte, macht das "enforcement" der real ex.
Nationalstaaten doch zunehmend mehr Probleme. Der Gang ins virtuelle
Exil ist zwar eine noch mögliche Reaktion und leichter als bei den
bisherigen Medien, schafft aber Repression und vor allem deren
indirekte Wirkungen nicht ab.
• Von der prinzipiellen Problematik eines meist naturrechtlich
begründeten "Social Contract" als Legitimation einer "gerechten Macht"
einmal abgesehen, wurde ein solcher im Internet nicht geschlossen.
Offene technische Standards, bilaterale Vereinbarungen und die
jeweiligen Gepflogenheiten der verschiedenen Anwendungsbereiche sorgen
dafür, dass das Internet funktioniert, und kein universeller
Gesellschaftsvertrag, auf dessen Basis sich der "Freistaat Internet" [
Schulz] gegen die Einmischung fremder Regierungen erheben könnte.
• Wenn im dritten der obigen Zitate die neue Heimat des Geistes von den
Fabriken der Regierungen losgesagt wird, so ist das doppelt falsch:
erstens gehören diese üblicherweise nicht den Regierungen, sondern
privaten Eigentümern, und zweitens wird das Internet seit seiner
Kommerzialisierung sehr wohl fabrikmäßig betrieben. In den Serverfarmen
läuft weniger Personal herum als in sonstigen Fabriken, dafür sitzen
die für Betrieb und Inhalt der Server Arbeitenden halt andernorts in
vernetzten Büros.
• Dass - viertes Zitat - Regierungen keinen Wohlstand erschaffen, sondern
bestenfalls verbrauchen und verhindern, schlimmstenfalls vernichten,
ist klar, lenkt aber vom Hauptanliegen der ganzen Freiheitsrhetorik ab:
der Wohlstandsverteilung vermittels "our marketplaces".
Der CDA als Zensurangriff der Regierung und die resultierende Empörung
vieler NetznutzerInnen dient so der Konstruktion eines "wir", dem der
Wohlstand der virtuellen Märkte gehören soll. Wesentlicher Grund für die
Popularität des Internet war und ist aber, dass der (inhaltliche) Wohlstand
darin zu großen Teilen eben nicht marktförmig organisiert ist, sondern die
digitale Distributionsmechanik Internet für eine solche Marktförmigkeit
erst entsprechend zugerichtet werden muss. Bei Herbeiführung der
intendierten Marktförmigkeit zerfällt das Boot, in dem "wir" sitzen und
vermeintlich gegen den Staat rudern, in die üblichen zwei Teile - die, die
rudern, und die, denen das Boot gehört. Die obige "wir"-Konstruktion war
für die kommerzielle Boomphase des Internet in den 1990er Jahren
hegemonial, hat dabei viel Kreativität und Finanzkapital "verbrannt", den
beachtlichen .com-crash als Vorläufer der heutigen Subprime-Krise
hingelegt, und das Internet mit seinen Überkapazitäten und ein paar neuen
Marktführern hinterlassen.
Der süße Duft der Freiheit, mit dem viel virtuelles Fußvolk gelockt wurde,
erweist für dieses als Etikettenschwindel sich, denn gemeint war die
Freiheit der Cyberunternehmer. Die wiederum brauchen für "our marketplaces"
motivierte SpezialistInnen, die sich mit Aktienoptionen und dem Duzen des
Chefs in virtueller Freiheit wähnen. Auf der anderen Seite brauchen - und
wollen - diese Unternehmer ausdrücklich den Staat, damit er eine virtuelle
Eigentumsordnung definiert und durchsetzt, ohne die die "competitive
battlegrounds" des "knowledge age" sich nicht etablieren können [Dyson]. So
wird doppelt betrogen: ökonomisch durch Ausbeutung und Spekulation,
gesellschaftlich durch die Ratifizierung des Bockes Staat zum Gärtner der
Freiheit.
Es mag billig erscheinen, Jahre nach dem .com-crash auf der zugrunde
liegenden technoliberalen Ideologie herumzuhacken, zumal das zugehörige
Akkumulations-, Verwertungs- und Vernichtungsgeschehen auch rein
marxistisch analysiert werden kann. Nur hilft letzteres wie üblich
konstruktiv nicht weiter. Deshalb und wegen Unzuständigkeit in Sachen
Freiheit sind von dieser Seite auch keine ökonomisch tragfähigen
Alternativen zum Technoliberalismus zu erwarten, die dem virtuell aktiven
Teil der Bevölkerung helfen, ihre Freizeitproduktion virtuellen Wohlstands
zu einer Freiheitsproduktion mit gesamtgesellschaftlicher Perspektive
weiter zu entwickeln. Hier liegt also - um auf den Titel des Kapitels
zurückzukommen - eine konstruktive Aufgabe für AnarchistInnen, historische
und praktische Erfahrungen und Analysen der Bewegung zu Gunsten einer
ökonomisch fundierten Freiheitsproduktion im und durch den virtuellen Raum
zu nutzen. Zur Anregung dafür sollen die oben kritisch verdauten Themen der
"Declaration" im Folgenden konstruktiv recycelt werden:
• Staatliches "enforcement" : Gerade im konstruktiven Kontext ein
unbequemes und schlimmstenfalls lähmendes Thema. Dennoch ist nicht
liberale Verdrängung, sondern ein expliziter, aber entspannter und
vorausschauender Umgang mit diesem Komplex empfehlenswert. Einerseits
wegen der zunehmenden staatlichen Selbstermächtigung zu Übergriffen
gegen "seine" Bevölkerung, andererseits um die gerade in der BRD
historisch bedingte Angst vor der Obrigkeit (Vernichtung der
ArbeiterInnenbewegung, RAF Hysterie) konstruktiv zu bearbeiten.
• "Social Contract": Der Begriff wird von englischsprachigen progressiven
Projekten auch heute schon verwendet [Debian], [riseup.net], und hat
abgesehen von seiner philosophischen Problematik den Vorteil einer
implizierten gesamtgesellschaftlichen Perspektive. Allerdings sollte
man sich nicht zur Erweckung uneinlösbarer Erwartungen à la Barlow
verleiten lassen, sondern erstmal konkretere, dem jeweiligen
Projektstand angemessenere Übereinkünfte anstreben und entsprechend
betiteln, z.B. freie Vereinbarung oder Föderationsstatut. Inhaltlich
wichtig bei den Übereinkünften ist wegen der ökonomischen Dimension die
Konfliktvermeidung und -bearbeitung, um Regressionen auf staatliches
"enforcement" zu vermeiden.
• "factories": Auch der virtuelle Raum wird von Menschen produziert und
hat eine materielle Basis. Trotz aller Virtualität sollte man sich
nicht dazu verleiten lassen, davon zu abstrahieren. Aus prinzipiellen,
strategischen und taktischen Gründen sollten die ProduzentInnen die
Kontrolle über diese Produktionsmittel haben bzw. anstreben.
Kollektivierungen in größeren Zusammenhängen (z.B. regionale
KonsumentInnen-ProduzentInnen-Vereinigungen) sollten diese Gründe
berücksichtigen.
• "the wealth of our marketplaces": Der Begriff Wohlstand hat, zumal in
einer herabgewirtschafteten Hartz IV Republik, in welcher die dafür
Verantwortlichen (so wurde uns zugetragen) im Rest des miserablen
Fernsehprogramms gar nicht mehr auffallen, eine fast obszöne
Konnotation bekommen als etwas, das nur noch Betrügern und
Arbeiterverrätern zusteht. Da wirkt allein die positive Verwendung des
Begriffs durch den Technoliberalen Barlow schon wie eine Wellnessreise
in die Zeit der Goldwährung. Und Wohlstand ist auch nicht notwendig an
die Ausbeutung von Mensch und Natur gekoppelt, sondern eher an die
Muße, von der eine sich allseitig entfaltende anarchistische
Persönlichkeit kaum genug haben kann.
Damit der von allen (Beteiligten) erarbeitete Wohlstand auch wirklich
allen (Beteiligten) zukommt, muss neben der Produktion auch die
Distribution entsprechend funktionieren. Im Kontext virtuellen
Wohlstands kein Problem, ist das Internet doch die perfekte
Distributionsmaschine für digitale Güter und Dienstleistungen. Der rein
technische Kopiervorgang bildet den klassischen Distributionsvorgang
allerdings nur in eine Richtung ab, beinhaltet dieser doch außerdem
eine Übertragung von Forderungen in die Gegenrichtung der
Güterdistribution ("Bezahlung"), also in Richtung der ProduzentInnen.
Durch Verausgabung der so erworbenen Forderungen können diese wiederum
ihre Produktionsmittel und ihre eigene Reproduktion organisieren. Der
Wegfall der Symmetrie zwischen Distribution und Bezahlung reißt in
bisherige ökonomische Theorien ein weites Loch, das unseres Wissens bis
heute nicht gestopft ist.
Den Liberalen fällt in ihrer Markt- und Staatsfixiertheit auch nix
wesentlich besseres ein, als zu verknappen, d.h. den asymmetrisch
sprudelnden Quell mit technischen Tricks bis hinunter zur Symmetrie
wieder zu verstopfen, oder - ähnlich schräg - die Güter in
Dienstleistungen zu verwandeln (s. das Barlow-Zitat in [Dyson]). Die
vergleichsweise glücklichen Marxisten haben mehrere Möglichkeiten, sich
mit dem Problem gar nicht erst zu konfrontieren: weil es in der
Planwirtschaft gar nicht vorgesehen ist, weil im amorphen "alles für
alle" nach dem zwangsläufigen Übergang zum Kommunismus die
Distributionsprobleme sowieso gelöst sein werden, oder weil die
Distributionssphäre der kapitalismuskonstituierenden
Mehrwertabschöpfung in der Produktion völlig nachgeordnet ist (und ihre
genauere Analyse strukturell antisemitisch). Diese
Distributionsproblematik gärt im kulturellen Bereich schon länger, wo
sie durch die Materialität der Medien (Bücher, Tonträger) oder die
Singularität von Aufführungen in traditionelle ökonomische Formen
integrierbar war. Mit fortschreitender Verbreitung und Verbesserung von
Digitalisierungstechnologie wird sich das Problem aber verschärfen
(Scanner und Texterkennung, Hendis mit Audio-/Videostreaming ins
Internet), und schon jetzt zielen die Schläge bzw. Tritte der
Verwertungsindustrie zur Verteidigung ihrer Pfründe unter die
Gürtellinie der Bevölkerung. Eine konstruktive Lösung des Problems wäre
nicht nur eine neue Qualität für das Internet, sondern ein Fuß in der
Tür zu postkapitalistischer Ökonomie.
Der Anarchismus mit seiner theoretischen und praktischen Spannweite vom
anti-monopolistischen Geldsystem bis zur syndikalistischen
Industrieföderation sollte in der Lage sein, zur Lösung einen Beitrag
zu leisten. Ob und inwieweit diese neue ökonomische Form einem
"marketplace" ähnelt, muss sich zeigen. Ausgeschlossen ist das aus
libertärer Sicht - und im Gegensatz zum Marxismus - zwar nicht, aber
die Spielregeln würden sich - im Gegensatz zum Liberalismus - unter der
Kontrolle der Beteiligten befinden.
2.3. Praktische Möglichkeiten
2.3.1. "Bildet Banden!"
2.3.2. Konzerne - nein danke!
2.3.3. Freie, open source Software
2.3.4. Verschlüsselung, Sicherheit und Anonymität
Dass die bisherigen Überlegungen zu Beziehungen zwischen Anarchismus und
Internet recht abstrakt und stückwerkhaft waren, ist keine böse Absicht der
AutorInnen. Der Versuch, zwei jeweils in sich schon sehr komplexe Felder
konkreter, genauer und umfassend zueinander in Bezug zu setzen, würde die
verfügbaren Ressourcen, wohl auch der meisten LeserInnen, weit
überschreiten. Da aber sowohl der Anarchismus als auch das Internet keine
rein akademischen Projekte (mehr) sind, können die geneigten LeserInnen
selbst aktiv werden, indem sie eigene Erfahrungen in diesem Beziehungsfeld
sammeln. Zum einen als Basis weiterer Reflektionen, zum anderen als
konkreter Beitrag für den Aufbau gesellschaftlicher Freiräume. Dazu sollen
vor dem Hintergrund der bisherigen Überlegungen einige Ansatzpunkte
vorgestellt werden.
2.3.1. "Bildet Banden!"
Es empfiehlt sich unbedingt, den Vereinzelungstendenzen des Internet durch
Organisierung vor Ort entgegenzuwirken. Ehe das Internet auch hierzulande
breit zugänglich wurde, gab es selbstorganisierte Mailboxnetze. Dabei haben
lokale Gruppen jeweils eigene Mailboxen (Computer mit Telefonleitungen)
betrieben, in die sich die NutzerInnen zum damaligen Ortstarif per Modem
einwählten um Nachrichten auszutauschen. Die Mailboxen der verschiedenen
Orte haben dann zu Nachttarifen den überregionalen Nachrichtenaustausch
organisiert. Um den Betrieb der lokalen Mailboxen herum gab es regelmäßige
Treffen zur gegenseitigen Hilfe im Umgang mit der Technik und dem Medium,
und zum sonstigen Austausch.
Diese sozialen Brennpunkte des virtuellen Lebens sind heute
ausdifferenzierter. Serverprojekte, Linux User Groups, Hackertreffs,
Freifunknetze, Medienprojekte, Internetcafés in autonomen Zentren etc.
suchen meist MitmacherInnen, vermitteln Wissen, und können vor Ort den
Einstieg in den (libertären) Netzaktivismus erleichtern. Auch in seiner
unmittelbaren Nachbarschaft kann man etwas in Bewegung bringen, indem man
sich mit Nachbarn den Internetanschluss teilt, durch das Verlegen eigener
Ethernet- oder gar Glasfaserkabel, oder per WLAN. Neben dem "dank" Hartz IV
etc. leider relevanten individuellen ökonomischen Vorteil können solche
nachbarschaftlichen internets z.B. auch zum Aufbau gemeinsamer digitaler
Mediatheken genutzt werden.
2.3.2. Konzerne - nein danke!
Probleme der Kapitalakkumulation im und für das Internet sind oben ja kurz
angesprochen worden. Sie haben im Internet ihre spezifische Ausprägung,
aber in allen ökonomischen Sphären macht der Kapitalismus bekanntlich
Probleme. Verblüffend bis erschreckend ist daher, wie vielen
kapitalismuskritischen Menschen diese Erkenntnis ausgerechnet beim Umgang
mit dem Internet abhanden zu kommen scheint. Am auffälligsten ist dies bei
(Web)Mail, wo die wenigsten wissen, dass die wg. 0,-Euro beliebten GMX und
web.de mittlerweile zum gleichen Konzern, dem aus 1&1 hervorgegangenen
United Internet, gehören. Die "0,-Euro" funktionieren durch Werbeflächen
auf den zugehörigen Portalseiten, Werbebotschaften, die in die mails der
NutzerInnen eingebaut werden, und die Nutzung von Kundendaten für
Marketingzwecke. Anstatt sein Postfach bei einem Konzern zu haben, wäre es
besser, seine Post auszudrucken, per Brief zu verschicken und dabei gleich
eine Kopie bei der nächsten Polizeiwache abzugeben. Dort müsste der Inhalt
dann eingescannt und mit Texterkennungs-Software behandelt werden. Das
würde dem Apparat zumindest deutlich mehr Arbeit machen als der digitale
Abgriff bei den zur Kollaboration verpflichteten und bereiten
Großanbietern.
Vielleicht noch schlimmer als der Überwachungsaspekt ist an dieser
Gedankenlosigkeit, dass in dem Maße, wie man die Konzerne dadurch fetter
macht (selbst bei 0,-Euro), den alternativen Projekten der Bewegung die
soziale und ökonomische Basis entzogen wird. Ohne Unterstützung durch die
Bewegung können sich emanzipatorische Internetprojekte nicht halten und
weiterentwickeln, was schließlich in einem Verlust operativer Basis und des
zugehörigen Wissens endet. Das ist strategisch fatal, da das Internet durch
die digitale Medienkonvergenz absehbar eine immer größere Rolle spielen
wird. Und die Bedeutung eigener Medien gerade für staats- und
kapitalkritische Bewegungen kann wohl kaum überschätzt werden.
Als Internet-spezifisches Problem mag erscheinen, dass durch die verwendete
Hochtechnologie die Bewegung von wenigen SpezialistInnen abhängig werden
könnte. Sicherlich stellt für normale NutzerInnen schon der eigene
Computer, um so mehr der Betrieb von Servern ein Buch mit sieben Siegeln
dar, aber strukturell ist das auch nicht wesentlich anders als früher mit
Setzern und Druckern. Strategisch bedeutend zur nachhaltigen Bewältigung
dieses Problems sind drei Faktoren: Dezentralisierung, Dezentralisierung,
Dezentralisierung. Und dies wird wohl ohnehin nur gelingen durch das
Einbeziehen jüngerer Menschen, die durch ihre stärkere Sozialisation mit
Internet und Computern einen leichteren Start in die bisweilen komplexe
Materie haben.
2.3.3. Freie, open source Software
Vor allem beim Betriebssystem ist die Quelloffenheit für die Teilnahme am
Internet von besonderer Bedeutung - der TÜV würde auch kein Auto auf die
Straße lassen, bei dem der Hersteller die Auskunft über die Funktionsweise
der Bremsen verweigert. Auch durch zustimmende Rezeption der bisherigen
antikapitalistischen und antimonopolistischen Ausführungen hat der/die
LeserIn die logisch zwingende Pflicht erworben, das evtl. auf seinem
Computer befindliche Monopolbetriebssystem von Micro$oft unverzüglich zu
entfernen, und damit auch gleich Bots und Bundestrojaner mit ins Nirvana zu
jagen. Dieser Akt der Befreiung führt übrigens nicht zu digitaler
Handlungsunfähigkeit, eher im Gegenteil, gibt es mittlerweile doch genügend
freie, open source Betriebssysteme und Anwendungssoftware. Die ist sogar
leichter zu installieren als der Monopolkram, sicherer sowieso, und deckt
mittlerweile die allermeisten Bedürfnisse der Arbeit mit dem Computer ab.
In diese zehntausende von freien Softwarepaketen sind im Laufe der letzten
ca. 20 Jahre beträchtliche, oft hochqualifizierte Arbeitsmengen
eingeflossen, und sie kann sich der Enteignung und Unterdrückung entziehen.
Ersteres durch entsprechende Lizenzen und nahezu kostenlose Kopierbarkeit
z.B. über das Internet. Zweiteres durch die Integration in die
Infrastruktur des Internet und kommerzieller Softwareproduktion, die sie
(die freie Software) auch für die kapitalistische Produktion unverzichtbar
macht. Wie dieser erstaunliche, für alle Interessierten verfügbare
Wohlstand an freier Software zustande kommt, wäre auf jeden Fall eine
eigene Abhandlung wert, das sprengt hier trotz der hohen Relevanz für
libertären Erkenntnisgewinn den Rahmen, aber zum Glück gibt es bereits ([
Grassmuck], S. 202ff).
Bei aller Konsumfreundlichkeit, die freie Softwaredistributionen inzwischen
erreicht haben, gilt auch für diesen Akt der Befreiung eines Umstiegs auf
solche Software: gemeinsam macht es mehr Spaß und ist nachhaltiger. Da
Software beim heutigen Stand der Technik prinzipiell keine Perfektheit
garantieren kann, kann es natürlich auch bei open source Software Probleme
geben. Einen großen Anteil an diesen Problemen stellen Schwierigkeiten bei
der Hardwareunterstützung dar, weil Hardwarehersteller oft nur Treiber für
Micro$oft-Betriebssysteme erstellen und keinen Quellcode ("source") der
Treibersoftware oder Spezifikationen der Hardware veröffentlichen, mit
denen dann freie Treiber programmiert werden könnten. Ein Grund mehr, das
de facto M$-Monopol endlich auf den Misthaufen der Geschichte zu werfen -
und sich über die Genialität des Konzepts der offenen Standards im Internet
zu freuen.
2.3.4. Verschlüsselung, Sicherheit und Anonymität
Nach der Vergesellschaftung der Programmcodes kommen wir nun zu einem
privateren Thema, bei dem genau das Gegenteil von Vergesellschaftung der
Zweck ist, nämlich die Durchsetzung eines Freiraums namens Privatsphäre,
angeblich ein Grundrecht in bürgerlichen Gesellschaften. Durch
Digitalisierung und Vernetzung sind die technischen Möglichkeiten zur
Datenschnüffelei und -manipulation in Orwellsche Dimensionen gewachsen, und
die Schwellen zum Eingriff werden mit jedem "Terror"-Ruf weiter gesenkt.
Glücklicherweise ist im digitalen Bereich dagegen Kraut gewachsen, und zwar
mathematisches. Die heute verfügbaren kryptographischen Algorithmen
erlauben Übertragung und Speicherung ohne dass es auf absehbare Zeit
praktikable Gegenmaßnahmen des Knackens und Manipulierens gäbe. Dazu ist
allerdings einiges zu beachten, denn Sicherheit ist ein komplexes Thema,
und Sicherheitslösungen sind höchstens so stark wie ihr schwächstes Glied.
Und das befindet sich meistens vor der Tastatur, d.h. ohne gewisse
Grundkenntnisse, die eine/n NutzerIn die Bedeutung der Handlungen bei der
Bedienung von Sicherheitssoftware verstehen lassen, kann die tollste
Mathematik mit einem Klick nutzlos werden.
Eine Mindestanforderung an Verschlüsselungs- und andere Sicherheitssoftware
ist die Quelloffenheit ("open source"), denn nur durch die Analyse der
Software durch möglichst viele, kompetente und unabhängige Dritte kann
bestmöglich sichergestellt werden, dass sie keine Hintertürchen hat. Leider
verbreitetes Gegenbeispiel: angeblich verschlüsselte Internet-Telefonie mit
Skype.
Vom größten Sicherheitsproblem des heutigen Internet, den nicht
quelloffenen Viren äh Betriebssystemen von Micro$oft, hat sich der/die
LeserIn spätestens nach der Lektüre des vorigen Abschnitts ja schon
verabschiedet. Aber auch bei freier Software gilt, wenn sie am Internet
betrieben wird: kryptographisch signierte Sicherheitsaktualisierungen
einspielen! Für den Mailverkehr verwendet man PGP in seiner freien
Inkarnation GnuPG und fixt auch möglichst alle seine virtuellen
KommunikationspartnerInnen darauf an. (Der vorige Satz enthält zwar virales
Marketing, aber für die Verteidigung der Privatsphäre gegen die Großen und
Kleinen Brüder haben wir das genehmigt.-)
Festplattenverschlüsselung ist auch empfehlenswert, aber meist
betriebssystemabhängig. Bei der Übertragung von
Authentifizierungsinformationen im Internet, z.B. beim Abruf oder Versand
von mail oder beim Einloggen in interne Bereiche von Websites, achtet man
auf die Verwendung verschlüsselter Übertragungsprotokolle. Falls der
jeweilige Provider so etwas nicht anbietet, sollte man spätestens dann über
den Wechsel zu einem alternativen Serverprojekt nachdenken.
Ein etwas anders gelagertes Problem für die Privatsphäre besteht in
unvermeidlichen Datenspuren, die man im Internet bereits dadurch
hinterlässt, dass man es nutzt - egal wie. Denn die eigene IP-Adresse muss
notwendig in jedem Datenpaket enthalten sein, dass man versendet. Dadurch
können Suchmaschinen mitschneiden, von welcher IP-Adresse aus sich jemand
für ein bestimmtes Thema interessiert hat. Wenn man - wie die meisten
Konsumenten - keine feste IP Adresse hat, bekommt man sie vom Provider
zugeteilt, und spätestens über diesen können die Organe dann feststellen,
wer sich für ihnen suspekte Themen interessiert hat. Gegen so etwas helfen
Anonymisierungsdienste, im einfachsten Fall ein vertrauenswürdiger
Webproxy. Kryptographisch ausgeklügelt ist das Anonymisierungsnetzwerk Tor
("the onion router"), z.Z. wohl das beste freie System für diesen Zweck,
das sogar gegen eine Komplettüberwachung des eigenen Internetzugangs helfen
kann. Allerdings ist das Surfen darüber bisweilen langsam, d.h. der/die
LeserIn könnte sinnvollerweise überlegen, selbst einen Tor-Knoten zu
betreiben und damit das Netzwerk zu verbessern und aktiv auch etwas für die
Privatsphäre anderer zu tun. Solche fortgeschritteneren Fragen wie auch
alle einfacheren in Sachen emanzipatorischer Internetnutzung und
-gestaltung erörtert man am besten nach der oben gegebenen Empfehlung:
Bildet Banden!
Quellen
[FNord] AutorInnenkollektiv um Frank Nord: „Anarchismus und Internet“. <
http://projekte.free.de/anarchismus-und-internet/>. S. 247-275 in:
Anarchismus 2.0. Bestandsaufnahmen. Perspektiven. Hrsg. von Hans Jürgen
Degen und Jochen Knoblauch , Schmetterling Verlag Stuttgart , April 2009.
ISBN 3-89657-052-8. .
[DadA] Datenbank des deutschsprachigen Anarchismus. , .
[Grassmuck] Volker Grassmuck: Freie Software - zwischen Privat- und
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[Bundesnetzagentur] Bundesnetzagentur: Eckpunkte der Zusammenschaltung
IP-basierter Netze. Februar 2008. .
[Horkheimer/Adorno] Max Horkheimer / Theodor W. Adorno: Dialektik der
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Erstveröffentlichung: 1947.
[Maturana/Varela] Humberto R. Maturana / Francisco J. Varela: Der Baum der
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[Debian] Debian: Debian-Gesellschaftsvertrag. April 2004. .
[riseup.net] riseup.net: Riseup Networks' Social Contract. .
Index
A
Abmahnunwesen, Der Staat
alternativer Namensraum (DNS), Regulation von unten
Anarchosyndikalismus, Kollektive Vereinzelung:
Anonymisierungsdienste, Verschlüsselung, Sicherheit und Anonymität
AS, Autonomes System, Netztopologie
Ausforschungsparagraphen 129/a/b StGB, Der Staat
Autopoiese, Gedankenexperiment: Anarchismus als Internet
B
backbone, Entwicklung des Internet
bilaterale Vereinbarungen, Vom Internet lernen ...
Botnetz, Freie, open source Software
Bundestrojaner, Freie, open source Software
C
Communications Decency Act (CDA), Freiheit mit Staat und Markt?
Copyright-Industrie, Der Staat, Freiheit mit Staat und Markt?
D
DadA, Einleitung
Datenschnüffelei, Verschlüsselung, Sicherheit und Anonymität
Datenspuren, Verschlüsselung, Sicherheit und Anonymität
Datenübertragungsnetze
ARPANET, Entwicklung des Internet
NSFNET, Entwicklung des Internet
Declaration of the Independence of Cyberspace, Freiheit mit Staat und
Markt?
Dezentralisierung, Konzerne - nein danke!
Domain-Namen, Vom Internet lernen ...
E
e-mail, Entwicklung des Internet
Erfassung von Kundendaten, Der Staat
F
Festplattenverschlüsselung, Verschlüsselung, Sicherheit und Anonymität
file sharing, Der Staat
G
GEZ, Entwicklung des Internet
H
Handlanger kapitalistischer Unternehmen, Der Staat
Hardwareunterstützung, Freie, open source Software
I
IETF, Standards
Infrastruktur
backbone, Entwicklung des Internet
Innovationsprobleme, Kapitalismus und/oder Innovation:
Innovationszyklus, Kapitalismus und/oder Innovation:
Institutionen
(D)ARPA, Entwicklung des Internet
Internet-Organisationen
ICANN, Vom Internet lernen ...
Internet-Prinzipien
beliebige Verbindungen, Kapitalismus und/oder Innovation:
Digital, Wesentliche Eigenschaften der internet-Technologie
Kopierbarkeit, Wesentliche Eigenschaften der internet-Technologie
Internet-Protokoll
IP-Adresse, Verschlüsselung, Sicherheit und Anonymität
Vergabe, Vom Internet lernen ...
TCP, Entwicklung des Internet
K
kalifornische Ideologie, Freiheit mit Staat und Markt?
Kundendaten, Konzerne - nein danke!
M
Mailboxnetze, "Bildet Banden!"
Marktförmigkeit, Freiheit mit Staat und Markt?
N
Next Generation Networks, Der Staat
Null-Euro-Mentalität, Konzerne - nein danke!
O
operative Autonomie, Vom Internet lernen ...
Organisierung vor Ort, "Bildet Banden!"
Organisierungspotential, Kollektive Vereinzelung:
overlay network, Regulation von unten
P
peer-to-peer Netze, Regulation von unten
Personen
Barlow, John Perry, Freiheit mit Staat und Markt?
Schäuble, Wolfgang, Der Staat
postkapitalistische Ökonomie, Freiheit mit Staat und Markt?
Privatsphäre, Verschlüsselung, Sicherheit und Anonymität
Q
Quelloffenheit, Freie, open source Software
R
Regulationsmethoden, Regulation von unten
Repression, Freiheit mit Staat und Markt?
S
Schutz der Persönlichkeitsrechte von Nazis, Der Staat
Selbstoptimierung, Gedankenexperiment: Anarchismus als Internet
Sicherheitssoftware, Verschlüsselung, Sicherheit und Anonymität
Skype, Verschlüsselung, Sicherheit und Anonymität
Social Contract, Freiheit mit Staat und Markt?
Software
Betriebssysteme
open source, Freie, open source Software
soziale Dimension, Kollektive Vereinzelung:
Staatliche Organe
BKA, Der Staat
Verfassungsschutz, Der Staat
Stromverbundnetz, Internet undstattoder Anarchismus
Subnetz, Netztopologie
Symmetrie zwischen Distribution und Bezahlung, Freiheit mit Staat und
Markt?
T
Technoliberalismus, Freiheit mit Staat und Markt?
tor, Der Staat, Verschlüsselung, Sicherheit und Anonymität
Trennung von Transportinformation und Nutzlast, Regulation von unten
Trennungsgebot von Polizei und Nachrichtendiensten, Der Staat
U
Überwachung, Konzerne - nein danke!
Unterbindung von Kritik, Der Staat
Unternehmen
1&1, Konzerne - nein danke!
gmx, Konzerne - nein danke!
Micro$oft, Freie, open source Software
United Internet, Konzerne - nein danke!
web.de, Konzerne - nein danke!
V
Verbot von Anonymisierungsdiensten, Der Staat
Verbundprojekt, Gedankenexperiment: Anarchismus als Internet
Verknüpfung von virtueller und realer Identität, Der Staat
Verpflichtung zur Überwachung, Der Staat
Verschlüsselte Übertragungsprotokolle, Verschlüsselung, Sicherheit und
Anonymität
Verstopfungszusammenbrüche, Kapitalismus und/oder Innovation:
virtuelle Freiheit, Freiheit mit Staat und Markt?
virtuelle Republik, Freiheit mit Staat und Markt?
Vorratsdatenspeicherung, Der Staat
VPN, virtual private network, Regulation von unten
W
Webproxy, Verschlüsselung, Sicherheit und Anonymität
Werbung, Konzerne - nein danke!
WWW, Entwicklung des Internet
Z
Zensur, Regulation von unten, Freiheit mit Staat und Markt?