Aus einer anarchistischen Perspektive betrachten wir mit diesem Text [FNord] das Internet, seine Technologie und seine historischen und gesellschaftlichen Dimensionen. Voraussetzung dafür ist zumindest eine ungefähre Vorstellung davon, wie das Internet funktioniert. Deshalb kommen wir um einige technische Erklärungen nicht herum.
Da im Verlaufe dieses Beitrags einige technische Begriffe auftauchen werden, zur Klarstellung eines vorweg: Eine rein technische Lösung zur Befreiung der Gesellschaft (von Herrschaft, Ausbeutung, Staat, ...) kann es nicht geben. "Befreiung" ist ein an Subjekte gebundener Begriff, und nur sie können die urhebende und beurteilende Instanz einer Befreiung sein. Es ist aber auch klar, dass Subjekte, die sich befreien (wollen), dazu organisatorische und auch technische Hilfsmittel benutzen. Von der klandestinen Kommunikation über die aufklärerische Betätigung der Druckerpresse bis hin sogar zu bewaffneten Milizen findet sich ein breites Spektrum historisch jeweils verfügbarer organisatorischer und technischer Mittel auch bei anti-autoritären, anarchistischen Befreiungsbestrebungen. Dies gilt offensichtlich auch heute für die Nutzung des Internet, vor allem zum Zwecke der internen und externen Kommunikation.
Es wäre sicher ein interessantes und nützliches Projekt, libertäre Internetnutzung - etwa analog zu DadA (Datenbank des deutschsprachigen Anarchismus) [DadA] bei Druckmedien - zu katalogisieren und zu analysieren, aber es soll im Folgenden um andere, tiefer liegende Bezüge zwischen Anarchismus und Internet gehen. Diese Bezugnahmen basieren auf bzw. resultieren in einer Doppelthese, dass nämlich einerseits "das Internet" Prinzipien und Erfahrungen "des Anarchismus" bewusst(er) in seine Entwicklung aufnehmen könnte (bzw. sollte), während andererseits "der Anarchismus" die Prinzipien und Erfahrungen "des Internet" zum Aufbau gesellschaftlicher Freiräume und emanzipatorischer Entwicklungsprozesse wirksam machen könnte - und u.E. auch sollte. Trotz vieler positiver Bezugnahmen auf das Internet in diesem Text sollte nicht vergessen werden, dass auch eine Lebensführung ohne Internet nicht diskriminiert werden darf.